Begleittherapien

Rolfing – Strukturelle Integration
Die Faszien- und Membrantechniken von Dr. Ida Rolf

von Jörg Ahrend-Löns

In den 1980er Jahren kam die von Ida Rolf entwickelte Körpertherapiemethode der Strukturellen Integration nach Deutschland. Unter dem Begriff »Rolfing« ist sie mittlerweile in fast ganz Europa bekannt geworden. Eine mehrphasige Ausbildung wird von der European Rolfing Association (E.R.A.) mit Sitz in München angeboten.

Mit manuellen Techniken wird Einfluss auf das veränderte Binde- und Fasziengewebe genommen, um die Statik des Körpers zu beeinflussen und zu korrigieren.
Dem Körper werden Regenerationsmöglichkeiten geboten, indem dauerhaft belastete Strukturen wieder in ihre normale Funktion zurückfinden und entlastet werden.

Einleitung

Das fasziale Membrannetz gewinnt in der Behandlung funktioneller Störungen im Bereich des Bewegungsapparates zunehmend an Bedeutung.
Die us-amerikanische Biochemikerin Dr. Ida P. Rolf war eine der Ersten, die sich seit Mitte des letzten Jahrhunderts bis zu ihrem Tod 1979 mit der Rolle der Faszien als »Organ der Form« beschäftigt hat. Sie maß dabei dem Zusammenwirken der plastischen Eigenschaften des Bindegewebes mit der Schwerkraft eine zentrale Rolle zu. Hieraus entstand die nach ihr benannte Rolfing-Methode, die durch spezifische manuelle Stimulation der Faszien die Beziehung des Körpers zur Gravitation harmonisieren hilft.
Neuere Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung untermauern die Bedeutung der Faszien für die Regulation der Spannungsverhältnisse des menschlichen Bewegungsapparates. So hat die Arbeit von Robert Schleip und Kollegen an der Universität Ulm dazu beigetragen, das Verständnis für die Wirkweisen manueller Manipulation von Fasziengeweben zu vergrößern (Schleip 2004).
Das Vorhandensein kontraktiler Zellen im Bindegewebe legt die Vermutung nahe, dass die Spannung der Faszien in signifikanter Weise von ihnen selbst reguliert wird. Hieraus ergeben sich mögliche Erklärungen der Wirkweisen manueller Behandlungen bindegewebiger Strukturen. Die bei der Rolfing-Methode applizierten spezifischen Druck- und Zugkräfte wirken vermutlich auf zwei Ebenen. Auf der mechanischen Ebene steht die Verbesserung der Elastizität der Faszien durch Förderung von Hydrierungsvorgängen im Zellgewebe im Vordergrund. Auf propriozeptiver Ebene können vermutlich Veränderungen im Spannungszustand der Myofibroblasten, die für die Kontraktilität des Fasziengewebes verantwortlich sind, herbeigeführt werden.
Der erste internationale Fascia Research Congress im Herbst 2007 an der Harvard Medical School in Boston hat dazu beigetragen, Forscher und Praktiker in Austausch zu bringen und aus theoretischen Grundlagenforschungen wertvolle Folgerungen für die manuelle Arbeit abzuleiten. Diese wichtige Kooperation findet 2009 beim zweiten internationalen Fascia Research Congress in Amsterdam ihre Fortsetzung.

Kräfte

Die ursprünglichen Überlegungen Ida Rolfs zum Zusammenwirken von Struktur und Gravitation fasst sie selbst wie folgt zusammen: »Die Schwerkraft ist der Therapeut.«
Erst durch die konstante Richtung der Schwerkraft ist eine Orientierung des Körpers im Raum möglich. Je ausgewogener dabei das Zusammenspiel von Gravitation, Muskelkräften und elastischen Kräften ist, desto deutlicher kann eine mühelose Anmut in Haltung und Bewegung in Erscheinung treten.
Funktionsstörungen im Bereich des Bewegungsapparates drücken sich jedoch häufig dadurch aus, dass der Organismus gegen die Schwerkraft »gehalten« werden muss. Der muskuläre Mehraufwand stabilisiert zwar den Körper, geht aber auf Kosten der Flexibilität. Das Zusammenwirken der beteiligten Kräfte bedingt vor allem eine Verkürzung der tonischen Muskulatur und eine lang anhaltende Kompression der passiven Strukturen, wie beispielweise Bandscheiben, Menisken und Gelenkknorpel. Ein Ausgleich kann nur über die Reduktion muskulärer Kräfte durch das effiziente Ausnutzen elastischer Kräfte herbeigeführt werden. Gelingt es, einen ausgewogenen Spannungszustand über das gesamte dreidimensionale Fasziennetz herzustellen, ist die Grundlage für ein physiologisches Zusammenwirken der Kräfte geschaffen.

Bezogen auf das Skelettsystem bedeutet dies, dass die Knochen – bildhaft gesprochen – in ihren faszialen Lagern mit mehr Flexibilität »schwimmen« können. Der jeweiligen Belastung angepasste Gelenkeinstellungen sind für den Organismus leichter zu bewerkstelligen. Die Nutzung elastischer Kräfte via Fasziennetz führt auf der muskulären Ebene zur Reduzierung von Muskelspannung und hiermit zur Dekompression von Gelenken und anderen passiven Strukturen. Langfristig wird hierdurch degenerativen Veränderungen des Bewegungsapparates vorgebeugt.

Beispiel Gehen – Laufen
Rolfing
Behandlungsstruktur
Beispiel Beckenboden – Gehen
Integration
Beispiel Wirbelsäule – Gehen
Klinisches Vorgehen
Fallbeispiel
Vor Beginn der Behandlung:
Funktionell:
Strukturell:
Strategie und Behandlung:
1. Ossäre Verbindungen und Form
2. Fasciale Verbindungen und elastische Kräfte
Zur Behandlung:
Ergebnis:

...

Literatur
Basmajian J, Nyberg R (Hg.).1993. Rational manual therapies. Baltimore: Williams & Wilkins
Grimm D. 2007. Cell Biology Meets Rolfing. Science 318: 1234-5
Myers T. 2004. Anatomy Trains: Myofasziale Leitbahnen. München: Urban & Fischer Verlag
Schleip R. 2004. Die Bedeutung der Faszien in der manuellen Therapie. Deutsche Zeitschrift für Osteopathie 1: 10-6
Schwind P. 1997. Rolfing: Strukturelle Integration. Wandel und Gleichgewicht der Körperstruktur, ed. I Rolf. München: Irisiana
Schwind P. 2003. Faszien- und Membrantechniken. München: Urban & Fischer Verlag
Schwind P. 2003. Alles im Lot. Eine Einführung in die Rolfing-Methode. München: Droemer Knaur

Anschrift des Verfassers:
Jörg Ahrend-Löns
Cert. Advanced Rolfer, Rolfing Movement Practitioner und Physiotherapeut
Bunsenstr. 9c
D – 37073 Göttingen
fon: +49 (0)551_48 66 87
E-Mail: info@rolfing-goettingen.de

Informationen:
European Rolfing Association e.V.
E-Mail: info@rolfing.org



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Naturheilpraxis 08/2009