FACHFORUM

Cutane Fokaldiagnostik

Von Wolfgang P. Schallmey

Wir müssen unsere Haut nicht bloß als einen gleichgültigen Mantel gegen Regen und Sonnenschein betrachten, sondern als eines der wichtigsten Organe unseres Körpers, ohne dessen unaufhörliche Tätigkeit und Gangbarkeit weder Gesundheit noch langes Leben bestehen kann.
Hufeland

Im Jahre 1834 beschreibt der Schwede Ling erstmals schmerzhafte Zonen, die im Bereich gewisser Dorsalnerven bei Herz –und Verdauungskrankheiten auftreten. Ähnliche Zusammenhänge finden die amerikanischen Brüder Griffin zwischen Organkrankheiten und Cutane Sensibilitätsstörungen. 1841 schildert Baumgärtner, dass sich Reflexe innerer Leiden als Änderungen der Haut und Unterhautsensibilität manifestieren. Der Däne Lange bezeichnet die Veränderungen bestimmter Oberflächenregionen bei inneren Leiden als “viszerale Reize”.

Der deutsche Homöopath Weihe beschreibt 1883 ca. 200 Cutane Reizpunkte, die bei Erkrankungen innerer Organe charakteristisch auftreten. Diese decken sich zum großen Teil auch mit den Akupunkturpunkten.

“Die Sensibilitätsstörungen der Haut bei Viseralerkrankungen” eine grundlegende Arbeit 1889 von Head. Erkrankte Organe führen seitengleich zu den segmentär zugeordneten Hautbezirken zu Hyperalgesien.

Zum Nachweis dieser Empfindlichkeit bedient sich Head mehrerer Methoden.

1. Beim Streichen mit dem großen runden Kopf einer Stricknadel über die Hautoberfläche wird die sanfte und stumpfe Berührung an den kritischen Stellen als spitz oder scharf empfunden, dabei ist die Berührungsempfindlichkeit völlig intakt.

2. Beim vorsichtigen Anheben und leichtem Pressen von Haut- und Unterhautgewebe empfindet der Kranke diesen leichten Druck über den hyperalgetischen Stellen als schmerzhaft.

3. Wird die Haut mit einem mäßig warmen Schwamm bestrichen, so empfindet der Kranke dies an den kritischen Stellen als brennen, das heißt als Wärmeschmerz.

4. Kältereiz werden nicht als gesteigerte Kälteempfindung, sondern als Kälteschmerz empfunden.

Beobachtungen von Hansen und von Staa zeigen, dass sich normaler Druckreiz auf der Haut nicht verändert aber in den Headschen Zonen die Empfindungsqualität wie zum Beispiel spitz, scharf, schneidend, brennend, beißend, prickelnd, ätzend oder stechend sein können. Auch anatomisch wird das Problem der Headschen Zonen klarer, nachdem Frey die Mitwirkung von Schmerznerven oder Schmerzrezeptoren nachgewiesen hat.

Schon damals betonte Hansen in diesem Zusammenhang, “das Behandler wieder lernen müssen, die Diagnostik am Kranken aus der direkten Berührung mit ihm zu entwickeln. Erst wenn alle Möglichkeiten der unmittelbaren Beobachtung des Tastens, Palpierens, Hörens und Sehens erschöpft sind, sollte er daran gehen, die modernen Hilfsmittel der Technik zu befragen”.

In dem Buch “Symptome ans their Interpretations-” von Mackenzie werden alle Schmerzphänomene bei Visceralerkrankungen zu den sensorischen Reflexen gerechnet. Mackenzie spricht von “übertragenem” Schmerz. Die von Mackenzie als motorische Reflexe bezeichneten Muskelspannungen über erkrankten Organen sind wie die sensorischen Reflexe segmentär und homolaterel angeordnet.

Head fand überdies innerhalb der einzelnen hyperalgetischen Segmente Maximalpunkte. Diese sind für die mittelständigen Organe wie Ösophagus, Uterus, Harnblase ebenfalls mittelständig, für die paarigen Organe hingegen seitengleich paarig angeordnet. Dies gilt für Lunge, Niere, Hoden, Nebenhoden, Ovar, Tube, Prostatalappen, Tonsillen und Zähne.

Die Lehre von den hyperalgetischen Zonen wurde von Ignaz Knotz erheblich erweitert, da er nachweisen konnte, dass sich häufig Segmente verschiedener Organe überdecken und dass bei beidseitiger Ausbreitung der segmentären Phänomene die Seitenbeziehung fehlerhaft gedeutet werden kann.

Für die Praxis der cutanen Focaldiagnostik genügt die Beschränkung auf die oberflächlichen Hyperalgesien im Sinne von Head.

Durch sie kann zum Beispiel im Zahnbereich, im Gebiet der Schädelnebenhöhlen und der Tonsillen ein Störfeld oder ein Infektgeschehen festgestellt werden, dessen Charakter allerdings dann durch weitere Spezialuntersuchungen analysiert werden muss.
Förster stellte bereits 1906 die Lehre auf, dass das Schmerzsystem neben dem vegetativen und dem cerebrospinalen Nervensystem als selbständige Warn- und Orientierungsanlage des Organismus zu werten ist.

Nach Dittmer gelangt dabei ein von einem geschädigten Organ ausgehend, zunächst unterschwelliger Schmerzreiz reflektorisch über die afferente Bahn durch die Formatio reticularis der Medulla zu autonomen Ganglien im Hypothalamus, Thalamus zur Cortex nachzuweisen. Gleichzeitig führen vom Stammhirn aus efferente Bahnen zu den zugeordneten Segmenten der Haut und der Muskulatur.

Das anatomische Substrat für dieses präzis arbeitende Schmerz- Warnsystem dürfte mit den neurovegetativen Syncytium identisch sein, da sich im Epidermalbereich 2 Systeme dendritenförmig miteinander verbinden. In der Epidermis erstrecken sich, neben den anastomisierenden Melanodendrozyten, die sogenannten Langerhandschen Zellen freie Nervenfortsätze bis knapp unter die Hautoberfläche. In den oberen Cutisabschnitten stehen die Ausläufer dieses Nervensystems mit den Gefäßwänden in enger Verflechtung.

Daher scheinen für die unterschiedliche Aufnahme von Tast- und Berührungsreizen sowohl in der Epidermis wie auch in der Cutis nervöse Organe vorhanden zu sein, die selbst dann nach Berührungsreize hyperalgetisch reagieren, auch dann, wenn die entsprechenden sensiblen Stränge in den zugeordneten Rückenmarksabschnitten teilweise zerstört sind. Dadurch ist auch zu erklären, dass oft bei ausgedehnten peripheren Sensibilitätsstörungen im Gefolge von multipler Sklerose, hyperalgetische Zonen mittels der cutanen Focaldiagnostik noch abzugrenzen waren.

Es ist aber beinahe eine feststehende Regel, dass akute und schmerzhafte Erkrankungen eine Tendenz zur segmentalen Ausbreitung bis zur Generalistion haben. Unter Umständen sind sämtliche Segmente einer Körperhälfte irritiert. Beim Nachlassen einer Erkrankung oder bei ihrer Chronifizierung gehen auch die segmentalen Erscheinungen zurück. In der Regel ist auch nicht das ganze Segment hyperalgetisch, sondern nur ein oder zwei Fragmente, die so genannten Maximalzonen.
Für den Praktiker heißt das, das die Maximalpunkte zuerst ventral auftreten und dann erst später in den dorsalen Segmentanteil.

Die Technik der cutanen Fokaldiagnostik

1. Segmenttherapie

2. Störfeldtherapie

Herde im Bereich der Zähne

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Quellenangabe:
Der Landarzt 1958 Haubold /Löw
Lehrbuch der Neuraltherapie nach Hunecke P. Dosch
Segmental-humorale Reiztherapie Joachim Broy

Anschrift des Verfassers:
Wolfgang P. Schallmey
Heilpraktiker
Feldstr. 2
48231 Warendorf
E-Mail: Wolfgang.schallmey@web.de



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