Die Frau in der Medizin/Naturheilkunde

Somatoforme Pelvipathie und sexuelle Störung der Frau

Was kann die Naturheilkunde tun?

Von Hermann Massinger

Die Pelvipathie gehört zu den somatoformen Erkrankungen, die mit Schmerzen, Unpässlichkeit, Unlustgefühlen und meist erheblichen Störungen der Sexualität einhergeht; deren vielfältigen Symptome lassen kein durchgängiges ätiologisches und pathogenetisches Muster nachweisen.
Die Diagnose: Somatoforme Erkrankung (SO) wird meist erst nach längerer Leidenszeit und einer Fülle diagnostischer Verfahren gestellt; ein Organschaden lässt sich nicht finden.
Der lange Weg bis zur richtigen Diagnose führt nicht selten über invasive, explorative und/oder therapeutische Eingriffe (Verwachsungslösung, Myomoperation, Gebärmutterentfernung, Deszensus- Operationen, Cystoskopie u.a.), deren Langzeit-Ergebnisse meist in einer Verschlimmerung enden. Eine interdisziplinäre Schmerztherapie kann den Einstieg in die notwendige psychische Intensiv-Betreuung der SO ebnen und erleichtern. Die Auswahl des Therapeuten/in sollte primär einen schulenübergreifenden Zugang zur Patientin ermöglichen, die endgültige Therapie ist in spezialisierten Praxen am ehesten erfolgreich. Auch Balint- oder Selbsterfahrungsgruppen sind oft eine zusätzliche Hilfe.

Die vielfältigen Irrwege bis zur Diagnose SO haben meist zu Verzweiflung und Vertrauensschwund geführt; die rechtzeitige Einleitung einer Psychotherapie, verhaltens- oder psychosomatischen Behandlung ist der wichtigste Schritt zur Erlangung des Selbstvertrauens und Mitarbeit der Patientin; nur diese ermöglicht die nötige Öffnung des Innenlebens und Enttabuisierung der Intimsphäre.

Ursachen der Somatoformen Erkrankung Pelvipathie

Nahrungsmittel/Gewürze mit aphrodisierender Wirkung bei der Frau

SO Störungen der Beckenregion mit Schmerzen

Vulvodynie

Parametropathia/Pelvipathia spastica mit Vaginodynie und Reizblase

Vaginismus

Zusammenfassung

Somatoforme Erkrankungen der Frau finden sich in jeder Lebensphase, deren Erkennung und Behandlung ist eine zwingende Notwendigkeit, damit das Leben der Betroffenen wieder Qualität bekommt. Multiple Beschwerden mit wechselnder Intensität und Lokalisation sollten jeden Therapeuten für die Diagnose einer SO-Erkrankung sensibilisieren und eine Spezialbehandlung einleiten. Die komplementäre Begleitung der meist zu Grunde liegenden Sexualstörung ist, nach meiner langjährigen Erfahrung, eine sinnvolle, nützliche, preisgünstige und von den Patientinnen gut angenommene Maßnahme. Der klassischen Homöopathie ist dabei ein hoher Stellenwert mit guten Besserungsaussichten einzuräumen. Die Substitution mit „Life-Style und Wellness- Präparaten ist kritisch zu hinterfragen.
Die qualifizierte Gesprächstherapie ist die unverzichtbare Basis der SO-Therapie.

Für diese Zusammenstellung wurden die Materia Medica of Homeopathik Medicine von S.R. Phatak, die Homöopathische Arzneitherapie von W. Zimmermann, die beiden Bände von Catherine R. Coulter: Portraits homöopathischer Arzneimittel, die Arzneimittellehre Band 5 von Mathias Dorcsi, die Grundzüge und charakteristischen Symptome von A. zur Lippe, Kents Repertorium (Haug-Verlag) und die 3 Bände Künzli/Barthel: Repertorium Generale, Barthel & Barthel Verlag) herangezogen. Besondere Anregungen habe ich aus persönlichen Gesprächen und dem Buch: „Wolfgang Popp: Das unspezifische Kranksein ISBN: 3-8334-3745-6/2006“ erfahren, das eine umfassende Darstellung der meisten SO-Erkrankungen bringt und die „Anpassungsstörungen“ in ihrer Vielfalt beschreibt.

Anmerkungen:
1 Ein prominenter katholischer Theologe hat einmal den Satz geprägt: „Der Zölibat schluckt 30% meiner Arbeitskraft“. Eigene vielfältige Praxiserfahrungen mit Nonnen haben deren unerfüllte Wünsche als Ursache von SO häufig ergeben. G.H. G. Jahr: Homöopathische Therapie der Geisteskrankheiten, neu überarbeitet von Dr. Joachim Pongratz (O-Verlag, Berg 1986), führt in der Erstausgabe 1854 bereits spezielle Rubriken an, die auch heute noch Gültigkeit haben: „Enthaltsamkeit gegen Gewohnheit: Bell., Canth., Con., Hyos., Stram., Veratr., Lach., Zinc. ‚Bei Beschwerden nach Geschlechtsausschweifungen: Bell., Canth., Hyos., Stram., Veratr., Lach., Merc., Merc., Phos., Plat. Bei Beschwerden religiöser Ursache: finden sich Bell., Hyos., Opium., Stramonium., Crocus, Conium, Veratrum, u.a. Jahr hat übrigens im Buch S. 46 bereits auf die „psychisch somatische Richtung als selbständige Krankheitsform hingewiesen.“
2 Die Psychoneuroimmunologie erforscht das Zusammenspiel des Hormon-, Nerven,- Immunsystems und die Einwirkung auf die Regelkreise der Hypophyse. Die Beeinflussung der Körperfunktionen durch psychologische und psychotherapeutische Verfahren ist nachgewiesen.
3 Leitlinien zur Behandlung einer Krankheit sollten nicht nur evidenzbasiert sein, sondern auch der Praxis gerecht werden.
4 Im neueren Schrifttum wird „AT Last Vaginalgel“ gerühmt, das Wild Yam Extrakt, Vitamin E Öl , Zitronensäure u.a. enthält. Aus wild yam wird das natürliche Progesteron hergestellt, das in den USA von Dr. Lee zur Behandlung klimakterischer Probleme hoch gepriesen wird. Das beworbene Präparat Hyalofemme enthält Hyaluronsäure, aber auch zusätzlich reichlich Chemie.
5 Die lange von der Schulmedizin nicht anerkannte Neural- Therapie mit Procain-Derivaten hat in der Schmerztherapie heute eine deutliche Renaissance erfahren. Die Neuraltherapie wird heute als Mesotherapie bezeichnet, sei einfach durchzuführen und eine „interessante IGeL“ Therapie. (Wirtschaftsmagazin für den Frauenarzt, 12/2007, S. 16). Dazu mein Kommentar: „Das Erlernen bedarf aber mehr, als „ eine geschickte Hand und Interesse“, die Triggerpunkte sollten ermittelt werden.

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Anschrift des Verfassers:
Dr. Hermann Massinger
Gerner Str. 27
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