Heilweisen verschiedener Länder

Tenzin Choedrak – Leibarzt des XIV. Dalai Lama

von Peter Germann

Ein Leben im Dienste der Medizin zum Wohle aller Menschen

„Solange es leidende Wesen gibt,
Und bis ihre Krankheiten geheilt sind,
Möge ich, um ihnen zu helfen,
Ihr Arzt, ihr Heilmittel und ihr Diener sein.“
Shantideva, Eintritt in die Praxis des Bodhisattva Kapitel III- Vers 8

Tenzin Choedrak wurde am 15. Tag des zweiten Monats im Wasser-Hund- Jahr des tibetischen Kalenders geboren, nach unserer Zeitrechnung im April 1922. Seine „Rückkehr in die Welt der Menschen“ war in eine arme Familie, welche große Achtung vor den tibetischen Sitten und Traditionen hatte, im Dorf Nyerchen, zirka fünfundvierzig Stunden Fußmarsch von Lhasa entfernt. Früh stirbt seine Amala (Mutter) und er wächst unter der sehr parteiisch eingestellten Stiefmutter auf. Seine Kindheit ist von Armut und Entbehrung geprägt. Zwölfjährig wird er als Novize in das Kloster Chöde aufgenommen, in dem der Alltag der Mönche nach strengen Regeln abläuft. Schließlich geht Choedrak nach Lhasa, um an dem berühmten Institut „Mentsikhang“ die traditionelle tibetische Medizin zu studieren. Er erinnert sich:
„Das Sammeln von Heilpflanzen fand viermal im Jahr statt, wobei jede Jahreszeit ihre Besonderheit und ihre spezifischen Produkte hatte: die erste Ernte, im Februar oder März, am Ende des Winters; die zweite im Mai oder Juni, zur Blüte von Blumen und Bäumen; die dritte im August und September, für die Früchte und schließlich die letzte im September und Oktober, zum Sammeln von Wurzeln, deren Eigenschaften dann maximal ausgeprägt sind...Sagen wir einfach, dass eine Pflanze sich in ständiger Entwicklung befindet. Sie teilt die Besonderheiten und die Natur der fünf Elemente, die sie hervorbringt. Die Erde ist ihre Grundlage, das Wasser bringt ihr die Feuchtigkeit, die sie für ihren Entwicklungsprozess braucht, die Hitze unterstützt diesen Prozess, die Luft verhilft ihr zum Wachstum und der Raum bietet ihr die nötigen Entfaltungsmöglichkeiten...Sie ist süß, wenn Erde und Wasser überwiegen, wie Safran, Butter, Honig oder Fleisch und sauer, wenn Erde und Feuer überwiegen, wie Joghurt oder Hefe. Scharf zeigt sie sich, wenn Feuer und Wind überwiegen, wie Knoblauch, Ingwer oder Langer Pfeffer. Sie kann aber auch salzig sein, wenn Wasser und Feuer überwiegen und bitter, wenn Wasser und Wind überwiegen, wie Moschus und Enzian und schließlich herb, wenn Erde und Wind Überhand haben, wie Myrobalane, ein Baum, dessen Stamm und Früchte zur Heilung einer großen Anzahl von Krankheiten verwendet werden...
Um gegen die Höhenkrankheit beim Sammeln anzugehen, aßen wir trockene weiße Rüben und Brennnesselblätter.“

Die Weiterverarbeitung der Pflanzen in der tibetischen Medizin ist vielschichtig und kompliziert, bis eine fertige Darreichungsform entstanden ist. Tenzin Choedrak durchlief die gesamte Ausbildung und wurde Amchi (Arzt), der nach dem „Gyüzhi“, den Basistexten der tibetischen Medizin, folgende sechs Eigenschaften aufzeigen sollte:
Er soll klug sein, das heißt die Medizintexte, Gesundheit, Krankheit und Tod kennen. Weiterhin soll er reinen Geistes sein, dies bedeutet den Wunsch haben, anderen zu helfen und er muss Verpflichtungen eingehen, sprich den ärztlichen Eid abgelegt haben. Er soll Geschicklichkeit zeigen im Umgang mit Körper, Rede und Denken und in seinem Tun enthusiastisch sein. Ein Arzt muss die Tätigkeit des Helfens und die Behandlung von Krankheit lieben, weiterhin beständig und ausdauernd sein und schließlich soll er sich auskennen im Leben, sowohl in weltlichen, als auch in religiösen Dingen.

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Literatur beim Verfasser.

Anschrift des Verfassers:
Peter Germann
Heilpraktiker
Viriditas – Das Gesundheitshaus / Phytaro Heilpflanzenschule
Im Karrenberg 56
44329 Dortmund
Fax.: 0231 / 880 866 – 11 / 15
www.phytaro.de

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