FACHFORUM

Unterstützende Maßnahme in der hypnotischen Psychotherapie

Homöopathie

Synergie zweier Methoden, um seelische Belastungen zu verarbeiten

Von Marisa Marinelli

Die Überwindung der über zehn Jahre andauernden Trauer, verursacht durch den Verlust der Tochter durch einen Autounfall

Wenn eine geliebte Person oder ein Haustier sich aus unserem Leben verabschiedet, stirbt, sterben wir auch mit. Wir wollen mitsterben. Wir wollen nachziehen. Verena Kast beschreibt in ihrem Buch „Trauern – Phasen und Chancen des psychischen Prozesses“ (vgl. (6) Kast S. 57 ff.) die Phasen der Trauerarbeit wie folgt:
Zuerst kommt die Phase des Nicht-Wahrhaben-Wollens, die Phase der Empfindungslosigkeit. Es ist ein Gefühlsschock. Der Trauernde „erstarrt“. Das ist seine Strategie, um mit dem überwältigend starken Gefühl umgehen zu können.
Nach der Phase der erstarrten Emotionen folgt die Phase der aufbrechenden Emotionen. Auf Wut oder Zorn können Gefühle der Freude oder Angst und Ruhelosigkeit folgen. Der Zorn kann sich beispielsweise auf Verwandte richten oder Ärzte wegen anscheinend unterlassener Hilfeleistung.
Als dritte Phase, nennt Verena Kast (5), die Phase des sich Suchens und des sich Trennens.
Aber ob der Trauerprozess verarbeitet wird, wie lange es dauert, ob es einem gelingt, oder ob es zu psychosomatischen Störungen kommt, ist bei jedem anders, denn der empfundene Schmerz hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Wer ist der Verstorbene? Auf welche Weise ist er gestorben?

a. Sehr wahrscheinlich kommt es zu Komplikationen, je tragischer ein Verlust ist: z.B. der gewaltsame Tod eines Kindes oder wenn jemand sich das Leben nimmt.
Wie war die Beziehung, welche Beziehungsart bestand zu dem Verstorbenen?

a. Je schwieriger, je konfliktreicher die Beziehung zu dem Verstorbenen war, um so eher treten Schuldgefühle auf und um so schwieriger wird dann auch anschließend die Trauer.

b. Wenn die Kommunikation zwischen Angehörigen und Toten entspannt war und man konnte Abschied nehmen oder mindestens konnten noch miteinander Probleme geklärt werden, dann fällt die Trauerperiode leichter.

Welche Persönlichkeitsstruktur hat der Betroffene?

a. Je stabiler die Persönlichkeit, desto größer ist die Chance, dass dem Betroffenen die Überwindung der Trauer gelingt.
Welche Möglichkeiten hat der Betroffene, mit dem Verlust umzugehen?

b. Je mehr der Betroffene Unterstützung durch Institutionen, Trauergruppen oder durch eine psychotherapeutische Intervention erfährt, desto höher sind die Chancen, seine Trauer zu überwinden.

Welche Unterstützung erfährt der Trauernde durch das soziale Umfeld?

a. Auch eine adäquate Unterstützung, die der Trauernde durch Familie und Freundeskreis erfährt, trägt zu einem schnelleren Trauerprozess bei.
Der Tod eines geliebten Menschen ist eine der belastendsten, stressigsten emotionalen Erfahrungen, die der Mensch überhaupt erfahren kann.
Zu Trauern gilt es nicht nur beim Verlust eines Kindes, Elternteils oder naher Verwandter oder von Freunden, sondern es gilt auch bei Verlust von Unversehrtheit der Gesundheit und von Lebensinhalten.

Doch eine Trauerarbeit gelingt nicht jedem. Immer wieder kommt es vor, dass Trauernde an ihrem Schmerz zu zerbrechen drohen.

Auch meine Patientin, als sie zu mir kam, drohte immer wieder an ihrem Schmerz zu zerbrechen. Ihr einziges Kind, eine 25-jährige Tochter, war vor zwölf Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Sie hatte eine Motorradpanne gehabt und wurde von einem Wagen erfasst, als sie am Autobahnrand ihr Motorrad schob. Sie war auf der Stelle tot, so sagten die Ärzte der Mutter, kein einziger Knochen war mehr heil. Als meine Patientin zu mir kam, eine Frau um die 60 Jahre alt, voll berufstätig, verheiratet, suchte sie bei mir spirituellen Beistand und Trost. Sie war noch nach 12 Jahren nach dem Unfall der Tochter voller Schmerz, voller Groll gegen Gott und gegen die Volksgruppe, zu der der Unfallverursacher gehörte. Sie wolle jeden Tag sterben, das Leben sei ein Gräuel. Auf einer Lebensfreudeskala von 0 bis 100 wertete sie ihre Lebensfreude auf 0. Ich ermutigte sie, ihre Lebensfreudeskala auf 0,1 zu werten, da sie schließlich immer noch lebe, den Weg zu mir gefunden und den Wunsch geäußert habe, sich bei mir in Therapie zu begeben. Sie akzeptierte. Die Sitzungen fanden für ein Jahr lang regelmäßig alle 14 Tage jeweils mit einer Dauer von 50 bzw. 75 Minuten statt, danach monatlich für ein Vierteljahr.

Erste bis sechste Sitzung: die Explorationsphase – Vertrauensaufbau und Einführung in die hypnotische Psychotherapie

Siebte bis zehnte Sitzung: Der erste Durchbruch – Ein Traum als Wegweiser der Bereitschaft der Patientin, den Trauerprozess fortzusetzen und zu beenden

Elfte bis sechzehnte Sitzung: Patientin klagt über Gesundheitsprobleme. Erste homöopathische Anamnese und Folgeanamnese. Verschreibung des Konstitutionsmittels

Siebzehnte bis zweiundzwanzigste Sitzung: Zweiter Durchbruch, Schuldgefühle gegenüber der Tochter werden zum ersten Mal geäußert. Erhöhung der Potenz des Konstitutionsmittels

Dreiundzwanzigste bis sechsundzwanzigste Sitzung: Abnabelung vom Therapeuten wird vorbereitet. Kontinuierliche Erhöhung der Potenz des Konstitutionsmittels

Schluss

Ich möchte es an dieser Stelle noch mal hervorheben, nicht jeder Patient braucht neben einer hypnotischen Psychotherapie eine homöopathische Behandlung. Es gibt solche Patienten, die sehr motiviert sind und ihr Leiden in einer Sitzung bewältigen oder in mehreren (vgl. (7) Marinelli S. 3 ff.) verarbeiten können. Noch wichtiger ist, nicht jeder Patient, nicht jeder Trauernde erhält Natrium Muriaticum. Es gilt hier, wie von Erickson und Hahnemann formuliert wurde, das Prinzip der Individualisierung. „Behandeln Sie jeden Patient als Individuum!“ (vgl. (4) Erickson S. 142). „ ... so bleibt doch zur Bildung der Indication, bei jeder zu heilenden chronischen (psorischen) Krankheit, für den homöopathischen Arzt die Pflicht sorgfältiger Auffassung der erforschbaren Symptome und Eigenheiten derselben so unerlässlich, als vor jener Erfindung, indem keine ächte Heilung dieser, so wie der übrigen Krankheiten stattfinden kann, ohne strenge Eigen-Behandlung (Individualisirung) jedes Krankheits-Falles ...“ (vgl. (1) Hahnemann § 82).

Und jetzt noch ein Wort zu Potenzierung und Gaben (Dosis). Wie Alfons Geukens in einem seiner Live Seminare (Februar 2007) sagte, kein Mensch weiß, wie die Potenzierung funktioniert und wie sie wirkt. Nur Erfahrung kann herangezogen werden. Meine Patientin gehört, würden von niedrigen Potenzen und einer einmaligen Dosis keine Verbesserung spüren bzw. erfahren.

Meine Patientin träumte zu verschiedenen Phasen vom eigenen Hausputz. Diese Träume haben ihr angezeigt, wie viel sie verarbeitet hatte und was noch zu tun war. Sie hatte erzählt, dass sie jede Menge Waschlappen und Mengen an Wassereimern braucht. Ich möchte in der Symbolik der Patientin bleiben. Wir wissen, mit Wasser können wir sauber machen und um die Waschwirkung zu erhöhen, fügt man ein Waschmittel hinzu. Aber in der heutigen Öko-Zeit wäre es verpönt, von Weichspüler oder Waschmittel zu sprechen. Ich spreche lieber von Asche, Urin, Essig, Sand oder feinen Kieselsteinen als Waschmittel. Denn vor der Persil-Ära haben die Menschen mit diesen Naturstoffen gewaschen und geputzt. Die Trance ist das Wasser, das Natrium Muriaticum ist das Waschmittel bzw. der Sand, die Potenz ist die Struktur des Sandes (grob oder fein) und die Dosis ist die Menge des Sandes, die benutzt werden soll. Meine Patientin war bereit, ihren eigenen Hausputz durchzuführen, aber Wasser hat nicht gereicht um dieses mächtige Verarbeiten zu bewältigen, diese verkrusteten Strukturen wegzuspülen. Sie hat den Sand in verschiedenen Strukturen und in verschiedenen Mengen zu dem Wasser gebraucht. Der Grund dafür liegt in der Persönlichkeit der Patientin. Sie ist äußerst seelisch empfindlich, das macht sie reserviert und wenig umgänglich. Sie ist niedergeschlagen, hoffnungslos, pessimistisch, denn sie kann weder Ärger noch Kummer oder Kränkungen überwinden, dieser Gemütszustand wird von Zorn und Wut überlagert.

...

Literatur bei der Verfasserin

Anschrift der Verfasserin:
Marisa Marinelli
Dottore dell’ Universia degli Studi di Venezia – Heilpraktikerin
Hypnotische Psychotherapie und Klassische Homöopathie
Darmstädter Str. 17
D-64404 Bickenbach
E-Mail@marisa.marinelli.name

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