Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

Chinesische Medizin und Aromatherapie

Von Silja Thiemann

Dieser Artikel will neugierig machen, sich auf das Abenteuer Aromatherapie einzulassen, um die Behandlung von der intellektuellen und körperlichen Ebene in die Welt der Seele über die Sinnesöffnungen auszubreiten. So wie sich der Duft entfaltet, kann sich die Behandlung ebenfalls auf alle Ebenen des Seins entfalten. Es werden Ideen entwickelt, wie sich Aromatherapie elegant im Kontext der Chinesischen Medizin und Akupunktur einfügen kann. Auf chemische Formulierungen wird ganz bewusst verzichtet, denn diese lassen sich in der Fachliteratur über Aromatherapie nachlesen. Vielmehr sollen die Düfte mit den Energien der Leitbahnen und Akupunkturpunkte in resonante Schwingung gebracht werden. Auf die symptomatischen Wirkungen der ätherischen Öle auf der Körperebene wird im Folgenden weniger eingegangen. Diese können ebenfalls in den Standardwerken der Aromatherapie nachgelesen werden. Hier liegt der Schwerpunkt auf der Anwendung auf mentaler und seelischer Ebene.

1. Ätherische Öle als Ausdruck des Jing

In der Aromatherapie wird ausschließlich mit pflanzlichen Stoffen gearbeitet. Verwendet werden hauptsächlich die sog. fetten Öle aus Pressung, die ätherischen Öle (Destillation) und die Absolues (Extraktion). Die Photosynthese wird als Primärstoffwechsel der Pflanze bezeichnet: Chlorophyll absorbiert Sonnenlicht und wandelt Kohlendioxyd (aus der Luft, himmlischer Aspekt) und Wasser (über die Wurzeln aus der Erde), um in Sauerstoff. Daneben gibt es auch einen Sekundärstoffwechsel der Pflanzen, wobei einige dieser Sekundärstoffe ebenfalls essentiell für die Pflanze sind. Diese Stoffe dienen z.B. zur Abwehr von Fressfeinden/Schädlingen; als Kommunikationsmittel untereinander, so warnen Pflanzen durch Ausdünstung von ätherischen Ölen andere ihrer Spezies vor Fressfeinden, worauf die Pflanzen z.B. mit Absonderung von Bitterstoffen reagieren; auch zum Anlocken von Nützlingen zur Befruchtung; als Schutz vor UV-Strahlung und übermäßiger Verdunstung werden ätherische Öle um Blätter und Nadeln ausgedünstet. Aus Sicht der Chin. Medizin lassen sich diese Funktionen alle als Aufgaben des Wei Qi charakterisieren, modern ausgedrückt sind es antiseptische, antimicrobiale Wirkungen.

In der Aromatherapie wird der Begriff der Essenz verwendet. So drückt sich die Essenz der Pflanze durch ihre ätherischen Ölkomponenten aus. Diese werden auch als Hormone der Pflanze bezeichnet, womit die Muster des Wachstums und der Entwicklung gesteuert werden entsprechend der DNS als genetisches Potential. Diese Aspekte werden in der Chin. Medizin ebenfalls als Essenz, als Jing, bezeichnet, das im Wasser der Nieren gespeichert ist und sich durch unsere Willenskraft ausdrückt.

Und genau hierin liegt die großartige Bedeutung der Aromatherapie in der Chin. Medizin. LiShiZhen diskutiert in seiner Materia Medica, Ben Cao Gang Mu, 20 ätherische Öle. Mit den ätherischen Ölen wird therapeutisch nicht allein die körperliche Ebene angesprochen, sondern über den Duft auch die Psyche und die Bestimmung (Ming). Die ätherischen Öle wirken im Wesentlichen auf das Ich. Tisserand betont, dass die ätherischen Öle das Gemüt eines Patienten subtil, aber dennoch sehr stark beeinflussen, stärker als die bisher bekannte Pflanzenheilkunde.

Der Duft spricht gerade die archaischen Ebenen im Hirn an, als der Mensch sich noch nicht auf zwei Beine aufgerichtet hatte, sondern sich dicht mit der Nase am Grund fortbewegt hatte. Zu dieser Zeit war der Geruchsinn noch nicht dem Sehsinn untergeordnet. Der Geruchsinn ist der einzige Sinn, dessen Nervenenden in direkten Kontakt mit der äußeren Welt treten, das Gehirn öffnet sich direkt in die Nase. Duftstoffe umgehen die Blut-Hirn-Schranke und können direkt in das Gehirn passieren (Schnüffeldrogen!). Interessanterweise sind die olfaktorischen Nervenzellen die einzigen, die bei Schädigung vom Organismus ersetzt werden können. Über Inhalation gelangt die Geruchsinformation über das limbische System zum Hypothalamus. Über die Amygdala/Hippocampus wird Geruch gespeichert und erinnert. Über diese Hirnfunktionen hat der Geruch die Seele erreicht, denn von dort kommt nicht nur die Regulation der wichtigen Körperfunktionen, sondern auch Kontrolle über das Lernen, die Erinnerung und die Emotionalität.

So ist das Yuan-Qi, als „materiellste“ Form des Qi im Organismus auch als Sitz der Persönlichkeit zu begreifen, der wiederum das Temperament ausprägt. Genau hier setzt die innere Alchemie des Daoismus an, als Versuch die eigene Natur zu finden und herauszudestillieren. Aus der Vereinigung von den Geistigen Welten (Shen) und der materiellen Essenz (Jing) entsteht das Ming als Mandat des Lebens, als Aufgabe, die es gilt während der „Heldenreise“ durchs Leben aus vollem Herzen zu erfüllen. Düfte wurden schon seit frühester menschlicher Kultur verwendet. Durch Opferung von duftenden Essenzen und Kräutern stellten die Menschen den Kontakt zum Himmel her, zu den Göttern, und baten um Hilfe, Schutz und Unterstützung. Dies geschah besonders in schwierigen Zeiten oder als Ritual, um Veränderungen zu erleichtern und Erlösung gewährt zu bekommen. Für den Schamanen, Priester und Alchemisten war es von großer Bedeutung, dass während des Rituals durch Rühren und Verwirbeln die Dämpfe und Düfte spiralförmig gen Himmel aufsteigen konnten.

YangMing kann so als Antenne verstanden werden, die enge Verbindung zur Schilddrüse und in die äußere Welt hat: Ma9, Ren Ying „Den Menschen willkommen heißen“, direkt an der Schilddrüse gelegen, Ma5 Da Ying „Großes Willkommen“, Ma8 Tou Wie „Festgebunden am Kopf“, nicht zuletzt auch Di20 Ying Xiang „Den Duft willkommen heißen“. Das Magen-Qi versorgt alle Sinnesorgane und erzeugt den Puls.

2. Nomenklatur, Zusammensetzung und Qualität
3. Wirkung und Anwendung im Allgemeinen
4. Leitbahnspezifische Anwendung (JingLuo, ZangFu)
5. Ausblick auf die Verwendung auf anderen Leitbahnen
6. Tabellarischer Überblick der Wirkungen (westlich/TCM)

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Zimmermann E., „Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe“, Sonntag Verlag, Stuttgart, 2008
Price S., „Aromatherapie. Praxishandbuch für Pflege-, Kosmetik- und Gesundheitsberufe“, Huber Verlag, Bern, 2009
Tisserand R., Balacs T., „Essential Oil Safety: A Guide for Health Care Professionals“, Elsevier Ltd., Oxford, 1995
Valnet J., Tisserand R., „The Practice of Aromatherapy: A Classic Compendium of Plant Medicines and Their Healing Properties: A Classic Compendium of Plant Medicines & Their Healing Properties“, Inner Traditions, 1982
Keller E., „Das Handbuch der ätherischen Öle, Helfen, Heilen, Pflegen“, Goldmann Verlag, München 1993
Yuen J.C., „Introduction to Essential Oils“ (mit persönl. Kursnotizen), Academy of Chinese Healing Arts, Winterthur 2008
Pelikan W. „Heilpflanzenkunde I, II, III“, Verlag am Goetheanum, Dornach, 2005
Mosheim-Heinrich E., „Kräutersteckbriefe zur Weiterbildung Westliche Kräuter in der Chin. Medizin“, Kursunterlagen, August-Brodde-Schule, ABZ West, Wuppertal, 2003/04
Bedrik K., „Westliche Heilpflanzen in der TCM“, ML Verlag, Uelzen, 2000
Ploberger F, „Westliche Kräuter“, BACOPA Verlag, Schiedlberg (A), 2005

Anschrift der Verfasserin:
Silja Thiemann
Pescher Str. 99
41352 Korschenbroich
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Naturheilpraxis 11/2009