Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

„Der Arzt ist die Medizin“

Herz und Geist im Leben des heilenden Therapeuten

Von Gaby Hock, England, übersetzt von Maximilian Beer

„In der ärztlichen Praxis war die weitaus am meisten eingesetzte Medizin der Arzt selbst; entscheidend war also nicht nur das Fläschchen Medizin oder eine Dose mit Pillen, sondern eher die Art und Weise, wie der Arzt sie an seinen Patienten gab – die gesamte Atmosphäre, in der die Medizin verschrieben und eingenommen wurde, zählte.“ (Balint M. 1957)

Dieses Zitat fand starke Resonanz in meinem Bewusstsein als ich noch völlig unbedarft und unerfahren am Anfang meiner Akupunktur- und später meiner psychotherapeutischen Karriere stand. Seit dem, d.h. 30 Jahre später, hat sich diese Aussage immer wieder bestätigt, vor allem dann, wenn es um tiefere, seelische Probleme und Fragen meiner Patienten ging, die oftmals mein ganzes Menschsein forderten. Dabei werden immer wieder der Grad meiner eigenen menschlichen Entwicklungsstufe und Kapazität sowie die Qualität meiner augenblicklichen Präsenz gegenüber meiner Patienten in Frage gestellt. Ein Reifungs- und Entwicklungsprozess der Zeit, der durch professionelle Studien, eigene Therapie und Supervision gefördert, jedoch offensichtlich nicht ersetzt werden kann.

Die Frage ist dann also, um was geht es hier? Wie beschreiben wir diese innewohnende Natur unseres Menschseins, auf das Balint sich mit seiner Aussage – der Arzt ist die Medizin – bezieht? Was macht uns zur Medizin, die uns offensichtlich inne liegt? Und wie kann diese durch unsere alleinige Präsenz Transformation und Heilung bewirken?“ Der folgende Artikel ist ein Versuch, diese Fragen aufzuschlüsseln und Ehre zu erweisen. Dabei beziehe ich mich hauptsächlich auf das Weisheitspotential der altchinesischen Medizin, in Parallele zu neuen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, die immer näher zueinander zu rücken scheinen. Beide bedienen sich einer unterschiedlichen Sprache. Die eine ist idiomatisch und bildhaft, die andere logisch und rational. Beide führen jedoch zu einer ähnlichen Überzeugung, die das Herz und seine weitläufige Bedeutung im menschlichen Dasein und Gedeihen in den Mittelpunkt stellt. Hierzu ein poetisches Echo zu Balint’s These aus dem alten daoistischen Schriftwerk ‚Das Fasten des Geistes’ von Zhuang Zi:

„Betrachte dieses Fenster: es ist nichts Weiteres als ein Loch in der Mauer, aber aufgrund seiner Präsenz wird der Raum von Licht erfüllt. Wenn also die Sinne leer sind, wird das Herz von Licht erfüllt sein. Von Licht erfüllt, übt das Herz einen Einfluss aus, unter dem andere geheimnisvoll transformiert werden.“
(Merton 2004)

Beide Zitate, das eine aus der Neuzeit, das andere aus dem Altertum stammend, beziehen sich auf die einem innewohnende, medizinischen Kraft und stellen die Art und Weise der Heilkraft über eine spezifische Methode. Letzteres Zitat hebt die Bedeutung des Herzens hervor, sowie den Bedarf an ‚leeren Sinnen’, was eine ‚Erfülltheit von Licht’ nach sich zieht, und auf den Ursprung aller heilender Transformation deutet, was im Chinesischen als ling übersetzt wird.

Der folgende Beitrag wird sich mit der genauen Bedeutung dieser Zitate auseinandersetzen. In der Einführung geht es um den Vergleich zwischen psychosomatischer Beschaffenheit des Herzens aus der Sicht der modernen Naturwissenschaft und dem metaphysische Verständnis durch die altchinesische Medizin, sowie um die Anatomie des Geistes und seine Unterteilung in fünf shen (fünf Geister oder engl: spirits), die dem Herzen zueigen sind und mit den fünf Wandlungsphasen Feuer, Erde, Metall, Wasser und Holz resonieren. Der Artikel kulminiert letztendlich im shen des Erd Elements, das als Intention des Intellektes (Yi) verstanden wird und uns durch Sun Simiaos berühmte Aussage, auf den Punkt dieses Artikels bringt in dem gesagt wird, dass „diejenigen, die mit Intention umzugehen wissen sind gute Ärzte“

Das Herz: Zentrum unserer Menschlichkeit

Moderne Naturwissenschaft

Traditionelle Chinesische Medizin

Die fünf shen

Fazit

„Es besteht immer die Gefahr, dass wir einfach nur zu Anwendern einer Methode werden, anstatt zu Menschen, die aus dem Zentrum ihres eigenen Mysteriums handeln, aus ihrer eigenen Ganzheit heraus, und dem Mysterium einer anderen Person entgegnen.“
(L. Freeman)

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Quellenangaben
Balint M (2000), The Doctor, His Patient And The Illness, Churchill Livingstone,
Merton T. (2004): The Way of Chuang Tzu, Shambala Library
The I Ching, Wilhelm R. 1951, Routledge & Kegan Paul Ltd.
McCraty R, (2004-2005) At the Frontiers of Consciousness (Director Institute of HeartMath Research)
Larre C. & Rochat De La Vallee E. (2004): The Heart, Monkey Press Publ.
Larre C., Rochat de la Vallee E.1995): Rooted in Spirit, The Heart of Chinese Medicine, Station Hill Press
Scheid V, Bensky D. (1998). Medicine as Signification – Moving Towards Healing Power in the Chinese Medical Tradition, European Journal of Oriental Medicine, Vol 2 No 6.
Lorenzen U., Noll A. Die Wandlungsphasen der traditionellen chinesischen Medizin, Band 3, Mueller & Steinicke
L.Freeman, De Numine, Newsletter 2002 of The Religious Experience Research Centre Wales

Anschrift der Verfasserin:
Gaby HockStaatlich anerkannte Psychotherapeutin in England, Akupunkteurin, BAcC
59 Warwick Street, Oxford 0X4 1SZ, England
E-Mail: Gaby@oxford-transpersonal.co.uk

Ein Kurs mit Frau Hock findet statt auf dem TCM Kongress Rothenburg 2009
Mittwoch 20.05.09, 09.00 – 12.30, 15.00 – 18.30 Uhr

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