Orthomolekulare Therapie

Akupunktur und Anti–Aging

von Jochen Schleimer

In kaum einer Kultur werden die Eigenschaften, die wir mit dem Altern in Zusammenhang bringen, so hoch geschätzt wie im alten China. Die Sagenwelt ist voll von Kampfkünstlern, die den Höhepunkt ihrer Kunst erst jenseits der 50 erreichten, und die Abb. 1 (Siehe Naturheilpraxis 08/2007) zeigt, dass es auch heute noch Kämpfer gibt, die Anfang 90 ernst zu nehmende Gegner darstellen. An ihnen scheint der Alterungsprozess ohne größere Spuren vorüber gegangen zu sein.

Doch sie waren und sind Ausnahmen; die meisten Menschen im alten und im neuen China starben (und sterben) zu früh an vermeidbaren Erkrankungen (besonders als Folge des in China exzessiv betriebenen Nikotinmissbrauchs).

Besonders der Taoismus entwickelte frühzeitig umfangreiche Programme zur Verlängerung des Lebens (bei voller Leistungsfähigkeit), um nicht nur spirituelle, sondern physische Unsterblichkeit zu erreichen.

Besondere Bedeutung kam dabei speziellen Qi Gong – Übungen zu, die allerdings mit einer Intensität ausgeführt werden mussten, die für einen arbeitenden Menschen mit Familie heute kaum möglich ist. Berufsziel vieler Chinesen war daher nicht selten eine Tätigkeit als Beamter mit frühzeitiger Pensionierung (z.B. wie bei der Telekom).

Eine vorwiegend vegetarische Diät mit großen Mengen von Tofu (“Abfallprodukt” chinesisch alchemistischer Forschungen nach einem lebensverlängernden Elixier) und Gemüse ist ebenfalls erforderlich.

Eine große Bedeutung kam dem Konsum von Kräutern zu, teils als Nahrungsergänzung, manchmal als Nahrungsersatz. Am bekanntesten ist bei uns der Ginseng, der somit zu der am meisten überschätzten Heilpflanze wurde. Die indische Wildkirsche Ashvagansa hat ähnlich günstige Eigenschaften, kostet jedoch nur einen Bruchteil des Ginsengs.
Ähnlich wie im Abendland wurde auch die Einnahme von Quecksilberverbindungen propagiert, ohne sich an die metaphorische Bedeutung des Begriffs Zinnober zu halten. Die Auswirkungen waren in beiden Kulturkreisen katastrophal.

Zur Lebensverlängerung gehört auch ein Haus, das nach den Kriterien des Feng Shui ausgerichtet sein soll; Front nach Süden, zwei unterschiedliche hohe Berge im Rücken, zwischen 1200 und 1800 über dem Meer, mit einem träge vorbeifließenden Bach vor der Haustür. Solche Wohnstätten sind selbst für Betuchte in Deutschland schon aus geographischen Gründen kaum zu haben.

Geradezu grotesk muten für uns die taoistischen Sexualpraktiken an, die oft einen Energieraub vom Partner – also eine Art energetischen Vampirismus – zur Lebensverlängerung fordern.

Die Akupunktur als Mittel zur Lebensverlängerung wird in den traditionellen Schriften kaum erwähnt.

Wie lange dauert ein Leben?

Der menschliche Stoffwechsel funktioniert am besten bei einer Körpertemperatur von etwa 37 °C, weil die relevanten Enzyme bei dieser Temperatur ihr Wirkungsoptimum haben. Unsere Umgebung zeigt selten diese Temperatur, weshalb ein erheblicher Stoffwechselaufwand notwendig ist, um diese Temperatur aufrecht zu erhalten. Außerdem muss sich jedes Tier bewegen; auch dafür ist eine bestimmte Stoffwechselerhöhung notwendig.
Diese Stoffwechselleistung korreliert mit der Anzahl der Herzschläge und der Atemzyklen.

Eine Senkung der Herzfrequenz und eine Verlangsamung und Vertiefung der Atmung lässt sich unter anderem mit Hilfe der Akupunktur erzielen, ein Umstand, der in den klassischen Schriften kaum erwähnt ist.

Doch eine Lebensverlängerung lässt sich auch mit den im Taoismus oft und mit häufigen schädlichen Nebenwirkungen praktizierten Techniken der Atemverlangsamung nur in begrenztem Maß erreichen. Es gibt für die Länge des menschlichen Lebens wohl eine obere Grenze: Für Säugetiere gilt, dass die Länge des Lebens ca. dem Fünffachen der Reifungsperiode entspricht. Da beim Menschen das Muskel- und Knochenwachstum etwa bis zum 25. Lebensjahr andauert, entspräche das einer Lebenserwartung von 5 x 25 = 125 Jahren, und entspricht damit in etwa der in der Bibel angegebenen maximalen Lebenserwartung von 120 Jahren. Solche Lebenslängen wurden jedoch nie beobachtet.

Realistischer ist der Ansatz, dass die menschliche Lebenserwartung dem Fünffachen der Reifezeit des Nervengewebes entspricht, die bis zum 20. Lebensjahr andauert; also 5 x 20 = 100 Jahre. Die maximale Lebenserwartung wird (mit statistischer Streuung) durch die Erfahrung bestätigt.

Schädlicher als exzessiver Sport (hoher Puls und zu schneller Atem) ohne entsprechende Vorbereitung (womöglich noch mit Dopingmitteln, z.B. Antiasthmatika) sind für die Erreichung eines gesunden Alters chronischer Stress im beruflichen und häuslichen Alltag.

Der BDI = Beck – Depressionsinventar (auch Beck – Questionaire genannt) misst die quantitative Ausgestaltung einer Depression. Der Erwartungsraum reicht von 0 bis 62 Punkte.

Bei Werten von 0 bis 10 wird der Test als unauffällig interpretiert. Zwischen 11 und 17 Punkten liegt eine Grauzone und erst oberhalb von 17 Punkten liegen die Werte für eine leichte Depression.
Das Risiko eines tödlichen Reinfarkts nach einem Herzinfarkt hängst von den Ergebnissen des BDI ab.
Es ist bei Werten unter aber nahe 10 4 – 6 mal so hoch wie bei völlig unauffälligem Test.
Bei Werten in der Grauzone 6 – 8 mal so hoch und bei einer leichten Depression 8 – 10 mal so hoch.
Auch die Entstehung von Krebs korreliert mit Stress – jedoch anders als früher geglaubt.

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Literaturverzeichnis:
Hofmann, I.: Faulheit ist das halbe Leben, Mosaik, München, 2000
Noll, A., Kirschbaum, B.: Stresskrankheiten, Elsevier, München, 2006
Praxisworshop Multiple Sklerose, TEVA Pharma, Kirchzarten, 2007
Schleimer, J.: Tiefenentspannung, 2007

Anschrift des Verfassers:
Dr. med. J. Schleimer
Nervenarzt, Homöopathie-Naturheilverfahren
Waltramstr.3
81547 München



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Naturheilpraxis 08/2007