Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

Ein Vergleich des Karotidenpulses mit dem Radialispuls, entnommen dem LingShu Kapitel 9

Kommentare und praktische Übung

Von Philippe Nicolas, Frankreich

Das „Universum“ der Pulse ist ein Thema, das mich mit Leidenschaft erfüllt. Dank des Neijing konnte ich mehrere Kapitel untersuchen, die eine beträchtliche Anzahl von Praktiken beschreiben, die meiner Erwartung entsprachen. Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich in diesen kanonischen Werken zwei Hauptrichtungen bezüglich der Pulsuntersuchung finde.

So finden wir Pulsbeschreibungen, pathologischer Zustände von Organen und Gefäßen, wie solche, die mehr den Energiezustand der Person erfassen. Interpretationen dieser folgen Krankheitsdiagnose und Behandlungsstrategien. Einer Verbesserung des Qi-Zustandes folgt in der Regel auch eine Verbesserung der physiologischen Beschwerden.

Im Kapitel 10 Suwen finden wir folgende Hinweise: „Sehen wir eine Rötung und ertasten gleichzeitig einen schnellen, drahtigen Puls, wissen wir, dass dies durch im Abdomen stagniertes Qi verursacht wird, was Probleme bei der Verdauung und Xinbi, einem Bi/Obstruktionszustand des Herzens hervorruft.“ Im gesamten Suwen finden wir die Verbindung von Puls und Zang/Fu, der für das Verständnis des physischen Zustandes unentbehrlich ist.

In weiteren Kapiteln des Suwen wird die Interpretation der Pulse nicht lediglich für die Diagnose von Krankheiten, sondern auch für deren Prävention und der Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt herangezogen. Es gibt Pulsformen, bei denen nicht lediglich bestrebt wird, ein Organ zu verbessern, sondern gleichzeitig die Beziehung Himmel/Erde/Mensch wiederherzustellen und damit den Lebensfluss zu erleichtern.

Im Kapitel 20 Suwen werden die 9 Positionen und deren Wahrnehmung behandelt. Innerhalb der drei Ebenen Himmel/Erde/Mensch werden jeweils drei Positionen erfasst, was in dem folgenden Auszug aus dem entsprechenden Kapitel kurzgefasst wird: „Die Aufnahme des himmlischen Dao impliziert einen Beginn und ein Ende. In der oberen Körperhälfte entsprechend den Planeten und ihrem Zeitplan, den 4 Jahreszeiten sowie den 5 Elementen. Der Mensch reagiert in seiner Art und Weise auf das winterliche Yin und das sommerliche Yang.„ Dieses Kapitel betont die Bedeutung des Einklangs von Himmel/Erde im Menschen.

Kapitel 27 Suwen fügt in diesem Zusammenhang hinzu: „Werden die 9 Pulse nach und nach abgetastet, um ihren Leere- oder Füllenstand einzuschätzen, kann man Abweichungen zwischen der rechten, und der linken Seite, zwischen der oberen und der unteren Körperhälfte fühlen, kann vermutet werden, dass die Krankheit dort zu suchen ist, wo der Puls schwächer ist. Jener, der die 3 Regionen verkennt, kann Yin nicht von Yang und den Himmel nicht von der Erde unterscheiden. Die Erde erkennt man in der Erde, den Himmel erkennt man im Himmel und den Menschen im Menschen. Indem man den Zustand der 3 Regionen einschätzt kann eine Schädigung/eine Beeinträchtigung der Zang/Fu zugeordnet werden. Deshalb wird gesagt: nadeln, ohne die 9 Pulse zu kennen ist ein unwiderruflicher Fehler“.

Diese Methoden verlangen eine Präzision in der Anwendung, wie es der Text unterstreicht. Neben jahreszeitlichen Einflüssen die beachtet werden sollten, muss der Praktizierende bestimmte Vorraussetzungen erfüllen, wie es im Neijing Kapitel 17 Suwen geschrieben wird: Um den Puls zu nehmen, muss der Praktizierende ruhig und leer („wolkenlos“) sein.“

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Ein Kurs zu diesem Thema mit Herrn Philippe Nicolas findet statt auf dem TCM-Kongress Rothenburg 2008:
Mittwoch 30.04.08, 09.00–12.30 Uhr, 15.00–18.30 Uhr



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