Blätter für klassische Homöopathie

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie

Bericht von der BKHD-Tagung in Würzburg

Von Katrin Wendig

Zusammenfassung

Am 28. und 29. Oktober 2006 fand eine Fachfortbildung für Homöopathie in Würzburg / Veitshöchheim statt. Das große Thema der Tagung war die homöopathische Behandlung von Kindern unter besonderer Berücksichtigung ihrer motorischen und psychischen Entwicklung. Hierzu sprachen erfahrene Dozenten wie der Kinderarzt Dr. Herbert Pfeiffer sowie Dr. Erika Scheiwiller-Muralt (FÄ aus der Schweiz), Ralf Blume (Heilpraktiker und Dozent der Clemens von Bönninghausen Akademie) und Jürgen Weiland (Heilpraktiker).

Dr. Herbert Pfeiffer sprach über die neurophysiologische Entwicklung, auftretende Störungen und was in der Anamnese und Untersuchungstechnik zu berücksichtigen, sei um das richtige Heilmittel zu finden. Seine Ausführungen belegte er mit Fallbeispielen. Er begann seinen Vortrag mit Picassos Bild “Mutter mit Kind” (das Kind liegt auf dem Schoß der Mutter ohne Gesicht). Er erläuterte, dass das Kind mit Hilfe der Mutter sein Gesicht gewinne. Menschsein bedeute “miteinander” sein.

Heilung bedeute für Pfeiffer, dass der Mensch in der Seele “heil” werde und religiös leben könne. Dabei beginne der Weg des Menschen mit der Zeugung, so erläuterte er. Der Mensch müsse sich aufrichten können, um aufrichtig leben zu können. Die physiologische Aufrichtung des Menschen sei sehr wichtig. Entscheidend sei nicht, ob das Kind viel spräche, krabbele oder laufe, sondern die Qualität der einzelnen Entwicklungsschritte innerhalb eines bestimmten Zeitfensters sei wichtig für die spätere Entwicklung des Menschen.

Des Weiteren erläuterte er die neurophysiologische Funktion des zentralen Nervensystems und die Vojta-Lagereaktionen für die kinesiologische Diagnostik. Besonders wertvoll waren seine Hinweise dazu, wie pathologische Lagereaktionen in die Sprache des Repertoriums umzusetzen seien:

Ausführlich ging Pfeiffer auf die verschiedenen Tonusstörungen wie Hypotonie, Athetose, Hypertonie und Ataxie ein und beschrieb, wo die Störungen im zentralen Nervensystem lägen und wie sie sich voneinander unterschieden. Bei den Untersuchungen solle das Krabbelmuster berücksichtigt werden. Krabbeln sei bei einer Tonusstörung nicht möglich und schwieriger als freies Laufen. Die Repertoriumsrubriken dazu seien: “lernt spät gehen”, “lernt langsam sprechen”, “kann den Kopf nicht halten”.

Eine gute Verlaufskontrolle bei Koordinationsstörungen sei die Menschzeichnung durch den Patienten. Klinische Hinweise auf zentrale Koordinationsstörungen seien:

Bei der sensomotorischen Entwicklung wies Dr. Pfeifer darauf hin, wie wichtig es sei, dass das Kind “Mama” sagen könne, wenn es zu krabbeln beginne und sich von der Mutter entferne.

Erläutert wurden auch die Risikofaktoren von Mutter und Kind vor, während und nach der Geburt.
Jürgen Weiland sprach über Entwicklungsstörungen der ersten Lebensphase und welche Bedeutung Traumata in dieser Zeit für den werdenden Menschen hätten. In die primäre Periode eines Kindes ordnete er den Augenblick der Zeugung, das pränatale Leben eines Fötus, die Geburtsphase und das Jahr nach der Geburt ein. So seien in einem Krankenhaus in Japan autistische Kinder untersucht worden und dabei habe sich gezeigt, dass Störungen in folgenden Fällen gehäuft aufgetreten seien:

Weiland setzte die homöopathischen Arzneien, die in der primären Lebensphase eine Rolle, spielten, in Bezug zum systemischen Verständnis der einzelnen Arzneimittelgruppen. So zeigte er z.B. bei den Pflanzenfamilien auf, dass Liliengewächse wie Crocus, Veratrum album, Helonias, Lilium tigrinum und Aloe einen Bezug zur Schwäche im Beckenboden hätten. Ausführlich ging er auf das Periodensystem der Elemente ein und belegte es an Fallbeispielen.

Zum Ausklang des ersten Tages fand eine stimmungsvolle Weinprobe im staatlichen Hofkeller von Würzburg statt. Auftakt war eine interessante Führung durch den von Kerzen erleuchteten historischen Gewölbekeller. Jürgen Weiland erzählte von seinen Erfahrungen bei der Prüfung von Rotwein “Vitis vinifera”.

Der zweite Tag der Veranstaltung begann mit dem Vortrag von Frau Dr. Scheiwiller-Muralt. Sie berichtete von ihren vielen praktischen Erfahrungen bei der homöopathischen Behandlung akuter Erkrankungen und Notfälle. In ihren Fallbeispielen zeigte sie auf, wie wichtig die Einbeziehung der Ursache und des Auslösers der Erkrankung bei der Wahl des homöopathischen Mittels seien.

Ein Fallbeispiel soll hier angeführt werden von einem Mädchen, geboren 1992: Das Kind sei im Juli 1993 in ihre Praxis wegen einer asthmatischen Bronchitis und seiner Neigung zu Lungenentzündung und Allergien gekommen. Alle acht Wochen erkranke es an Bronchitis und Mittelohrentzündung und ebenso oft seien Antibiotika gegeben worden. Außerdem seien Kopfschweiß und eine ausgeprägte Angst vor Tieren vorhanden gewesen. Es sei Tuberkulinum in der Potenz C200 gegeben worden.

Am 12.11.1993 habe sie erneut eine schwere Lungenentzündung bekommen. Der Körper sei heiß und trocken gewesen. Sie habe sich kaum noch bewegt, sei sehr schwach gewesen und habe viel kaltes Wasser getrunken. Nach einer Gabe von Bryonia C200 habe das Mädchen Schweißausbruch bekommen und die Atmung sei ruhig geworden. Danach sei Phosphor als Konstitutionsmittel verordnet worden.

Am 12.02.1995 sei Frau Scheiwiller-Muralt erneut konsultiert worden. Das Mädchen wäre beinahe im Hallenbad ertrunken. Auffallend sei hier der Geruch von Chlor gewesen, auch der Atem habe nach Chlor gerochen. Die Einatmung sei frei gewesen, aber die Ausatmung behindert. Die Atmung sei rasselnd und es sei ein Stimmritzenkrampf vorhanden gewesen. Nach der Gabe von Chlor C200 sei die Atmung leichter geworden, es sei zu plötzlicher Übelkeit gekommen und das Mädchen habe Chlorwasser erbrochen. Danach sei die Atmung frei gewesen.

Am 07.07.1999 sei die Praxis wegen schwerer allergischer Reaktionen aufgesucht worden. Bei dem Mädchen hätten überall große Blasen und wandernde Gelenkschwellungen bestanden. Es hätte täglich Eis mit Sprudelpulver zu sich genommen. Das Sprudelpulver sei bis zur Potenz C6 verrieben worden und stündlich sei dem Mädchen davon ein kleiner Schluck verabreicht worden. Innerhalb kürzester Zeit seien alle Beschwerden verschwunden.

Frau Scheiwiller-Muralt lenkte im Weiteren auch die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf Mittel, die in der Praxis nicht so häufig gegeben würden wie z.B. die Nosoden Variolinum, Vaccininum und Sanicula.

Ralf Blume ging in seinem Vortrag auf die miasmatischen Aspekte der körperlichen und geistigen Phänomene bei Kindern ein. Ausführlich erläuterte er, wie sich die einzelnen Miasmen voneinander unterscheiden. So sagte er, dass bei der Psora funktionelle Störungen, also Krankheiten ohne Organveränderungen aufträten. Bei der Sykose träten viele Symptome im Genitalbereich auf. Auffallend seien hier die Ausscheidungsschwäche der Harnorgane, Warzenbildungen und rheumatische Erkrankungen.

Eine Indikation für Carcinosinum sei für ihn, wenn Kinderkrankheiten im Erwachsenenalter aufträten oder wenn sie wiederholt vorkämen und sich keine Immunität aufbaue. Das syphilinische Miasma sei gekennzeichnet durch geringe geistige Leistungsfähigkeit, Gewebezerstörung und Schmerzarmut bzw. dem Fehlen von Schmerzen. Gesondert ging er auf die Tuberkulinie ein.

Die Fachtagung war geprägt von der guten Organisation, der Freude der Organisatoren und der Teilnehmer. Es gab viele Möglichkeiten sich kennen zu lernen und auszutauschen. Ein großer Dank gilt den Organisatoren und all den Helfern, die an dieser gelungenen Veranstaltung beteiligt waren.

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Anschrift der Verfasserin:
Katrin Wendig
Heilpraktikerin
Hauptstr. 12
61350 Bad Homburg
Tel. 06172 / 45 71 45



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