Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

Qualitätsmanagement in der Naturheilkunde

Hirngespinst, Zukunftsmusik, Realität oder Fachchinesisch?

von Ines M. Brüntrup

„Therapeuten sind wie guter Wein, mit dem Alter werden sie immer besser“.

Doch auch guter Wein wird ohne die richtige Pflege nicht besser, so sind u.a. Lagerungstemperatur, Lagerungsgefäße und leichte Bewegungen zum richtigen Zeitpunkt unerlässlich. Therapeuten der Naturheilkunde wurden bisher häufig Berufsumsteiger, die in der „zweiten Runde“ eine Sinnfindung, eine Erfüllung an der Therapeutentätigkeit gefunden haben. Das hat sich in den vergangenen Jahren geändert, sodass es mehr und mehr Heilpraktiker „a priori“ gibt. Die Ansprüche an Aus- und Weiterbildung steigen stetig. Motivation und Identifikation für einen Heilberuf im komplementären Gesundheitsbereich ist häufig begründet in Individualität und Einfühlungsvermögen, was sich sowohl inhaltlich wie auch formal leichter im Rahmen einer therapeutischen Selbstständigkeit als innerhalb westlicher Schulmedizin und der damit vorgegebenen Strukturen verwirklichen lässt.

Die Chinesische Medizin hat sich in den letzten Jahrzehnten in Europa sehr ausgebreitet. In ihrer philosophischen Komplexität, die den Menschen physisch und psychisch als Ganzes betrachtet – wie es in der Ausgiebigkeit in der westlich modernen Medizin nicht der Fall ist –, wird sie vorwiegend von Heilpraktikern ausgeübt. Wie kann ein Medizinsystem, dessen erste Aufzeichnungen ca. bis 2500 v. Chr. zurückliegen und das zudem aus einem anderen Kulturkreis importiert wurde, bei uns und von uns verstanden, weitergegeben und praktiziert werden? Wie kann es in unsere westlichen Leistungs- und Qualitätsvorstellungen eingebunden werden?

In weiten Bereichen der Naturheilkunde kommt das „kreative Neue“ nicht selten durch Menschen, die von einer Idee begeistert sind und diese weitergeben, häufig von „Querdenkern“ und „Erfindern“. So wurden in jüngster Vergangenheit erfolgreiche Körpertherapiesysteme von Nicht-Medizinern entwickelt, wie z.B. Moshe Feldenkrais, der Physiker war, Ida Rolf, einer Biologin, oder dem Theologen Hellinger, der sich in der Psychotherapie einen Namen gemacht hat. Doch nicht nur guter Wein reift mit der Zeit heran, auch gute Ideen und erfolgreiche Behandlungsmethoden verbreiten sich und reifen innerhalb einer Gesellschaft. So wurden viele Methoden der komplementären Heilkunde in den letzten Jahren salonfähig. Alternative Heilmethoden schmücken schon seit langem die Praxisschilder von Allgemeinmedizinern, Krankenhäuser greifen auf erfolgreiche Schmerztherapien zurück, Krankenkassen müssen sich mit der Wirksamkeit unkonventioneller Heilmethoden auseinandersetzen, und Akupunkturkurse für angehende Mediziner haben schon längst Einzug in die medizinischen Fakultäten der deutschen Hochschulen gehalten. Von dem Bouquet eines guten, reifen Weins hat wohl jeder eine Vorstellung, der Önologe kennt dazu die passenden Kriterien und Begriffe. Was einen guten Therapeuten ausmacht, entscheiden zum einen zufriedene Patienten, die aufgrund der Behandlung und Heilerfolge diesen weiterempfehlen. Zum anderen ist es Aufgabe von Berufsverbänden und Berufsfachverbänden, die selbst (oder über Zertifizierungsinstitutionen) die inhaltlichen und formalen Voraussetzungen erstellen und prüfen, die ein Therapeut mit sich bringen sollte. Dazu zählen: eine Ausbildung, die auf einer fachlich sicheren Basis steht, stetige Weiterbildungen und eine erfolgreiche Praxisführung. Dabei sei betont, dass bei den hier erläuterten beruflichen Qualifizierungen und Zertifizierungen nicht die individuelle therapeutische Qualität eines einzelnen Therapeuten gemeint ist, die sich selbstverständlich nicht messen lässt. Für Leistungen und Prozesse, die in naturheilkundlichen Institutionen, insbesondere im Rahmen der Aus- und Weiterbildungen, aber auch in der Praxisführung erbracht werden, kann Qualität jedoch anhand von vorher definierten Kriterien bestimmt und in einem kontinuierlichen Prozess weiterentwickelt werden.



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Naturheilpraxis 10/2009