Endogenes Morphin

Wie kommt das Morphium in die Milch

von Jens Bielenberg

Als Agonisten des körpereigenen schmerzlindernden Systems spielen Endorphine aufgrund ihrer Affinität zu Opiatrezeptoren eine wichtige Rolle in der Schmerzregulation. Wenig bekannt ist jedoch, dass der Säugetierorganismus selbst kleine Konzentrationen Morphin synthetisieren kann, diese jedoch mittels chemischer Modifizierung in ihrer Wirkqualität erheblich erhöhen kann. Dies wirft eine Vielzahl von Fragen auf hinsichtlich Toleranzbildung und Suchtentstehung nach Opiatgabe. Welche Rolle spielt endogenes Morphin in der Kontrolle von Schmerzen?

Die Entdeckung, dass Kuh- und Muttermilch Morphin in einer Konzentration von 200 bis 500 Nanogramm/L enthielt (1), entfachte Spekulationen um die Herkunft des Morphins.

Die ersten Theorien, dass Morphin ubiquitär in pflanzlicher Nahrung enthalten ist und über den diätetischen Weg durch den Gastrointestinaltrakt in den menschlichen Körper gelangen könnte, basierten auf der Entdeckung, dass beispielsweise Heu und Salat einen Morphingehalt von 2 bis 10 Mikrogramm pro Gramm Trockengewicht aufwiesen (2). In den letzen Jahren hat jedoch die Theorie mehr und mehr Profil gewonnen, dass analog der Pflanze auch der Säugetierorganismus nicht nur Endorphine synthetisieren kann – d.h. Penta- und Oligopeptide, bei denen es sich z.T. um Bruchstücke eines in der Hypophyse vorkommenden Hormons, dem b-Lipotropin, handelt, die als Agonisten an körpereigenen schmerzhemmenden Systemen fungieren – sondern auch Morphin.

Durch die Verfeinerung analytischer Verfahren – z.B. mit Hilfe morphin-spezifischer Radioimmunassays und massen-spektroskopischer Methoden – war es möglich, auch kleinste Morphinmengen in der Zerebrospinalflüssigkeit des Menschen zu identifizieren. Schon bald gelang es, Konjugationsprodukte des Morphins nachzuweisen, wie das 6-Glucuronid, das in einer 120-fach geringeren Dosis als freies Morphin einen gleichwertigen analgetischen Effekt hat (3). Diese Entdeckungen lösten eine Lawine interessanter Spekulationen über Opiatentzug aus.

Pflanzlicher „Opiumersatz“

Morphinkonjugate als Modulatoren der analgetischen Potenz

Metallionen als Modulatoren der Morphinglucuronidierung

Prooxidans Ascorbinsäure und Cu-Stoffwechsel

Induktion der UDP-Glucuronyltransferase

Fazit

In vivo- und in vitro-Versuche belegen das Postulat, dass der Mensch und das Säugetier – analog der Pflanze – in der Lage sind, Morphin zu synthetisieren. Diese Beobachtung erweckt interessante Assoziationen und Fragen. Unter welchen Bedingungen wird die Morphinbiosynthese induziert mit dem Ziel, analgetische Effekte zu realisieren? Sind die erhöhten Morphinkonzentrationen, die bei arthritischen Ratten in Rückenmark und Urin gefunden worden sind, Korrelat einer radikalinduzierten Stimulation der endogenen Morphinbiosynthese? Drosselt die exogene Morphinzufuhr die endogene Synthese analog den Corticoiden mit der Folge einer Entzugssymptomatik bei Einstellung der exogenen Zufuhr? Besitzen b-Carboline ebenfalls eine Affinität zu Opiatrezeptoren? Es scheint eine lohnende Aufgabe zu sein, Antworten auf diese Fragen zu finden.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:
Jens Bielenberg
Apotheker
Raphael-Apotheke
25364 Westerhorn

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Naturheilpraxis 02/2008