Naturheilkundliche Behandlung von Depressionen und Somatoformen Störungen: Johanniskraut-Extrakt

Von Anke Kleemann

Volkskrankheit Depressionen: in Deutschland erkranken nach epidemiologischen Erhebungen fünf bis sechs Millionen Menschen pro Jahr an Depressionen, Tendenz steigend. Frauen sind fast doppelt so häufig betroffen. Trotz eines umfassenden medizinischen und psychotherapeutischen Versorgungsangebotes werden die Krankheitszeichen bei vielen depressiven Patienten spät oder gar nicht erkannt. Schätzungen gehen von einer Dunkelziffer von bis zu 50% aus (1). Als Ursache hierfür sollte auf der einen Seite die anhaltende Tabuisierung psychischer Störungen und auf der anderen Seite die komplexe Symptomatik der Depression, die sich neben seelischen auch in somatischen Symptomen äußern kann, diskutiert werden.

Johanniskraut-Extrakt als naturheilkundliche Therapie-Option bei der Behandlung leichter bis mittelschwerer Depressionen

Depressive Patienten stehen einer Behandlung mit chemisch-synthetischen Therapeutika aus Furcht vor Nebenwirkungen oftmals ablehnend gegenüber. Bei leichten bis mittelschweren Depressionen bietet sich hochdosierter Johanniskrautextrakt als naturheilkundliche Therapie-Option an. Wirksamkeit und Verträglichkeit von Hypericum-Extrakten sind in einer Vielzahl klinischer Studien, von denen die Mehrzahl mit dem Johanniskraut-Extrakt LI 160 (Jarsin®) durchgeführt wurden, geprüft worden. Nach den Ergebnissen einer Metaanalyse (5) war Johanniskraut-Extrakt bei leichten bis mittelschweren Depressionen Placebo signifikant überlegen und chemisch-synthetischen Antidepressiva in etwa ebenbürtig. Bei leichten Depressionen wurden sogar signifikant bessere Ergebnisse im Vergleich zu den synthetischen Präparaten erzielt. Auch in Punkto Verträglichkeit sind Johanniskrautpräparate den synthetischen Antidepressiva in der Regel überlegen (7). In einer weiteren Metaanalyse auf Basis von 16 Anwendungsbeobachtungen mit 34.804 Patienten lagen die Häufigkeiten unerwünschter Wirkungen (UAW) zwischen 0 und 6%. Vier Anwendungsbeobachtungen mit insgesamt über 14.000 Patienten wiesen UAW-Raten von 0,1 % bis 2,4 % und Abbruchraten von 0,1 % bis 0,9 % auf. Diese Werte liegen weit unter den Ergebnissen, die bei Anwendungsbeobachtungen synthetischer Antidepressiva erzielt werden. Darüber hinaus waren die unerwünschten Wirkungen bei den mit Johanniskraut behandelten Patienten überwiegend leicht und vorübergehend (2).

Dosierung von Johanniskraut-Präparaten im Alltag

Somatoforme Störungen, ein weiteres interessantes Einsatzgebiet für Johnniskraut-Extrakt

Fazit für die Praxis

Hypericum-Extrakt ist integraler Bestandteil der phytotherapeutischen Behandlung leichter bis mittelschwerer Depressionen. Darüber hinaus sprechen auch somatoforme Störungen auf eine Therapie mit Johanniskraut an. Um den kurzen Halbwertszeiten pflanzlicher Inhaltsstoffe gerecht zu werden, sollte auf eine möglichst mehrmals tägliche Einnahme des Phytopharmakons geachtet werden.

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Literaturverzeichnis:
(1) Gerlach, F.M., et al.: Strategien zur besseren Behandlung von Depressionen bewähren sich. Innovations-Report 03.11.2006:
URL: http://www.innovations-report.de/html/berichte/medizin_gesundheit/bericht-73321.html
(2) Linde, K., Knüppel, L.: Large-scale observational studies of hypericum extracts in patients with depressive disorders –a systematic review. Phytomedicine 12 (2005), 148-157
(3) Mannel, M., Seelinger, G.: Johanniskraut-Einmaldosierungen –klinische und pharmakokinetische Betrachtung. Zeitschrift für Phytotherapie 27 (2006): 231-236
(4) Müller, T. et al.: Treatment of somatoform disorders with St. John´s wort: a randomized, double-blind and placebo-controlled trial. Psychosomatic Medicine 66 (2004): 538-547
(5) Röder, C. et al.: Meta-Analyse zu Wirksamkeit und Verträglichkeit der Behandlung der leichten und mittelschweren Depression mit Johanniskraut. Fortschr Neurol Psychiat 72 (2004): 330-343
(6) Schulz, V.: The psychodynamic and pharmacodynamic effects of drugs: A diffentiated evaluation of the efficacy of phytotherapy. Phytomedicine 7 (1) (2000): 73-81
(7) Schulz, V.: Therapierisiken durch Johanniskraut? DAZ 41 (2006): 4280-4291
(8) Smith et al.: Psychiatric consultation in somatization disorder. A randomized controlled study. N Engl J Med 314 (22) (1986): 1407-13
(9) Staffelt, B. et al.: Pharmakokinetik von Hypericin und Pseudohypericin nach oraler Einnahme des Johanniskraut-Extraktes LI 160 bei gesunden Probanden. Nervenheilkunde 12 (1993): 331-338
(10) Volz, H.-P. et al.: St John´s wort extract (LI 160) in somatoform disorders: results of a placebo-controlled trial. Psychopharmacology 164 (2002): 294-300
(11) Volz, H.-P.: Atypische Depressionen und somatoforme Störungen. Therapieoption mit Johanniskraut: Neue Erkenntnisse. Schweiz. Zschr. GanzheitsMedizin 18 (2006): 126-128
(12) Yarnell, E.: Dosing botanical medicines. Journal of Herbal Pharmacother 5 (2005): 73-78

Anschrift der Verfasserin:
Anke Kleemann
Motzener Str. 41
12277 Berlin



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