Das Innenleben des Tabaks - Empfindungen eines Nachtschattengewächses

Von Florian Fuhlert

Tabacum als Arznei wird in unserem Kulturkreis ausschließlich in der Homöopathie verwendet. Die klassischen Indikationen sind Reiseübelkeit, besonders Seekrankheit, Schwangerschaftsübelkeit, Kreislaufkollaps sowie natürlich Tabakmissbrauch. Die Symptomatik ist vielen Rauchern noch von ihrer ersten Zigarette bekannt: Schwindel mit Übelkeit bis zum Erbrechen und explosiver Durchfall, Ohnmacht mit kaltem Schweiß, verstärktem Speichelfluss und großer Schwäche, bei der jede Anstrengung oder Bewegung zu viel ist. Der arme Raucher ist leichenblass und kalt, dennoch bessern frische Luft und kalte Anwendungen seine Beschwerden.

Das hört sich natürlich nicht sehr viel versprechend an und man möchte sich fragen warum Menschen eigentlich Zigaretten rauchen oder warum die indigenen Kulturen Amerikas, Tabak in vielen Heilritualen verwenden?

Hat der Tabak noch ein Geheimnis, dass sich uns nicht auf den ersten Blick entschlüsselt? Die Wirkweise des Tabaks beruht hauptsächlich auf einem Pyridin-Alkaloid, dem Nikotin. Dieses hat nach einer kurzfristigen Erregungsphase eine lähmende Wirkung auf das Sympathische-, Parasympathische- und Zentralnervensystem. Auf das Herz hingegen wirkt das Nikotin zuerst hemmend und danach beschleunigend, auf die Gefäße, besonders die arteriellen und Herzkranzgefäße hat es eine kontrahierende Wirkung. Hieraus resultiert die Verwendung von Tabacum bei Angina pectoris, Migräne und Morbus Meniere. Kontrahiert wird auch der Darm, eine Stuhlgang fördernde Wirkung, die alle Raucher kennen. Die Wirkung von Tabak auf den Kreislauf erklärt die große Beliebtheit der Zigarette nach dem Essen. Sackt doch der Kreislauf nach dem Essen in den Keller. Hier hilft nach dem homöopathischen Prinzip das Ähnliche. Aber dies erklärt kaum den immensen Suchtfaktor des Tabaks.

Da Tabacum in der Homöopathie, außer bei den bekannten Indikationen, kaum als Arznei eingesetzt wird und daher relativ unbekannt ist, bietet sich ein Blick auf die nahen Verwandten an: Tabacum gehört botanisch zur Familie der Solanaceae, der Nachtschattengewächse. In der Homöopathie häufig verwendete Heilmittel dieser Familie sind: Belladonna, Stramonium, Hyoscyamus, Dulcamara, Mandragora, Solanum nigrum und Capsicum.

Vergleicht man die Symptome der Arzneien dieser Familie in der Materia Medica, so entsteht das Bild einer plötzlichen, lebensbedrohlichen Gefahr und von heftiger Gewalt. Die Symptome sind einschießend, explosiv, zerreißend, pulsierend oder zusammenschnürend und krampfartig. Typisch sind der plötzliche und heftige Charakter der Beschwerden. Als Situation ist es ein bewaffneter Überfall, eine Vergewaltigung, eine Kriegserfahrung. Den Tod direkt vor Augen, können wir nur kämpfen, fliehen oder erstarren. Besonders Stramonium und Belladonna sind berüchtigt für ihre Wutausbrüche und heftigen Krampfanfälle, wie auch ihre panischen Angstzustände. Panik-Attacken, Schreianfälle, Um-sich-schlagen, Zähneknirschen fliehen und verstecken, zittern, zucken und rucken, zeigen die große Erregung des Nervensystems, welche die Nachtschattengewächse bewirken.

Differentialdiagnose zu Tabacum:

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Anschrift des Verfassers:
Florian Fuhlert
Heilpraktiker
klassische Homöopathie & Phytotherapie
Praxistätigkeit in Dießen am Ammersee und Schwangau;
Mitarbeit bei „Ethnomed e.V.“ zur Unterstützung traditioneller ethnischer Heilverfahren.
E-Mail: florian.fuhlert@arcor.de

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Naturheilpraxis 02/2008