Lebensmittelallergien

Von Imke Reese

In der deutschen Bevölkerung glauben zwischen 20 und 40%, an einer Nahrungsmittelallergie zu leiden (25,30), wobei der Laie die Begriffsbezeichnung Allergie auch für nicht-allergischen Reaktionen verwendet. Korrekt wäre es, den Oberbegriff “Nahrungsmittelunverträglichkeit” zu wählen, der alle wiederholbaren Reaktionen, die nach Verzehr eines bestimmten Nahrungsmittels auftreten können, zusammenfasst.

Abbildung 1 (siehe Naturheilpraxis 04/2007) teilt die Nahrungsmittelunverträglichkeitsreaktionen in allergische und nicht-allergische Mechanismen, Nahrungsmittelvergiftungen, Malabsorptionen, Enzymdefekte und psychosomatischen Reaktionen (z. B. Aversionen) ein (7). Da als Pathomechanismus für die Histaminintoleranz nicht nur wie bisher angenommen eine nicht-allergische Hypersensitivitätsreaktion, sondern auch ein Enzymdefekt – bei größeren Verzehrsmengen sogar eine Lebensmittelvergiftung – in Frage kommen, wird auf diesen Umstand durch eine gestrichelte Einkreisung hingewiesen (9,16).

Obwohl Krankheitsbilder wie die Histaminintoleranz, aber auch die Kohlenhydrat-Unverträglichkeiten wie Laktoseintoleranz und Fructosemalabsorption in den letzten Jahren immer mehr zur Kenntnis genommen werden und die Betroffenenzahlen in die Höhe geschnellt sind, widmet sich der folgende Artikel vor allem den Lebensmittelallergien.

Allergische Hypersensitivitätsreaktionen

Kreuzreaktionen

Charakteristika von Lebensmittelallergenen

Prävalenz von Lebensmittelallergien

Diagnostik bei Verdacht auf Lebensmittelallergie

Diagnostik bei Verdacht auf pollenassoziierte Nahrungsmittelallergie

Unseriöse Testverfahren

Therapie von Lebenmittelallergien

Therapie bei pollenassoziierter Nahrungsmittelallergie

Zusammenfassung

Eine große Zahl von Personen beansprucht für sich die Diagnose Lebensmittelallergie, wobei davon auszugehen ist, dass nur etwa ein Zehntel der subjektiv Betroffenen nachweisbare Symptome zeigt. Dies macht deutlich, dass die Diagnose oft vorschnell und ohne Bestätigung der individuellen klinischen Relevanz gefällt wird. Im Interesse des Patienten ist eine Überprüfung positiver Testbefunde unbedingt erforderlich, um die Kausalität zwischen auftretenden Beschwerden und dem Verzehr von bestimmten Lebensmitteln eindeutig nachzuweisen, aber auch um den Leidensdruck nicht unnötig durch einschneidende Eliminationsdiäten zu erhöhen. Während Allergien auf Grundnahrungsmittel maßgeblich im Kindesalter auftreten und eine gute Prognose haben, leiden Betroffene im Jugend- und Erwachsenenalter vor allem an pollenassoziierten Lebensmittelallergien. Ernährungstherapeutisch sollte nicht nur die individuell erforderliche Karenz, sondern auch ein ernährungsphysiologischer und küchentechnischer Ersatz berücksichtigt werden. Ziel der Ernährungstherapie sollte ein optimales Krankheitsmanagement mit einer möglichst geringen Einbuße an Lebensqualität sein.

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Literatur
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Anschrift der Verfasserin:
Dr. Imke Reese
Diplomoecotrophologin, Ernährungsberatung, Schwerpunkt Allergologie
Bismarckstr. 24
80803 München
www.ernaehrung-allergologie.de
Vorsitzende des Arbeitskreises Diätetik in der Allergologie e. V. (www.ak-dida.de)



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