HINTERGRUND

Medizinethik

von Jan Fahning

In der Medizin scheint das Streben nach Modernisierung unaufhaltbar. Die Forschung präsentiert uns Jahr für Jahr, Monat für Monat neue Präparate und verbesserte Behandlungsmöglichkeiten. Die Investitionen für Forschung und Entwicklung der 10 größten Pharmaunternehmen weltweit im Jahr 2007 lagen bei 56 Milliarden Dollar.1 Altbewährtes, besonders aus dem naturheilkundlichen Bereich, wird dabei oftmals über Bord geworfen. Es gilt das Paradigma des Fortschrittes.

Unkritisch betrachtet hat der „Fortschritt“ nur positive Aspekte: Der Handlungshorizont der Medizin erweitert sich, was früher noch als undurchführbar galt, rückt immer weiter in den Bereich des Möglichen. Als Beispiele seien hier genannt: die Gentechnik in der Arzneimittelforschung, die Embryonenforschung, die Organtransplantationstechnik, die Fortpflanzungsmedizin, die Prothetik und besonders die Intensivmedizin mit Herz-Lungen-Maschine und der Möglichkeit der parenteralen Nahrungszufuhr. Bei gezielter Umsetzung einer Maximalmedizin ist die „Beherrschbarkeit“ körperlicher Gebrechen auf einem historisch nie da gewesenen Niveau.

Zugleich erwächst hieraus eine erweitere ethische Verpflichtung im Spannungsfeld Patient-Heilpraktiker/Arzt. Schließlich bürdet die Möglichkeit einer Maximalmedizin den Beteiligten die Entscheidung über eine wachsende Anzahl von Optionen auf, die nicht immerfort und stereotyp mit dem medizinisch Äußersten beantwortet werden können. Derzeit herrscht die – zumindest öffentlich verbreitete – Darstellung, jeder Patient erhält ein Optimum an medizinischer Zuwendung, sofern er keinen anders lautenden Wunsch wirksam kundtut.
Aufgrund der teilweise rasanten Entwicklung, speziell in der Genforschung sah der Gesetzgeber sich gezwungen hier regulierend tätig zu werden. Eine Beratung des Gesetzgebers durch Experten findet seit dem Jahr 2001 durch den „nationalen Ethikrat“ statt. Dieser wurde im Jahr 2007 durch den „Deutschen Ethikrat“ ersetzt, der am Bundestag angesiedelt ist.
Vor dem Hintergrund einer modernen Medizin gilt es zu schauen, inwiefern die Geisteswissenschaften geeignet sind, hier eine Hilfestellung zu bieten. Dabei werfe ich zunächst einen Blick auf die Grundgedanken tradierter ethischer Systeme, das heißt den beiden bekanntesten ethischen Systemen, den Utilitarismus und die deontologische Ethik. Im Weiteren kläre ich auf, was ein induktiver bzw. ein deduktiver Ethikansatz ist und beleuchte die Vor- und Nachteile. Zuletzt gehe ich auf die Rolle der Geisteswissenschaften in der Medizin ein.

Induktive Ethiksysteme – top-down-Modelle

Der Utilitarismus

Gegenposition: Die deontologische Ethik

Deduktive Ethik - das bottom-up-Modell

Überlegungsgleichgewicht/Kohärenztherorie

Schlussdiskussion
Der Ertrag der Diskussion besteht in einer kritischen Rückversicherung auf bestehende ethische Positionen. Diese Ansätze wurden kurz dargestellt und kritisch beleuchtet. Das System von Rawls hat dabei zwei Vorteile, zum einen öffnet es einen gewissen Spielraum für die Miteinbeziehung, auch von Außenseiterpositionen. Zum anderen kann es einen pragmatischen Nutzen für den Zweck einer lebendigen Medizinethik reklamieren.

Der Autor hielte es für wünschenswert, wenn dem kasuistischen Räsonnement wieder eine größere Aufmerksamkeit eingeräumt würde. Dabei wäre ein freies Verhandeln zwischen systemischen und kasuistischen Positionen vorstellbar.

...

1 Pharmaceutical Executive „Our 9th Annual Report on the World Top 50 Pharmaceutical Companies, May 2008
2 Arthur Kaufmann: Negativer Utilitarismus: Ein Versuch über das bonum commune., Bayerische Akademie der Wissenschaften, C.H. Beck Verlag, München, 2004
3 Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 2. Auflage, Riga (Hartknoch) 1786 S. 402. (vgl. Kant-W Bd. 7, S. 51)], S. 60
4 a. a. O. Immanuel Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 446. (vgl. Kant-W Bd. 7, S. 81)
5 Bettina Schöne-Seifert, Grundlagen der Medizinethik, Kröner Verlag, Stuttgart 2007, S. 25
6 Friedo Ricken, Grundkurs Philosophie, Kohlhammer Verlag, Stuttgart, Berlin, Köln 1989, S. 19
7 Präzedenzfallrecht oder case law
8 Vgl. Axel Bauer, Axiome des systematischen Erkenntnisgewinns in der Medizin, „Der Internist“ 38 (1997)
9 „Wir kommen…auf den primitiven Zustand zurück, aus welchem die wissenschaftliche Medicin hervorgegangen ist: die Einzelbeobachtung dominiert, und die Regel ergibt sich aus der Summierung dieser Einzelbeobachtungen.“ Rudolph Virchow, Eröffnungsansprache, Wangerin & Taschenberg (Hrsg.) Verhandlungen der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte 70. Versammlung zu Düsseldorf, 19.-24. Sep. 1898 Theil II/2 F. C. W. Vogel, Leipzig, S. 4-5
10 Bettina Schöne-Seifert, Grundlagen der Medizinethik, Kröner Verlag, Stuttgart 2007, S. 29
11 Beauchamp/Childress, Principles of Biomedical Ethics, Oxford University Press, New York/Oxford 2001
12 Vgl. Rote Liste 2009, B22 Beta-Rezeptorenblocker
13 Ärzte-Zeitung 24.06.2008 http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/gesundheitspolitik_international/?sid=500994

Anschrift des Verfassers:
Jan Fahning
Heilpraktiker
Bornstr. 14
20146 Hamburg



weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis

Naturheilpraxis 08/2009