Schmerz und Depression

Depression und Schmerz

Von Enno Aden

„Hoffentlich machen Sie nicht auch noch die Psychoschublade auf und speisen mich mit der Diagnose ab, es läge bei mir an der Psyche. So langsam komme ich mir vor, als nehme mich keiner mehr richtig ernst, wenn ich von meinen immerwährenden Schmerzen spreche. Was habe ich alles schon unternommen, damit sie besser werden, aber niemand hat mir bisher richtig helfen können und nun komme ich zu Ihnen, in der Hoffnung, dass Sie etwas finden und mich mit Ihren naturheilkundlichen Methoden von meinen quälenden Schmerzen befreien. Ich habe schon zu nichts mehr Lust und ziehe mich von allem zurück, weil ich mit diesen Schmerzen an nichts mehr Freude empfinden kann.“

Vielleicht hat dieser Patient Recht damit, wenn er seinen Eindruck vermittelt, es werde alles viel zu schnell auf die Psyche abgewälzt, wenn eine Behandlung nicht den gewünschten Erfolg aufweist. Und wir sollten uns alle hüten, vorschnell entsprechende Erklärungsmodelle aus der psychosomatischen Medizin anzuwenden, bevor nicht wirklich alles abgeklärt ist, welche möglichen Ursachen für die Schmerzzustände in Frage kommen könnten.

Allerdings eines ist bisher unbestritten:
Rund zwei Drittel aller depressiven Patienten leiden nicht nur unter seelischen, sondern auch unter körperlichen Schmerzen, wie eine Aussage beim Kongress der „Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde“ bekräftigt.
Diese Aussage wird zusätzlich noch bestätigt durch eine US-amerikanische Studie, in der 70 Frauen mit starken Depressionen und 36 Frauen ohne Depressionen im Alter von ca. 35 Jahren untersucht wurden.
Ergebnis: Etwa die Hälfte aller depressiven Frauen litten unter leichten Schmerzzuständen. Die Intensität der Schmerzen verstärkte sich, je häufiger und heftiger die Frauen an Depressionen litten.
Zur Objektivierung eines Schmerzzustandes wurden zwei Schmerzmarker im Blut der Patientinnen gemessen: Das Neuropetpid Substanz P (SP) und Calcitonin-Gene-Related-Peptid (CGRP)
Bei depressiven Frauen waren diese Marker permanent erhöht.

Tatsache ist, dass Depressionen Schmerzen auslösen können.

Nicht jede Depression tritt auch als solche in Erscheinung. Und viele unserer Patienten suchen uns in erster Linie wegen eines Schmerzes auf. Wenn nach unseren Bemühungen keine Besserung auftritt, sollten wir den Gedanken an eine sogenannte larvierte Depression nicht ganz von der Hand weisen. Gerade bei Männern, die uns wegen einer Schmerzproblematik konsultieren verbirgt sich hinter ihren körperlichen Beschwerden oft eine so genannte „larvierte Depression“.
Bei ihrem Vorhandensein kann sich eine depressive Verstimmung als Schmerzsymptom ausdrücken, ohne dass die klassischen Kriterien nach ICD 10 wie nachlassendes Interesse oder Freudeverlust, verminderter Antrieb oder gesteigerte Ermüdbarkeit und depressive Stimmung zwangsläufig auftreten müssen.

Neurobiologische Aspekte:

Schmerzschwelle:

Fallbeispiel:

Fazit:
Beim Auftreten besonders chronifizierten Schmerzsyndromen dürfen psycho-soziale Zusammenhänge nicht außer Acht gelassen werden, da das Zusammenspiel zwischen depressiver Verstimmung und chronischem Schmerz und umgekehrt offensichtlich ist.
Eine antidepressive Therapie begleitend einzusetzen, bewirkt über die Regulierung der Neurotransmittersysteme eine Hemmung der Schmerzreizweiterleitung und hat somit eine erheblich unterstützende Wirkung bei der Behandlung vor allem von chronifizierten Schmerzzuständen.

Quellen:
Dr. Christof Keller, Schmerz und Depression, UniMed-Verlag AG , Bremen-London-Boston 2004; ISBN 3-89599-755-2
Franz Alexander, Psychosomatische Medizin, de Gruyter-Verlag, Berlin-New York 1985; ISBN 3-11-010192-0
Prof. Dr. Walter E. Müller und Prof. Dr. Stephan Volk (Hrsg.) Depression und Schmerz
Linua Med Verlags-GmbH, Neu-Isenburg 2004; ISBN 3-928610-43-0
Prof. Dr. Gerhard Schüßler, Psychosomatik/Psychotherapie systematisch, UniMed-Verlag AG, Lorch/Württemberg 1995; ISBN 3-89599-110-4
Rolf Klusmann, Psychosomatische Medizin, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg 1992
Gaby Miketta, Netzwerk Mensch, Rowohlt-Verlag, Reinbek bei Hamburg 1994; ISBN 349919662X

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Anschrift des Verfassers:
Enno Aden
Heilpraktiker
Mittelburgstr. 11
49084 Osnabrück
Tel: 05 41 / 7 45 98
Fax: 05 41 / 70 84 22
E-Mail: ennoaden@aol.com

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