Homöopathische und pflanzliche Arzneimittel: Herstellung und Prüfung

von Eugen Eschenlohr

Heilpflanzen bedürfen der Zubereitung. Ich möchte die Tür zu den “Geheimnissen” der Pharmazeuten-Zunft ein wenig öffnen. Nachfolgend für alle Leser der Naturheilpraxis eine kurze Zusammenfassung dieses Beitrags zur Herstellung und Prüfung von Natur-Arzneimitteln:

Arzneiliche Zubereitungen haben eine lange Geschichte in der menschlichen Kultur. So wie der Mensch “von Natur aus” von Krankheiten begleitet wurde, versuchte er auch stets dagegen anzukämpfen. Der Tee bzw. wässrige Aufguss als die einfachste “Arzneiform” ist in allen menschlichen Kulturen bekannt. Über viele Generationen wurde weltweit ein immenser Erfahrungsschatz im Bereich der naturheilkundlichen Verfahren angesammelt und dabei die Praxis der medikamentösen Zubereitung – auch die aus Pflanzen – immer weiter entwickelt. Parallel hierzu erfolgte eine immer umfassendere Prüfung der in den verschiedensten Darreichungsformen enthaltenen Wirk- bzw. Inhaltsstoffe.

Während vor dem Conterganskandal die Fertigung und der Vertrieb von Arzneimitteln in Deutschland relativ locker gehandhabt wurde, werden seit einigen Jahrzehnten an die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Arzneimitteln strengste Anforderungen gestellt. Behördlich gefordert wird die Umsetzung hochwertiger Qualitätsstandards in allen Stufen der Herstellung und Prüfung sowie eine umfassende Transparenz aller Prozesse.

Die Herstellung von pflanzlichen und homöopathischen Arzneimitteln beginnt weit früher, als vom Anwender oft vermutet. Bereits der Anbau von Heilpflanzen bzw. ihre Wildsammlung unterliegen strengsten Auflagen bezüglich ihrer Durchführung sowie der zugehörigen Dokumentation. Gefordert wird ein “roter Faden” von der Aussaat der Heilpflanze auf dem Acker, über die landwirtschaftliche Kultur dieser Anbauflächen, ihre Ernte, Trocknung, Weiterverarbeitung z.B. zur (Ur-)Tinktur, Einarbeitung in die Darreichungsform, Freigabe für den Verkehr bis hin zum Ende ihrer Verwendbarkeit am Ende der festgelegten Laufzeit.

Die verschiedenen Stufen im “Leben eines Arzneimittels” werden dabei fachlich und auch regulatorisch in einem kontinuierlichen Prozess begleitet.

Beim Anbau von Heilpflanzen sind bestimmte Pestizide tabu, eine routinemäßige Rückstandsüberprüfung obligatorisch. Unkraut wird häufig manuell bzw. mechanisch bekämpft. Für das Sammeln von Heilpflanzen gibt es konkrete Vorgaben z.B. der Mindestabstand zur nächsten Emissions-/Schadstoffquelle bzw. auch die Beachtung des Artenschutzes. Der nächste qualitätsbeeinflussende Schritt nach Ernte bzw. Sammlung ist dann die Reinigung und ggf. Trocknung des Erntegutes. Bereits im gesamten Stadium der “Rohstoffgewinnung” wird von GAP (Good Agricultural Practice) eine lückenlose Dokumentation angestrebt – im Namen der Qualitätssicherung!

Bei der Weiterverarbeitung des geernteten Materials werden Vorgaben der Arzneibücher bzw. aus dem Zulassungsdossier umgesetzt. Es kommen verschiedene Formen der Extraktbereitung zur Anwendung, so z.B. die Mazeration, Perkolation, Herstellung von Dekokt, Infus, Presssäften, Trockenextrakten etc. Begleitet wird der Produktionsprozess bereits in dieser frühen Stufe durch intensive analytische Untersuchungen gemäß den Vorgaben der jeweiligen Arzneibuchmonographie. Erst bei Gutbefund und Freigabe durch die verantwortliche Person gelangt das Ausgangs- bzw. Zwischenprodukt aus seinem Quarantänestatus hin in die nächste Verarbeitungsstufe.

Zur Fertigung der eigentlichen Arzneimittel selbst stellt der Gesetzgeber hohe Anforderungen z.B. hinsichtlich der räumlichen, apparativen und personellen Voraussetzungen, der Hygiene, der Zuverlässigkeit und des Vorliegens eines funktionierenden Qualitätssicherungssystems. Diese sind in verschiedenen Regelwerken wie dem Arzneimittelgesetz, der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung und den GMP (Good Manufacturing Practice)-Leitlinien niedergelegt. Wer Arzneimittel rechtmäßig produzieren will, bedarf zwingend einer amtlichen Herstellungserlaubnis.

Im Pharmabereich gibt es einige unumstrittene “goldene Regeln”: z.B.

• keine Untermischung,
• keine Verwechslung,
• Status zu jedem Zeitpunkt ersichtlich,
• Mehrfachsicherungen,
• kein neuer Produktionsschritt ohne Kontrolle,
• kein Schritt ohne Dokumentation,
• Eigenkontrollen zur Standardsicherung etc.

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Anschrift des Verfassers:
Eugen Eschenlohr
Apotheker, Leiter der Qualitätskontrolle,
Informationsbeauftragter AMG, Steierl Pharma GmbH
Mühlfelder str. 48
82211 Herrsching



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