Psychotherapien

Für den Vergust in die Schwellen einzuboren

Spuren schutzmagischer Handlungen in Luzerner Bauernhäusern

Von Kurt Lussi

Die Welt, in der wir leben, ist beseelt von den Geistern der Vergangenheit. Bösartige Wesen aus dem Reich der Schatten verursachen Krankheiten, indem sie den Menschen anfallen, ihn umlagern oder von ihm Besitz ergreifen. Gefährlich wird es nach Einbruch der Dunkelheit. Zahlreiche Sagen berichten von späten Heimkehrern, die von Kobolden oder Gespenstern angefallen wurden. Am anderen Tag hatten die Opfer geschwollene Gesichter; sie wurden bettlägerig und manche starben an den Folgen der nächtlichen Begegnung.

Doch auch das Haus und seine Bewohner, der Stall, das Vieh und die Felder sind dem Wirken der geisterhaften Wesen ausgesetzt: Wetterhexen brauen Hagel und Ungewitter. Durch ihre Zauberkünste verursachen sie heftigen Regen, der ganze Berghänge ins Rutschen bringt. In Dallenwil im Kanton Obwalden sah man einst eine Unholdin auf den sich zu Tale wälzenden Erd- und Schuttmassen reiten. Als die Lawine knapp vor der 1699 erbauten Kirche St. Laurentius zum Stillstand kam, schrieb man dies der Wetterglocke zu, die durch ihren Schall die Kraft der Zauberin gebrochen hatte. Noch immer hört man von der Kirche her ihr läuten, wenn sich im Gebirge oberhalb des Dorfes ein Unwetter durch dumpfes Grollen ankündigt.

Angesichts der vielfältigen Bedrohungen durch dämonische Mächte wird es verständlich, dass die Menschen in Zeiten höchster Not nicht nur zu kirchlichen Mitteln, sondern auch zu magischen Handlungen und Zeichen Zuflucht nahmen. Im Kampf um die Existenz verfehlten meist auch die kirchlichen Warnungen, die den Gebrauch magischer Mittel mit dem Teufel und seinen Helfern in Verbindung brachten, ihre abschreckende Wirkung.

Um sich vor den Mächten aus der Welt zwischen dem Diesseits und dem Jenseits zu schützen, traf man schon beim Bau des Hauses geeignete Vorkehrungen. Bei der Wahl des Bauplatzes und später auch beim Hausbau ließ man sich von überlieferten Regeln leiten. Als gefährliche Bauplätze galten jene in der Nähe von Gemeinde- oder Grundstückgrenzen, weil diese nach dem Glauben des Volkes die bevorzugten Aufenthaltsorte von Hexen und Dämonen waren. Brannte ein Haus durch Blitzschlag ab, durfte der Neubau nicht an der gleichen Stelle zu stehen kommen. Beim Bau achtete man darauf, dass die Zimmerleute nicht Bauholz von abgebrochenen Gebäuden verwendeten. Man fürchtete, dass mit den alten Balken darin wohnende oder vielleicht hinein gebannte Gespenster ins Haus kommen würden.

Die Grundsteinlegung ist an vielen Orten noch heute mit einem Fest verbunden, dessen Ablauf von der Tradition bestimmt wird. Zum Teil noch üblich sind Bauopfer, die in die Grundmauern eingelassen werden. Im Raum Luzern beliebt waren geweihte Schabmadonnen, die fromme Pilger aus Einsiedeln mitbrachten. Die etwa fünf Zentimeter großen Figuren wurden aus Ton hergestellt, dem man etwas Reliquienstaub beimischte. Zusätzliche Kraft erhielten sie durch die anschließende kirchliche Weihe. Das Einmauern hatte den Zweck, dem Gebäude magische Festigkeit zu verleihen. Um Unglück fernzuhalten, mischte man in den Mörtel abgebröckelten Verputz von einer Kirchen- oder Kapellenmauer. Unter die Türschwelle legen viele noch immer eine geweihte Benediktusmedaille, die dem Teufel und seinen Helfern den Zutritt zum Haus magisch verwehren soll. Ihre magische Kraft erhalten die Medaillen durch die kirchliche Weihe sowie die Umschrift, die mit den Buchstaben V R S beginnt. Damit abgekürzt ist eine lateinische Bannformel: „Vade Retro Santana“, weiche zurück Satan. Weiche zurück: Das ist kein Wunsch, sondern ein kirchlicher Befehl, den selbst der Leibhaftige zu befolgen hat. Einen ähnlichen Zweck erfüllten auch die Agathazettel, die man zwischen die Balken steckte im Glauben, dass das Haus dank der Feuerheiligen Agatha vor dem roten Hahn verschont bleiben werde.

Ein wichtiger Teil des Hausbaus ist bis heute das Richtfest. Am Vorabend legten noch vor wenigen Jahrzehnten die Zimmerleute einen Balken so zurecht, dass er einen Resonanzboden bildete. Darauf wurde in einem bestimmten Takt mit dem Rücken einer Zimmermannsaxt geschlagen. Dieser Brauch, dem an einigen Orten im Rottal (Schweiz) manchmal noch nachgelebt wird, hatte ursprünglich den Zweck, die Geister, die sich während der Bauarbeiten eingenistet hatten, wieder zu verscheuchen. Wie das Fest der Grundsteinlegung, war auch das Richtfest oder die Aufrichte mit einem Schmaus verbunden. Dazu wurden Tiere geschlachtet und ihre Häupter zum Schutz des Hauses und seiner Bewohner unter den Dachfirst genagelt oder in den Kamin gehängt. Bei all diesen Vorkehrungen handelt es sich um schutzmagische Rituale, deren Ursprung weit in die vorchristliche Zeit zurückreicht.

Tierköpfe gegen Seuchen

Bannrituale und Verpflöckungen

Seltsame Verpflöckungen

Verpflöckte Krankheitsdämonen

Verpflöckungen von Zaubermitteln

Für den Vergust

Das Pentagramm

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Anschrift des Verfassers:
Kurt Lussi
Neuenkirchstr. 17
6017 Ruswil
Tel.: ++41 (0)41 495 10 52
E-Mail: k-lussi@bluewin.ch
Internet: www.kurtlussi.ch

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