PFLANZENPORTRAIT

Fragaria vesca L. - Die Walderdbeere

von Heike Lück-Knobloch

Volksnamen: Besingkraut, Darmkraut, Erbel, Erbern, Flohbeere, Hafelsbeere, Rote Besinge, Walderdbeere.
Fragaria ist die lateinische Bezeichnung für duften und vesca stammt von versusa ab, was essbar bedeutet, so dass man den botanischen Namen Fragaria vesca mit „essbarer Duft“ übersetzen könnte.
Die Erdbeere gehört zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae) und ist im gemäßigten Eurasien verbreitet. Sie wächst an Wegböschungen, auf oder am Rand von Waldwegen, auf Holzschlägen oder auf sonnigen Lichtungen der Ebene bis hinauf an die Waldgrenze der Berge.

Botanik:

Die mehrjährige Rosettenstaude wird bis zu 20 cm hoch und bildet lange, am Boden kriechende Ausläufer, die sich an den Knoten bewurzeln. Die Blätter sind langgestielt, dreizählig, auf der Oberseite hellgrün, auf der Unterseite weißlich bis graugrün, behaart. Die Blüten erscheinen von Mai bis Juni und besitzen 5 weiße Kronblätter, 5 grüne Kelchblätter und 1 Außenkelch. Aus dem Blütenboden, der nach dem Verblühen fleischig wird, entsteht die Scheinfrucht bzw. Erdbeere: 2 cm lang, ei-, kugel- oder kegelförmig, in reifem Zustand karminrot und saftig. Die kleinen hartschaligen Nüsschen (Früchte) sind in die Scheinfrucht eingebettet. Die Erdbeere ist nämlich botanisch keine Beere, sondern eine Sammelnussfrucht.

Historie:

Die Ojibwa-Indianer östlich von Ontario stellten Infusionen aus Erdbeerblättern her, um Magenschmerzen und gastrointestinale Beschwerden wie Durchfall zu lindern. Doch nicht nur die „reinigenden“ Effekte der Erdbeeren waren bekannt. Der berühmte schwedische Botaniker Linne war sicher, dass eine intensive Erdbeertherapie ihn von einem schweren Gichtanfall erlöste; und der französische Philosoph Fontenelle, der hundert Jahre alt wurde (1657-1757), führte seine Langlebigkeit auf seine jährlichen Erdbeerkuren zurück.
Therapeutisch genutzt werden vor allem die Blätter (Fragaria folium) der Walderdbeere und die frischen reifen Früchte (Fragaria fructus) der Wald- und Gartenerdbeere, selten die Wurzeln. Die Blätter werden ungefähr zur Blütezeit geerntet und an der Luft getrocknet. Mischt man diese mit 1/4 der Menge Waldmeisterkraut hat man einen wohlschmeckenden Tee, den bereits Sebastian Kneipp empfohlen hat.

Inhaltsstoffe der Walderdbeerblätter:

Gerbstoffe (5 bis 10 %) darunter Ellagitannine und kondensierte Gerbstoffe; Phenolcarbonsäuren wie Salicylsäure, Zimtsäure, Kaffeesäure, Chlorogensäure; Flavonoide mit 2,2% Rutosid, Quercitrin, oligomere Proanthocyanidine; wenig ätherisches Öl, Vitamin C. In jungen Blättern ist der Gerbstoffgehalt noch gering, er nimmt erst nach und nach zu. Daher dienten die jüngeren Blätter früher häufig als Ersatz für schwarzen Tee.

Pharmakologie:

Aufgrund des Gerbstoffgehaltes wirkt die Droge adstringierend, zudem werden ihr diuretische Eigenschaften zugeschrieben.
Anwendungsgebiete der Volksmedizin:
Äußerlich bei Ausschlägen, zum Spülen und Gurgeln bei Entzündungen des Zahnfleisches, des Mundes und Halses, innerlich bei leichtem Durchfall besonders bei Kindern, Magen-Darm-Katarrhen, Lebererkrankungen, Gelbsucht, Gicht, Rheuma, Nervosität, Erkrankungen der Nieren und Harnwege: Nierengrieß und –steine.
Sebastian Kneipp verordnete Tee aus Erdbeerblättern als gesundheitsförderndes Getränk für schwächliche Kinder. Erdbeerblättertee gilt als blutreinigend, blutbildend, nervenberuhigend und stoffwechselanregend. In Anlehnung an alte Kräuterbücher soll er zudem nützlich bei Hämorrhoiden, Milzbeschwerden, bei gynäkologischen Schmerzen, Wassersucht, Asthma und chronischer Bronchitis sein.

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Literatur:
William Boericke, Handbuch der homöopathischen Materia medica, Haug Verlag, 1994;
Christof Jänicke, Dr. Jörg Grünwald, Thomas Brendler, alle Berlin, Handbuch Phytotherapie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 2003;
Prof. Dr. med. Richard Beliveau, Dr. med. Denis Gingras, Krebszellen mögen keine Himbeeren, 6. Auflage 2008, Kösel-Verlag, München;
David Servan-Schreiber, Das Antikrebs-Buch, Verlag Antje Kunstmann GmbH, Mchn., 2008;
Apotheker M. Pahlow, Das große Buch der Heilpflanzen, genehmigte Lizenzausgabe für Weltbild Verlag GmbH, Augsburg by Gräfe und Unzer Verlag GmbH, München, 2004;
Erdbeeren: Süße Verführer, Senioren Ratgeber 6/2007, S. 76 – 78;
Susanne Friedmann, Süße Früchtchen, Natur + Kosmos 06/2006, S. 66 – 67;
Christel Rupp, Schön und gesund mit Beeren, Mein schöner Garten, Juli 2000, S. 93 – 95;
Friedrich Bohlmann, Allerhöchste Erdbeerzeit, Apotheken Umschau, A 05/08 S. 90;

Anschrift der Verfasserin:
Heike Lück-Knobloch
Heilpraktikerin
Everskamp 8
40885 Ratingen
Tel. 02054-104 77 97

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Naturheilpraxis 11/2009