Aus dem Griechischen entlehnt, heißt Diagnose zu deutsch “unterscheidende Beurteilung, bzw. Erkenntnis”. Auch wenn das zugrunde liegende Verb mit “durch und durch erkennen, beurteilen” zu übersetzen wäre, so ist hierin zwar das zweifellose Bemühen um eine hinter einer Krankheit steckende Wahrheit herauszulesen, gleichzeitig signalisiert das Wort “Beurteilung” aber auch den teilweise subjektiven Charakter der Diagnostik im Sinne von “bewerten”.

Der tiefere Sinn einer Dia-gnose ist auch schwer vorstellbar ohne die in demselben Wortstamm liegende Zielvorstellung der Pro-gnose.

Hier sind zwei grundsätzliche Eckpfeiler der ursprünglichen Krankheitserkennung aus der Zeit, als es ohnehin nur Naturmedizin gab, angesprochen, nämlich einmal der Anteil der Subjektivität in der Diagnostik und gleichzeitig in Verbindung mit der Prognostik die Tatsache, daß man die Krankheit als etwas in Bewegung befindliches, das sich entwickelt und weiterentwickelt, ansah und ansieht.

Es handelt sich bei der naturheilkundlichen Diagnostik also nicht um eine objektive Feststellung eines statischen Ist-Zustandes. Das ist sehr wesentlich für die grundsätzliche Andersartigkeit naturheilkundlicher Diagnose. Im Gegensatz zur wissenschaftlichen Diagnostik, die auf quantifizierenden Normkonventionen (z.B. des Messens und Wiegens) beruht und ihr Ziel in der Objektivierbarkeit eines Zustandes sieht, eine Krankheit also auf eine Substanz, einen Substanzverlust oder eine Substanzveränderung gründet, tritt die naturheilkundliche Diagnostik auf der Grundlage qualitativer Normkonventionen (z.B. des Beobachtens und Verknüpfens) an, die eine Entwicklung verstehen will und die therapeutische Erwägungen daraus ableitet, daß sie möglichst zutreffende Vorstellungen über den weiteren Krankheitsverlauf “pro-gnostisch” erkennen kann.

Die Gesamtdiagnostik unter Einschluß der Prognostik muß deshalb manchmal unterschiedliche diagnostische Ansätze wählen oder mehrere zusammen, um die unterschiedlichen individuellen Situationen eines Krankheitsverlaufs optimal erkennen und deuten zu können.
Einer weiteren Entwicklung der Vielfältigkeit naturheilkundlicher Diagnostik ist – auch bei Prinzipientreue – keine Grenze gesetzt.

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Anschrift des Verfassers:
Karl F. Liebau
Kirchberghof
97724 Burglauer

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Naturheilpraxis 01/2007