Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

Auf dem Weg zum Herzen und der Weg des Herzens

Die Lebensachse Jing – Qi – Shen

Von Josef Weber-Bluhm, Berlin

Nachdem mit den SECHS Schichten die Flüsse der Leitbahnen und ihrer Funktionskreise geöffnet wurden, nach dem sie sich gegenseitig erzeugen und eindämmen und damit die geschichtliche und lebenspraktische Plastizität des Klienten deutlicher geworden ist, stellen wir nun die Schicht der FÜNF Wandlungsphasen und ihre Wandelbarkeiten in den Vordergrund. Es sind die Wandlungen in den Wandlungen und ihre therapeutischen Erreichbarkeiten via ‚Antike Punkte’, der ‚Fünf Funktionskreispunkte’ auf dem Rücken und dem ‚Inneren Verlauf der Leitbahnen’, die im Fokus der Betrachtung liegen.
Wir beschränken uns hier auf die chinesische ‚Lebensachse’: des ‚jing’, das in den Nieren, des ‚qi’, das in der Milz und dem ‚shen’, das im Herzen seine Wohnstätte hat. Diese ‚Lebensachse’ berührt unser ‚körperliches’, ‚seelisches’ und ‚geistiges’ Leben. Chinesisch ausgedrückt sind dies die kalten Wässer der Nieren, die Dank der Milz hinaufsteigen und das heiße Feuer des Herzens kühlen. Das so abgekühlte Herzfeuer sendet Dank der Milz die gewärmten Wasser zu den Nieren zurück, die somit ihrerseits gewärmt werden und den Zyklus erneuern. Profan ausgedrückt: kalte Füße und einen heißen Kopf haben, das kann jeder. Aber warme Füße zu bekommen und jederzeit einen kühlen Kopf zu bewahren, das ist eine Arbeit mit dem qi der ‚Lebensachse’.

Um die Wandlungen, die ja Differenzierungen des Einen qi´s sind, auch wirklich zu wandeln, bedarf es einer qi-Qualität, die sich ganz in den Dienst der jeweils spezifischen Qualität der Wandlungsphasen stellt und dennoch sich treu, mit sich identisch bleibt. Diese Qualität birgt die ERDE. Deswegen auch ihre Qualifikation der unendlichen Aufnahmebereitschaft – yin im yin.
Die Wandlung ERDE kann deshalb auch als zwischen den einzelnen Wandlungen Wirkende dargestellt werden. Die ERDE ist Schöpferin, Gestalterin, Umwandlerin, Verbinderin von all dem, was sie empfängt und aufnimmt. Unscheinbar und nicht im Extrem polarisiert, wie die anderen Phasen, liefert sie das ‚Milieu’, in dem das Leben sich abspielt.

Und wegen ihrer Unscheinbarkeit wurde sie im körperlichen Substrat unserer Medizin erst recht spät ‚entdeckt’, erkannt und ihr überhaupt eine Bedeutung beigemessen: dass das ‚Bindegewebe’, das ‚Fleisch’ der chinesischen Medizin, nicht nur eine dienende und beiläufige, sondern auch eine regulierende Wirkung hat, ist eine relativ neue Erkenntnis unserer Medizin.
Die Wandlungsphase ERDE harmonisiert, gleicht die jeweiligen yin- und yang-Wirkungen aus, die sie erhält und weitervermittelt. Vorraussetzung für eine gelungene Wandlung ist also immer schon eine ausreichende qi-Versorgung der ERDE. Bei aller Behandlung, die einen Transfer, das bedeutet ja einen qualitativen Sprung, zum Inhalt hat, muss ich dies beachten.
Wir haben immer zwei Perspektiven: das, was I. die einzelnen Aspekte in den jeweiligen Wandlungen bewirken, z.B. in der Wandlungsphase METALL der Feuer-, Erde-, Metall-, Wasser- und Holzaspekt und II. das, was die jeweilige Wandlung in allen anderen bewirkt, z.B. der Metallaspekt im der Wandlungsphasen FEUER, in der ERDE, im METALL, im WASSER und im HOLZ.
Hier wird deutlich, dass ich, wenn z.B. von der Wandlung HOLZ die Rede ist, den Feueraspekt, den Metallaspekt usw. holzig sehen muss. Feuer und Metall bspw. bleiben also keineswegs stur sich selbst gleich, sondern wandeln sich je nach Eigenqualität der Wandlung in der sie sich realisieren.

Das können sie nur, weil sie von vornherein mit einem Spektrum von Wirkungen, die in ihrer jeweiligen ‚ben’-Wandlung erfrischt, gereinigt und bekräftigt wird, ausgestattet sind. Nur bei sich selbst, in der jeweiligen Wandlung fallen diese beiden Betrachtungsweisen zusammen (z.B. Metallaspekt im Metall), sonst immer auseinander. Und der entsprechende Punkt heißt auch ‚ben’-Punkt, Wurzel, Ursprung.
Immer schon sind die potentiellen Fähigkeiten des jeweiligen Wandlungsaspektes vorrausgesetzt, und eine Wandlung konstituiert sich in der Qualität und in dem Maße, wie die anderen Aspekte sich in ihr realisieren können. Eine schier endlose Schleife im Erkenntnisprozess mit unklarem Anfang und noch unklarerem Ende.
Wir haben unter I.) immer die Konstituierung der Wandlungsphase mit ihren verschiedenen Aspekten und unter II.) ihre Aspektqualitäten in den anderen Wandlungsphasen zu untersuchen. Das ist entscheidend für die weitere Behandlung. Des Weiteren müssen wir immer eine wandlungsbereite ERDE unterstellen und einen gesicherten Transport (HOLZ und METALL) des sich wandelnden qi´s.

Nach den Behandlungen der SECHS Schichten können wir übergehen zu Behandlungen, die die FÜNF Aspekte des EINEN qi in einer spezifischen Wandlungsphase therapieren – also z.B. den Holz- dann den Feuer-Aspekt usw. in der Wandlungsphase METALL – ODER einen Aspekt, der besonders schwach vertreten ist, in allen anderen Wandlungen besonders betonen – also z.B. das METALL in der Wandlungsphase WASSER, im HOLZ usw.

Wandlungsphase Feuer

Wandlungsphase Erde

Wandlungsphase WASSER

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Josef Weber-Bluhm, Berlin



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Naturheilpraxis 03/2007