Arbeitskreis für Augendiagnose und Phänomenologie Josef Angerer e.V

Bericht von der 23. Fortbildung in Augendiagnose, Samstag, 9. Dezember 2006

Von Elke Fuggis

Josef Karl: „Prima Vista“. Was mir als Erstes und Wichtigstes bei der Augendiagnose auffällt

Augendiagnose, das weiß jeder der sich ernsthaft damit beschäftigt, ist keine leichte Sache. Oft sehen wir viele Zeichen im Auge und es fällt besonders dem Anfänger schwer, von den vielen Zeichen die herauszusehen, die für die Prognose, Diagnose und Therapie die bedeutendsten sind. Daher ist es gut von den Menschen zu lernen, die viele Jahre Augendiagnose erfolgreich praktizieren. Josef Karl ist hier ein Meister. Und wie kein anderer gelingt es ihm die Teilnehmer dieser Tagungen immer wieder neu zu faszinieren und begeistern für den Blick ins Auge – ins Wesenhafte des Menschen.

An diesem Samstag gestattete er uns einen offenen Einblick wie er bei der augendiagnostischen Sitzung vorgeht, welche Zeichen er gut erkennen kann – aber auch welche Zeichen er nicht gesehen hat und wo er versagt hat. Diese Ehrlichkeit ist für uns Augendiagnostikerinnen und Augendiagnostiker wichtig, um uns in der Praxis nicht in vagen Deutungen zu verzetteln und die Patienten dadurch unbeabsichtigt zu verunsichern.

Es gibt die unterschiedlichsten Möglichkeiten, wie man an die Interpretation eines Auges herangeht. Oft wird geraten, die Beurteilung von innen nach außen vorzunehmen. Josef Karl geht einen anderen Weg: Er beginnt bei dem Zeichen, welches ihm als erstes auffällt und welches er auch beurteilen kann. In dem einstündigen Vortag zeigte er anhand vieler Doppelbildprojektionen hervorragende Beispiele für sein Vorgehen in der Praxis und gab auch Tips für die Gesprächsführung. Seine ausführlichen Therapieempfehlungen vervollständigten diesen ausgezeichneten Vortrag.

Beispielhaft möchte ich 4 Kasuistiken herausgreifen und beschreiben.

Bild 1:
Rechtes Auge eines zum damaligen Zeitpunkt 65jährigen Mannes: Pankreaszeichen, Schilddrüsenzeichen und ein Arcus lipoides corneae, auch Arcus senilis genannt.

Bild 1 und 2 (Bild 2 siehe Naturheilpraxis 05/2007) zeigen das rechte und linke Auge eines Mannes, wobei das re. Auge im Alter von 65 Jahren und beim li. Auge im Alter von 73 Jahren photographiert wurde. Zuerst das re. Auge: Sehen wir auf dem Pankreasplatz hier bei 35 bis 40 min mehrere krausenständige aneinander gereihte Lakunen, so können wir mit großer Sicherheit fragen, wer in der Familie einen Diabetes hat. Denn solch ein Lakunenkranz im Sektor der Bauchspeicheldrüse ist typisch für den Diabetes mellitus. Eine Lakune steht grundsätzlich für eine angeborene Organschwäche. Die Zeichen für die gestörte inkretorische Funktion des Pankreas sind im rechten und linken Auge bei 40 und 20 min. Die Lakunen sind in der Regel relativ groß. Als nächstes fällt die krausenständige Lakune bei 15 min. re. ins Auge – uns ein Hinweis für die Schilddrüse. Diese Form der Lakunen ist erst mal nur ein Hinweis, dass in der Vorfahrengeneration eine Schilddrüsenerkrankung war. Ob der Träger solch eines Zeichen mit der Schilddrüse Probleme hat, zeigt sich häufig durch akzessorische Zeichen. Dies können Reizfasern, Transversalen, Pigmente oder eine aufgelockerte Gewebsstruktur sein. Trotz der erst 65 Jahre des Patienten sehen wir cranial und beginnend auch caudal eine Trübung, die sich über die 5. und 6. Zone hinwegzieht. Wir sprechen von einem Arcus senilis. Es handelt sich um ein Hornhautphänomen, das auch in der Schulmedizin beurteilt wird. Der Ring entsteht durch Ablagerungen von Lipoiden in die Hornhaut. Daher wird er auch Cholesterolring genannt und mit einem erhöhten Cholesterinspiegel in Verbindung gebracht. Aus Erfahrung läßt sich diese Aussage allerdings nur eingeschränkt bestätigen. Es ist ein Zeichen für die Disposition zu einer Fettstoffwechselstörung. Mit 65 Jahren hat der Patient dieses Zeichen zu früh und es zeigt uns eine Frühalterung an.
Die linke Iris unterstützt die Aussagen der rechten Iris. Auch hier sind am Pankreasplatz um 20 min. mehrere krausenständige Lakunen. Da der Patient zum Aufnahmezeitpunkt dieses Bildes bereits 73 Jahre alt ist, zeigt sich der Arcus noch deutlicher.

Bei 15 min sehen wir im li. Auge eine Lakune an der Krause im Herzsegment. Herzbeschwerden waren auch der Anlaß, warum der Mann zu Herrn Karl ratsuchend in die Praxis gekommen ist und die auch mit den verschiedensten Medikamenten behandelt wurden. Aber was Herr Karl nicht beachtet hatte, war das Pigment bei 15 min. Es sitzt im Projektionsbereich des Herzens. Doch ist zu bedenken, dass das Herz sich nicht durch Pigmente zeigt. Die Zeichensetzung fürs Herz sind vorwiegend verschiedene Formen von offenen und geschlossenen Lakunen, Reizfasern, Transversalen (auch vaskularisiert), Substanzdefektzeichen, aber eben keine Pigmente. Pigmente sind Chronifizierungszeichen als Ausdruck einer Stoffwechselstörung mit nachfolgender Mesenchymbelastung. Also Zeichen, die einen langandauernden Prozess voraussetzen. Dieses dunkle Pigment muss der Lunge zu geordnet werden. Der Patient starb mit 74 Jahren an einem Lungenkrebs, obwohl er nie geraucht hatte.

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Bilder: Josef Karl

Anschrift der Verfasserin:
Elke Fuggis
Arnoldstr. 1
72336 Balingen
E-Mail: e.fuggis@hilterhaus.de



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