KREBSFORUM

Kneipp, Krebs und Elektrizität

Von Eberhard W. Eckert

Kaum jemand hat als sogenannter medizinischer Laie soviel Anhänger zu seinen Lebzeiten und insbesondere danach gehabt wie Pfarrer Sebastian Kneipp (1821-1897). Er hatte das Glück, in einen Zeitabschnitt in Deutschland geboren zu sein, in dem Fortschrittsorientierung Trumpf war, wissenschaftliche Erkenntnisse und sinnvolles Neues geschätzt wurden und eine aufblühende Wirtschaft dafür aufnahmebereit war, weil sie sich auf politische Stabilität gründen konnte.

Das persönliche Schicksal Kneipps spielte dabei eine entscheidende Rolle. Über ein halbes Jahrhundert vor ihm wurde Vinzenz Prießnitz geboren, der schon 1830 in Gräfenberg/Schlesien seine Kaltwasserheilanstalt eröffnete; und das lange bevor der Schlesische Bäderverband im Jahr 1872 gegründet wurde. Prießnitz war ein wichtiger Exponent der Ära der deutschen „Wasserdoktoren“ 1). Kneipp löste in seiner Jugendzeit ein persönliches gesundheitliches Problem mit einer individuellen Wasserkur. Darauf aufbauend schuf er im Lauf der Jahre das, was man heute ein System mit Synergieeffekten nennt. Kneipps Vorschriften und Regeln zielen darauf ab, durch Maßnahmen „außen“ positive Wirkungen „innen“ zu erzielen. Das ist ein ganzheitlicher Ansatz. Die Vermittlung von außen nach innen erfolgt zu einem wesentlichen Teil durch Nerven und Regulation/Regelung auf dem Weg über Elektrizität. Man stößt den individuellen inneren Arzt durch äußere Reize an, greift also nicht direkt in den Kosmos des Innenlebens ein, wie z. B. mittels Medikamenten oder bei Operationen.

Die fünf Säulen

Die fünf Säulen des Kneippschen Therapiesystems sind Hydro-, Phyto-, Bewegungs-, Ernährungs- und Ordnungstherapie.
Etwa mit Beginn des 18. Jahrhunderts fanden Phänomene der Elektrizität gesteigertes Interesse bei Naturforschern und Ärzten, die damals nicht selten identisch waren (...was für glückliche Zeiten !). Dazu gab es in Deutschland und deutschen Einflussgebieten (z. B. Sankt Petersburg) herausragende Arbeiten und Erkenntnisse. Ein ebenso interessantes wie weithin unbekanntes Beispiel findet sich im Neißehaus in Görlitz, wo das Kabinett des Dr. von Gersdorf Einblick in die Frühzeit der medizinischen Elektrizitätsanwendungen gibt. Dort ist auch dokumentiert, welchen Stellenwert dies unter den großen Wissenschaftlern jener Zeit besaß. Kneipp wird von der auch zu seiner Lebenszeit stürmisch verlaufenden Entwicklung nicht allzu viel mitbekommen haben. Er kam aus einem und lebte in einem gänzlich anderen Umfeld und seine therapeutischen Methoden hatten so viel Erfolg, dass die Elektrizität nicht zwingend zu betrachten war. Außerdem kann man davon ausgehen, dass weder die theoretischen Grundlagen noch die praktische Ausstattung für eine damals noch teils mysteriöse, auf jeden Fall aber sehr schwierige Wissenschaft in Status nascendi bei ihm vorhanden waren.

Die sechste Säule

Doch heute, wo nach seinem Tod ein reichlich weiteres Jahrhundert mit unzähligen Erkenntniszuwächsen vergangen ist, scheint es hohe Zeit, die obengenannten fünf Säulen zu ergänzen: Um die sechste Säule Elektrotherapie. Das ist in einem Land, in dem derzeit Naturwissenschaft schon fast ein Schimpfwort ist und „Innovation“ unkritisch für alles benutzt wird, mit dem man kurzfristig Geld verdienen kann, offensichtlich schwierig. Sobald das Wort „Elektrizität“ fällt, regt sich bei einigen Medizinern und Heilkundigen Widerstand gegen böse Technik und kalte Apparatemedizin. Aber wir werden sehen, dass Elektrizität nicht auf das beschränkt werden kann und tatsächlich überall drinsteckt. Sie spielt nämlich eine entscheidende Rolle sowohl bei jedem chemischen Element und dem mechanischen Zusammenhalt der daraus gebildeten anorganischen und organischen Stoffe (vergleiche deren Bindungsarten!) als auch bei der Entstehung des Lebens, ja seiner Voraussetzung überhaupt. So erklären Astrophysik und Kosmologie recht plausibel die Entstehung aller Bestandteile des Periodensystems der Elemente aus stellaren Prozessen mit dem Grundstoff Wasserstoff, alles auf der Erde ist buchstäblich aus Sternenstaub entstanden. Die Anordnung der Elemente im Periodensystem hat mit der Anzahl ihrer elektrischen Ladungen und Elektronen/Elektronenbahnen zu tun. Dieses Periodensystem ist eine eherne Basis der Chemie, ob anorganisch oder organisch, und vieler anderer Disziplinen. Dahinter steckt Elektrizität.

Zur Entstehung organischer Moleküle und des Lebens auf unserem Planeten gibt es eine interessante, durch Versuche erhärtete Theorie, die auf chemischen Prozessen in elektrischen Entladungen / Funkenentladungen basiert (Miller, Urey et al.). Dazu passt, dass es bis zum heutigen Tag in der Erdatmosphäre viele Tausend Blitze pro Stunde gab und gibt, die man heute nicht nur auf Distanzen von Tausenden von Kilometern orten kann, sondern die auch erhebliche physikalisch-chemische Wirkungen auf das gesamte ökologische System haben. Blitze entstehen nicht nur durch den üblichen atmosphärischen Gewittermechanismus (der ungeachtet aller Blitzforschung immer noch viele Geheimnisse birgt), sondern auch durch Vulkanausbrüche, bei Sandstürmen, Schneetreiben und dergleichen. Miniaturblitze stellen Funkenentladungen dar, die uns an Türklinken, Autotüren usw. gelegentlich zucken lassen. In Krankenhäusern darf das in gefährdeten Räumen nicht auftreten, dort sind entsprechend leitfähige Materialien z. B. für Fußböden und Schuhe vorgeschrieben (bei letzteren könnte das entfallen, wenn Kneipp´sches Barfußlaufen vorgeschrieben würde, aber...).

Aus zahllosen anderen elektrischen Erscheinungen in unserer Umwelt seien nur einige erwähnt, zum Beispiel die beträchtliche elektrische Ladung der Erde, die sich in der Maßeinheit Coulomb angeben lässt. Weiter etwa die elektrische Ladung der die Erde umgebenden Ionosphäre, die mit ihr einen Kugelschalenkondensator bildet, der für Phänomene wie die Schumann-Wellen ursächlich ist; etwa das Erdmagnetfeld, das in Verbindung mit den elektrischen Sonnenwind-Partikeln eine Rolle bei Nordlichtern/Polarlichtern spielt. Elektrizität/Geoelektrizität wird bei Schollenverschiebungen und Erdbeben sehr auffällig, elektrosensible Tiere zeigen bereits vor Erdbeben Unruhe.

Kneipps praktische Regeln wurden als „arzneilose Heilmethode“ bezeichnet; das gilt auch für die zweckdienliche Applikation von Elektrizität in jeder ihrer vielen Erscheinungsformen. Bei richtiger Abstimmung und Anwendung verträgt und ergänzt sich das gut mit Medikationen, auch mit Nahrungsaufnahme und Verdauung, unserer gesamten Energiebasis. Derartige Kombinationen sind bisher völlig ungenügend erforscht, obgleich seit wichtigen Anstößen und Erkenntnissen genügend Zeit vergangen ist. Johann Gottlieb Schäffer (1720-1795), Arzt zu Regensburg, hat schon damals in seinem Buch 8) vorgeschlagen, Elektrizität in den „... innerlichen Theilen des menschlichen Körpers ... electrische Arzney... „ anzuwenden und er hat auch mit Lebensmitteln/Getränken experimentiert, wobei herauskam, dass Getränke leicht elektrisiert werden können und elektrisierter Wein „... einen viel stärkeren Geruch von sich giebt, auch eher berauschet ...“. Da Lebensmittel Ionen enthalten und im Körper durch Ionenprozesse verarbeitet werden, ist das aus heutiger Sicht nicht verwunderlich; sehr verwunderlich ist, dass man in diesem Lande in zweieinhalb Jahrhunderten nichts daraus gemacht hat.

Elektrosensibilität

Leitfähigkeit der Erde

Licht, Wasser, Elektrolyte

Hydrotherapie und Elektrizität

Messungen der Körperelektrizität

Ernährungstherapie

Ordnungstherapie

Bio-Elektrizität?

Literatur und Hinweise
1) H. J. RAUSSE: „Der Gräfenberger Wasserarzt“, Buch, Meißen 1840. H. J. RAUSSE: „Anleitung zur Ausübung der Wasserheilkunde“, Buch, Leipzig 1851
2) „Die 10 Grundsätze der Elektrophysiologie“, Bonn und Baden-Baden 2004; erhältlich beim Verfasser
3) HITTORF begann 1853 mit Arbeiten über die Wanderung der Ionen, die bis 1859 dauerte. Ein wichtiges Ergebnis waren die „Hittorfschen Überführungszahlen“. Bereits 1807 entdeckte GIESE die elektrische Gasleitfähigkeit, die mit der Ionentheorie erklärt wird
4) „Über die Wirkung der Colon-Hydro-Therapie und deren Nachweis“ Ztschr. REPORT Naturheilkunde Heft 4/August 2008; Verlagsgesellschaft Tischler Berlin
5) „Untersuchungen über den Elektrischen Leitungswiderstand des menschlichen Körpers“ von Professor Dr. FRIEDRICH JOLLY. Verlag Karl J. Trübner, Straßburg 1884
6) „Erfassung des menschlichen Gesamtzustandes“ Thesaurus, Bonn 2007-2009
7) „Skalare Wellen und Elektromedizin. Heilkunde, Medizin, Pharmazie und Zahnmedizin“. Buch, Warlich Druck Verlags GmbH, 53340 Meckenheim
8) JOHANN GOTTLIEB SCHÄFFER: „Die Electrische Medicin“, 1752, Zweite Auflage 1766
9) „Biophysikalische Aspekte von Kohärenz und Biologischer Ordnung“ (Biophysical Aspects ...) Buch im Springer Verlag, 1998

Anschrift des Verfassers:
Eberhard W. Eckert
Merler Allee 70
53125 Bonn

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