Komplexhomöopathie

Wie müssen flüssige homöopathische Komplexmittel dosiert werden?

Statistische Erhebung

Von Martin Diefenbach

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte weiß es ganz genau. Deshalb schreibt es für alle homöopathischen Komplexmittel die, von der Kommission D erstellte, aktuelle allgemeine Dosierungsrichtlinie bindend vor. Dort heißt es seit 2004: Bei akuten Verlaufsformen alle halbe bis ganze Stunde, höchstens 6 mal täglich, 5 Tropfen. Bei chronischen Verlaufsformen 1-3 mal täglich 5 Tropfen.

Diese Dosierung wird seither im Nachzulassungsverfahren für alle entsprechenden Präparate vorgeschrieben. Die Hersteller müssen dem folgen oder die Therapeuten und Patienten müssen auf das Präparat verzichten. Eigentlich sollten inzwischen alle noch existierenden Präparate an die neue Dosierungsempfehlung angepasst sein. Dass dies nicht der Fall ist liegt daran, dass viele Hersteller vor Gericht gezogen sind oder die Präparat bereits vorher mit anderen Dosierungen zugelassen waren. Zur Zeit ist die Rechtmäßigkeit der behördlichen Auflage nicht gesichert, die Klageverfahren sind noch nicht abgeschlossen.

Die Behörde begründet die Dosierungsänderung damit, dass die geringere Dosierung „das Selbstverständnis der Therapierichtung mehr berücksichtigt“. Darüber hinaus dienen die Angaben der Gebrauchsinformation lediglich dem Patienten in der Selbstmedikation und dienen dem Schutz vor Fehlanwendung. Dem Therapeuten stünde jede Dosierung frei („Soweit nicht anders verordnet“). Neue Erkenntnisse, auf die sich die Änderung der Dosierungsempfehlung stützt, liegen nicht vor.

Die Homöopathie baut darauf, dass Stoffe, die in hoher Dosis Symptome verursachen, in geringer Dosis gegen diese Symptome wirken. Würde ein Laie ein homöopathisches Arzneimittel bei einer bestimmten Symptomatik zu hoch dosieren, könnten sich die Symptome verschlimmern. Es sei zu erwarten, dass der Laie dann die Dosis weiter erhöht und damit mehr Schaden als Nutzen bewirkt.

Es geht hier um den Streit, was unter „gering“ zu verstehen sei. Für die klassischen Homöopathen sind 5 Tropfen ausreichend, Komplexmittel dagegen werden oft höher dosiert.

Komplexmittel sind keine klassisch-homöopathischen Arzneimittel. Provokant formuliert sind sie eine neue Evolutionsstufe, die auf klassischer Homöopathie aufbaut. Wer mit Hahnemann argumentiert sollte nicht vergessen, dass es auch in 200 Jahren Homöopathie zu Erkenntnisgewinn kommen kann. Ein wesentlicher Unterschied von Komplexmitteln zu klassischer Homöopathie ist, dass die Arzneimittelbilder der kombinierten Wirkstoffe auf Indikationen interpretiert werden. Damit werden Komplexmittel zwar auch nach dem Ähnlichkeitsprinzip angewendet, aber die Ähnlichkeit betrifft nur das Krankheitsbild und berücksichtigt keine anderen Merkmale des Patienten. Des Weiteren werden bei Komplexmitteln nur niedrige Potenzen kombiniert (normalerweise nicht über D20), die eine andere Wirkcharakteristik aufweisen. Dass Komplexmittel andere Dosierungen zu Wirksamkeit verlangen als klassische Homöopathika steht für die Anwender von Komplexmitteln jedenfalls fest.

Was zeigt die Praxis?

Akutdosierung

Regeldosierung

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Quellen:
Adler, M., Diefenbach, M. (2006): Naturamed 21 (6), S. 30 – 34:
Dosisstrategien für die Therapie mit homöopathischen Komplexmitteln
Diefenbach, M., J. Schilken, G. Steiner, H. J. Becker (1997): ZFA 73, 308-314
Bronchiselect: Auswertung einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten, klinischen Studie an 258 Patienten bei Erkrankungen der Atemwege.
Gaus, W., M. Wiesenauer (1993): Aktuelle Rheumatologie 5 (18), 159-162
Wirksamkeitsnachweis eines Homöopathikums bei chronischer Polyarthritis – Stellungnahme zur Kritik und Ausblick

Anschrift des Verfassers:
Dr. rer. nat. Martin Diefenbach
Medizinische Information Dreluso Pharmazeutika
Marktplatz 5
31840 Hessisch Oldendorf

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Naturheilpraxis 03/2008