FACHFORUM

Die vielfältigen Wirkungen von Stickstoffmonoxid

Arterioklerose, Herzinfarkt, Krebserkrankung, Schlaganfall und periphere Durchblutungsstörung

Von Hermann Massinger

Stickstoffmonoxid (N0) hat im Säugetierorganismus vielfältige Aufgaben. NO wird aus der Aminosäure L-Arginin (LA) mit Hilfe des Enzyms NO-Synthase (NOS), überwiegend in den körpereigenen Zellen des Endothels gebildet; im Lungenparenchym, in den Gefäßen der Schwellkörper des Penis und in Nerven ist die NOS nachzuweisen. NO diffundiert durch die Zellmembran der glatten Muskulatur und bildet dabei die cyklische Guanosinmonophosphatase (cGMP) (Ignarro et al.[1] 1990). Arginin ist als Vorstufe der Polyamine an der Proliferation der Osteoblasten beteiligt, es regt die Bildung von Wachstumshormon und des Insulin like growth factor an, fördert die Synthese von Kreatin und ist ein potentes Antioxydans.

Den vaskulär gebildeten Sauerstoffspezies (ROS) wird eine große Rolle bei der Entstehung und Progression der Arteriosklerose zugeschrieben (Uwe Ruckschoß), NO wirkt den Sauerstoffradikalen entgegen. Auch Makrophagen, die für das Immunsystem bedeutsam sind, erzeugen NO. Das Endothel ist die glatte Innenauskleidung der Blutgefäße; es umfasst ca.1 Billion Zellen, wiegt etwa 1,2 kg und zählt damit zu den großen Organen des menschlichen Körpers. NO reguliert die Eng- und Weitstellung der Gefäße und deren Tonus, steuert den Blutdruck, nimmt Einfluss auf das Gerinnungssystem (Verminderung des „Anklebens von Leukozyten und Monozyten an der Gefäßwand) und auf das Zellwachstum. NO wirkt an der Reparatur von Entzündungsherden mit und ist – neben den Telomeren- an der Alterung des Organismus beteiligt. NO diffundiert aus dem Endothel in die glatte Muskelzelle der Gefäße, führt als Antagonist vasokonstringierender Faktoren (Endothelin, Angiotensin II) zu deren Relaxation. Die NO-Synthase“ (eNOS) wird durch die Wirbelbildung des Blutstroms gesteuert, schneller Blutfluss setzt mehr davon frei[2]. Auch die Stressoren Adrenalin, Noradrenalin und auch Serotonin führen zu vermehrter NO Produktion, dieses trägt zur Steuerung der Neurotransmitter des zentralen Nervensystems bei.

Pathologisch erhöhte Blutfette, Homocystein, Bluthochdruck und Diabetes mellitus bewirken eine verminderte eNOS Bildung und auch der Expression des Gens. NO-Mangel führt durch Verengung der Arterien zu steigendem Blutdruck , fehlender Anpassung der Gefäßwände und Begünstigung arteriosklerotischer Plaquebildung; auch an der Auslösung der Erektion ist NO wesentlich beteiligt. NO ist für die Ausschüttung von Botenstoffen und Wachstumshormon zuständig, diese steuern die Verdickung der Gefäßwandmuskulatur und Einengung des Lumens. Die Vorläufersubstanz von NO, die Aminosäure L-Arginin wird über die Nahrung zugeführt, in Erdnüssen, getrockneten Soja-Bohnen, Walnüssen, Haferflocken, Dinkel, Hühnereiern, Austern, Krabben ua. sind beachtliche Mengen.

Auch Molkegetränke sind Argininhaltig, ebenso Knoblauch, dessen Inhaltsstoff Adenosin wirkt über Dopamin, Acetylcholin und Noradrenalin ua. gefäßerweiternd und senkt erhöhte Blutfette. Die Flavonoide in allen farbigen Obst- und Gemüsesorten, das Epicatechin aus grünemTee, Rotwein oder rotem Traubensaft, Kakao, fett- und zuckerarme Ernährung tragen zur NO Bildung bei. Die Procyanidine (Traubenkernextakt) regen die NO-Synthasebildung an. Eiweiss sollte überwiegend aus Obst, Gemüse und Bohnen bestehen, aus Tierprodukten kann dieses bei übermäßiger Zufuhr den extrazellulären Raum und das Bindegewebe belasten. Der LA Tagesbedarf eines Erwachsenen beträgt etwa 6 Gramm, in unserer westlichen Ernährung ist diese Menge reichlich enthalten. Die Bioverfügbarkeit von LA ist an Blutfette gebunden, extrem fettarme Ernährung oder starke Erhitzung (vermindert die NOS) kann daher die Verwertbarkeit der Aminosäure reduzieren; auch bei Fast-Food- und Fertigprodukten ist die optimale LA- Versorgung nicht immer gegeben.

Bluthochdruck[3]

Koronare Herzerkrankung und NO

Schlaganfall

Krebserkrankung und NO

Diabetes und metabolisches Syndrom

Periphere Durchblutungsstörungen

Zusammenfassung:

Das körpereigene Stickstoffmonoxid hat eine bedeutsame Wirkung auf die Genese, Pathophysiologie und Therapie der Arteriosklerose und deren Folgekrankheiten. NO wirkt in vielfältiger Weise kausal auf die Arteriosklerose und verbessert auch Ulzerationen. Die Regulierung des Ein- und Ausstroms von Kalium-Natrium, Kalzium und Magnesium in den Mitochondrien Kanälen wird NO gesteuert, daraus entstehende Ministröme können eine Erklärung der Wirkung sein. NO nimmt autonomen Einfluss auf die Hypothalamus-Hypophysen Achse und damit auch auf hormonelle und psychovegetative Ursachen. Die orale Zufuhr von Aminosäuregemischen oder selektiv von L-Arginin, (z. B. Pascovasan® Pulver) ist möglich und bei Mangelernährung auch nötig; die sinnvollste Therapie ist die Optimierung der Ernährung. Der Wirkstoff Pycnogenol® ist ein Hoffnungsträger mit vielen positiven Eigenschaften für die Therapie, derzeit ist noch kein Präparat zugelassen.

Eine allgemeine Erfahrung der Naturmedizin ist, dass sich der Organismus aus dem Gesamt-Nahrungsangebot die benötigten Wirkstoffe herausnimmt und optimal verwertet. Einzelstoffe können auch toxische Reaktionen hervorbringen, das Binnenverhältnis der Einzelkomponenten und deren Biodiversität ist schwierig abzuschätzen. Möglicherweise führt die Überdosierung eines Stoffes im Konzert der Regulatoren zum Verlust der genetischen Stabilität unserer Körperzellen und beeinträchtigt damit die biologische Grundstruktur fundamental. Das Motto von Paracelsus:

„Unsere Medizin sei unsere Nahrung, unsere Nahrung sei unsere Medizin“ hat immer noch Bedeutung.

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Literatur
[1] W. Ignaorro hat 1998 den Nobelpreis für die Aufklärung des NO- Mechanismus (den Endothelia-Derived-Relaxing-Faktor ) erhalten.
[2] Dies ist eine plausible Erklärung für die Trainingswirkung jeglicher Art
[3] Hoher Blutdruck ist in der westlichen Zivilisation häufig, dieser wird bei jeder 2. bis 3. Person ab 40 (mehr als 20 Millionen in Deutschland) gefunden. Bei mehr als der Hälfte unserer Bevölkerung besteht Übergewicht, bei etwa 15 % liegt bereits Adipositas vor. Vor allem die Zunahme der Fettleibigkeit bei Kindern und Jugendlichen ist bedrohlich. Die Blutfettwerte liegen bei 4 von 5 Erwachsenen über 200 mg/dl mit ansteigender Tendenz. Das metabolische Syndrom und Diabetes mellitus Typ II sind weiter im Ansteigen begriffen. Der Fleisch und Wurst-Verzehr nimmt laufend zu; diese „Eiweißmast“ führt zur Verschlackung des Bindegewebes und zur Funktionsunfähigkeit des Redoxsystems im Interzellularraum und Übersäuerung . Der Überschuss an Kochsalz in unserer Ernährung (Fertigprodukte, Wurst, Käse ua.) und das Überwiegen gesättigter Fette trägt zur Blutdruckerhöhung zusätzlich bei.
[4] W, Zimmermann:Praktische Phytotherapie, Sonntag Verlag S. 145 „nitritähnliche Wirkung“. Wagner et al (1982) führen die Wirkung von Cactus auf Amine und Thyramin zurück.
[5] Dissertation Eva Stark, Pharmakologisches Institut der Universität Lübeck, 2005.
[6] Dissertation Eva Stark, Lübeck 2005
[7] Engels et al, HNO Klinik der Universität Mainz, in Cancer Research (http: news dockcheck.com/de, Artikel 151322....
[8] Christof Elsing et al: Diagnostik der Cholangiopathie..... DÄBL. Jg. 100, Heft 45, 7.11. 03 Seite C 2300
[9] Der Einfluss von Stickstoffmonoxid auf die Sexualstörung des Mannes, spez. auf die erektile Dysfunktion ist erheblich. Diese Thematik wird in einem Folgeartikel abgehandelt.
[10] Es gibt für die diabetisch bedingten Gefäßschäden eine weitere Erklärung.: Die Anlagerung von Glukose direkt an die körpereigenen Proteine der roten Blutkörperchen führt zum Zuckerendprodukt AGE1. Dieses stört das Wachstum der Erythrozyten und deren Schutzmechanismen. Die Endothelien werden durch den erhöhten Blutzucker für Eiweiß und Fette durchlässig, ödematös aufgequollen und verdickt und damit ihrer natürlichen Elastizität beraubt.
[11] Pycnogenol® ist eine Extrakt aus der Rinde einer französischen Kiefer , der die Alpha Glykosidase erheblich stärker senkt, als die Acarbose. Der Rindenextrakt enthält Protocatechusäure, Gallussäure, Kaffeesäure ua. und ist wesentlich stärker anitoxidativ als Ascorbinsäure. Pycnogenol® wirkt stark entzündungshemmend und senkt die COX-1 und COX-2 in gleicher Weise wie NSAIDs[11].
[12] Nitropräparate (auch bei topischer Anwendung) können über eine Hyperämie der Meningealgefäße starke Kopfschmerzen auslösen; die Dosisfindung bei Betroffenen ist zu beachten.

Anschrift des Verfassers:
Dr. med. Hermann Massinger
Gerner Str. 27
80638 München

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