Komplexhomöopathie

Komplexhomöopathie – Eine seit über 175 Jahren bewährte besondere Therapie

Von Adolf Ersfeld

Der Vater der Homöopathie, der deutsche Arzt Dr. Friedrich Samuel Hahnemann (1777 – 1843), betonte in seinen Schriften immer wieder:
„In keinem Fall von Heilung ist es nötig, mehr als eine einzige einfache Arzneisubstanz auf einmal anzuwenden.“

Dieser Satz wurde für viele Homöopathen zum Dogma. Bei strikter und bei ungenauer Befolgung dieser Anweisung beraubten sie sich leider mancher anderen therapeutischen Möglichkeit.

Vielleicht war der Begründer der Homöopathie sogar auf dem besten Wege, einer Mischung von Einzelmitteln in der Therapie zuzustimmen. Es war im Jahre 1833 als ihm der Leibarzt der preußischen Prinzessin Friederike, Dr. Julius Aegidi, einst ein Schüler Hahnemanns, 233 Berichte über die erfolgreiche Heilung mit homöopathischen Doppelmitteln übermittelte. In seinem Antwortschreiben bestätigte Hahnemann nicht nur dessen Empfang, sondern darüber hinaus, dass er entsprechende Hinweise auch schon von anderen Therapeuten, z.B. Clemens Freiherr von Bönninghausen und G.H.G. Jahr, erhalten habe. Für die Neuauflage seines „Organon“ plante er einen entsprechenden Zusatz, der nach Lutze als § 274 mit einbezogen werden sollte.

Dogmatisch orientierte Kreise unter den Homöopathen wussten jedoch zu verhindern, dass dieser Paragraph veröffentlicht wurde. Lutze hatte das Glück, ihn wiederzuentdecken und publizierte ihn in seinem Lehrbuch der Homöopathie (1910).

So manche Therapeuten mussten in der eigenen Praxis die Erfahrung machen, dass die Homöopathie ihnen zwar das richtige Behandlungsschema in die Hand gab, sie aber oft das passende Mittel nicht bestimmen konnten, sei es, es fehlte an der Zeit, um sich intensiv mit dem Patienten über seine Erkrankung und seine Symptome zu unterhalten, oder auch der Patient nicht in der Lage war, über alle für die Wahl des richtigen Mittels notwendigen Details zu berichten. In solchen Fällen verabreichten viele Therapeuten der Not gehorchend mehrere homöopathisch zubereitete Arzneimittel, taten also das, wozu sich auch schon Hahnemann und einige seiner Schüler in einem gewissen Umfang bereit erklärt hatten.

Der evangelisch-lutherische Pastor Emanuel Felke (1856 – 1926), dessen Behandlungsprinzip in der Anwendung von Licht- und Luftbädern, Wasserbehandlungen und Lehmpackungen bestand, wurde daher liebevoll von machen seiner Patientinnen und Patienten „Lehmpastor“ genannt.

In akuten Krankheitsfällen verordnete er als Anhänger Hahnemanns homöopathische Einzelmittel, in chronischen Fällen dagegen selbst von ihm zusammengestellte Komplexmittel, den so genannten, noch heute in der Apotheke erhältlichen, „Felke Komplexmittel“. In vielen Vorträgen nahm er selbst Stellung zu seiner Diagnose und Therapie. Leider publizierte er aber niemals selbst darüber, sodass über sein Schaffen und Wirken nur von seinem Schüler und Biografen Andres Müller in seiner Schrift: „Die Augendiagnose bearbeitet nach Pastor Felke´s Grundsätzen“ (26. Auflage Druck und Verlag: Joh. van Acken, Krefeld, erschienen in Repelen, im Juli 1907) berichtet wird.

Felke hatte in seiner Praxiszeit viele Schülerinnen und Schüler. Die von ihm eingeführte Methode zur Erstellung der Diagnose ging von dem Grundsatz aus: „Die Iris diktiert uns das Rezept“.

Es seien hier einige Schüler/innen von Pastor Felke genannt, die später eigene Komplexmittel-Reihen entwickelten:
So entwickelte der Heilpraktiker Zähres aus Essen-Kettwig das Synergon-System (heute Firma Kattwiga, Nordhorn).
Der Heilpraktiker Heinrich Hense aus Krefeld entwickelte das Heilsystem „Truw“.
Seine Schülerin, Frau Pastor Madaus, entwickelte das Therapie System der Oligoplexe; hierüber werde ich als Beispiel im letzten Kapitel ausführlich berichten. Nicht unerwähnt dürfen einige Therapeuten bleiben, die sich zur Zeit von Pastor Felke mit der Komplexhomöopathie beschäftigt haben, ohne die Augendiagnose mit einzubeziehen. Stellvertretend sei der Schöpfer der sogenannten „Elektro-Homöopathie“, der italienische Graf Cesare Mattei, der im Umkreis seines Bergschlosses Roccetta wirkt, genannt. Er war bei der Bevölkerung dieser Gegend sehr beliebt. Nach Matteis Ansicht sind seine elektrohomöopathischen Arzneien Kraftspeicherungen, die seiner Meinung nach so rasch wirken wie die Elektrizität. Die Zusammensetzung dieser Arzneimittel war jedoch geheim, so dass keiner wusste, was diese beinhalteten. Man weiß nur, dass er in der Hauptsache pflanzliche Ausgangsstoffe verwendete.

Um 1910 entwickelte Ulrich H. Ottinger aus St. Gallen eine Heilkur, die nach ihm benannt wurde. Er entwickelte im Laufe von 26 Jahren, wie er selbst sagte, ein eigenes Komplexmittelsystem.

Ziel aller Komplexmittel ist es schließlich, die Krankheit, die sich als komplexes Geschehen darstellt und zur Störung der biologischen Ordnung führt, durch eine Therapie, die auch ein komplexes Handeln ist, zu beherrschen um so die gestörte Ordnung wieder herzustellen.

Die Geschichte der Komplexmittel am Beispiel der Oligoplexe® (Firma Madaus, Köln)

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Literatur
Bachmann, Gerhard: Die Akupunktur – eine Ordnungstherapie. Karl F. Haug Verlag, Heidelberg
Dietrichkeit, Gert: Dissertation zu Erlangung eines Dr. rer. nat. Marburg/Lahn 1991
Ersfeld, A./Hahn, G.: Dokumentation der besonderen Therapierichtungen und natürliche Heilweisen in Europa Bd. I 1. Halbband ZDN Lüneburg, 1991
Hahn, G.: Komplex-Therapie: altbewährt und immer noch aktuell. Die Heilkunst 95,18 (1982)
Madaus, M.: Lehrbuch der Augendiagnose. Bonn 1915
Madaus, G.: Lehrbuch der Biologischen Heilmittel. Thieme Verlag, Leipzig 1938
Müller, A.: Die Augendiagnose bearbeitet nach Pastor Felke´s Grundsätzen. Krefeld
Rehwinkel J./Wenske S.: Augendiagnose. Gottlob Volkhardtsche Druckerei, Amorbach.
Roth, E.: Der Wunderdoktor, Carl Hanser Verlag München Wien
Zinke, K.J.: Ein Homöopathie – Leitfaden für die Praxis, Krefeld 1978

Anschrift des Verfassers:
Adolf Ersfeld
Heilpraktiker
Gröppersgasse 38
51107 Köln

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