Die Mistel

Die rechtliche Situation der Misteltherapie in der GKV-Verordnung

Interview mit Jan Matthias Hesse, Fachanwalt für Medizinrecht

Die Therapie mit anthroposophischen Mistelpräparaten bei der Behandlung maligner Tumoren gehört zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung. Dennoch gibt es immer wieder Diskussionen über die uneingeschränkte Erstattungsfähigkeit dieser onkologischen Standardtherapie. Im folgenden Interview erläutert RA Jan Matthias Hesse, Fachanwalt für Medizinrecht, die Gesetzeslage.

Herr Hesse, sind anthroposophische Mistelpräparate nun uneingeschränkt erstattungsfähig oder nicht?

Ja. Nach Wortlaut und Systematik der (alten und neuen) Arzneimittel-Richtlinie (AM-LR) sind anthroposophische Mistelpräparate – anders als die phytotherapeutischen Mistelpräparate – sowohl adjuvant als auch palliativ in der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig. Dennoch gibt es Unstimmigkeiten über die Auslegung der Normen.

Gibt es Urteile, auf die sich der Vertragsarzt berufen kann, wenn er bei der Verordnung auf Kassenrezept Schwierigkeiten mit der GKV bekommt?

Ja, bisher gab es sieben rechtskräftige Urteile verschiedener Sozialgerichte (letztes positives Urteil: Sozialgericht Heilbronn am 24.07.2008), die entschieden haben, dass anthroposophische Mistelpräparate (wie z.B. Iscador(r)) zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung in jedem Krankheitsstadium erstattungsfähig sind. Die mir bekannten, rechtskräftigen sozialgerichtlichen Urteile bestätigen damit die dargestellte Rechtsauffassung. Im Fall des Sozialgerichts Dresden hatte die beklagte Krankenkasse bezeichnenderweise ihre Sprungrevision vor dem Bundessozialgericht (BSG) kurz vor der mündlichen Verhandlung zurückgenommen – offenbar in Ermangelung hinreichender Erfolgsaussichten. Schade, denn ein Urteil des BSG hätte den Streit sehr wahrscheinlich endgültig im Sinne der Patienten geklärt. Auch das Bundesministerium für Gesundheit – die Rechtsaufsichtsbehörde des GBA – hat übrigens unsere Rechtsauffassung schriftlich bestätigt.

Sie sagen, die Rechtslage sei eindeutig – warum wird die Frage trotzdem weiterhin diskutiert?

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Naturheilpraxis 12/2009