Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

Pulstasten Mai Zhen als diagnostische Methode

von Helmut Magel und Sybill Huessen

Seit fast 2000 Jahren gehört das Pulsfühlen (Mài Zheˇn) in der Chinesischen Medizin zu den vier klassischen Untersuchungs-Methoden (Sì Zhen):

• Beobachten (Wàng Zhen)
• Hören und Riechen (im Chinesischen ein Begriff Wén Zhen)
• Befragen (Wèn Zhen)
• Betasten (Qiè Zhen)

Zwar wird die Pulsdiagnose in der Aufzählung der vier diagnostischen Methoden zuletzt genannt, doch ist sie in der Praxis vielleicht die bedeutendste, so dass die Chinesen oft sagen: „Ich gehe zum Pulsfühlen“, wenn sie sich zum Arzt begeben.

Das Pulsfühlen hat in seiner Verfeinerung und Komplexität besonders viel von einer „Kunst“. Es erfordert gründliche Ausbildung, viel Erfahrung und Einfühlungsvermögen. Wenn die Behandler den Puls fühlen, stehen sie einer unglaublichen Fülle von Empfindungen gegenüber, eben dem „Gefühl“ des individuellen Pulses.
Eben weil die Pulsdiagnose eine solch große Bedeutung in der Chinesischen Medizin hat, gibt die August-Brodde-Schule ihr einen breiten Raum innerhalb der dreijährigen Ausbildung. Die Dozentinnen und Dozenten wissen, dass die Kunst des Pulstastens erlernbar ist.

Manfred Porkert schrieb dazu: „Sagen wir es sogleich ganz kategorisch: Der zuverlässige Vollzug, also die praktische Anwendung der Pulsdiagnose, setzt niemals irgendwelche außergewöhnlichen und seltenen Begabungen voraus, sondern einfach nur jene Intaktheit der Sinne und gewissenhafte Beobachtung, die wir ohnedies von jedem Arzt fordern. (...)
Die Fertigkeit, die bei der Pulsdiagnose gefordert wird, lässt sich sehr anschaulich mit der vergleichen, die zum Lesen einer Blindenschrift vonnöten ist: Der Lesende muß nicht nur die Sensibilität und das Unterscheidungsvermögen seiner Tastfinger schulen, sondern er muß auch bereits ein akustisches und rationales Verständnis in der Schrift ausgedrückten Sprache erlernen.“ (Porkert, Chinesische Medizin, S. 114/116).

Pulspositionen

Obwohl der Puls an verschiedenen Stellen des Körpers getastet werden kann, stellt die Chinesische Medizin das Fühlen an der Speichenschlagader neben dem Handgelenk in den Vordergrund. Der Behandler „legt seinen Mittelfinger parallel zum Knöchel auf die untere Seite der Speiche (Speichenverdickung). Der Zeigefinger findet dann ganz natürlich seinen Platz neben der Daumenwurzel und der Ringfinger neben dem Mittelfinger. Der Puls kann so an jedem Handgelenk in drei Positionen gefühlt werden: Der Zeigefinger nimmt jeweils die erste Position, der Mittelfinger die zweite Position und der Ringfinger die dritte Position ein“1) (Kaptchuk):

Für den Radialispuls gibt es drei Taststellen auf der Arteria Radialis (Speichenschlagader):

1. Cun Daumen (am Punkt Tai Yuan, Lu 9),
2. Guan Schranke (0,5 Cun proximal vom Punkt Tai Yuan)
3. Chi Fuß (am Punkt Jing Que, Lu 8)

Eigenschaften der Pulse

Der Puls wird durch Disharmonien im Körper geprägt. In der TCM sind es 28 bis 31 klassische Pulsqualitäten, die diese Disharmonien widerspiegeln. Sie lassen sich in folgende Grundeigenschaften gliedern:

• Tiefe (= Ebene innerhalb des Raumes der getasteten Ader, z.B. oberflächlich oder tief)
• Breite
• Länge
• Kraft (Festigkeit)
• Geschwindigkeit (Frequenz)
• Rhythmus (z.B. regelmäßig, unregelmäßig)
• Stabilität
• Form (z.B. gespannt, schlüpfrig)
• Wellenform

Letztlich stellen die Pulsbilder eine Mischung der genannten Eigenschaften dar.

Unterschiedliche Pulssysteme

Erste Schritte in der Pulstastung

Tasten der drei Tiefen

Pulssystem nach Shen/Hammer

Neun Kategorien oder Eigenschaften bei Shen/Hammer

Anschrift der Verfasser:
Helmut Magel
Löhrerlen 16
42279 Wuppertal
E-Mail: h.magel@t-online.de

Sybill Huessen
Pasbrink 32
NL-7103 BD Winterswijk
E-Mail: s.huessen@abz-west.de



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