KONGRESSE

75. Tagung für Naturheilkunde des Heilpraktikerverband Bayern e.V.

Eröffnungsrede von Ursula Hilpert-Mühlig, Vorsitzende

Die Münchner “Tagung für Naturheilkunde” ist immer wieder Anziehungspunkt für die heilpraktikerinnen und Heilpraktiker nicht nur aus dem Süddeutschen Raum.
Tradition ist auch die Eröffnung mit viel politischer Prominenz. Im Mittelpunkt steht die Eröffnungsrede: Auch dieses Mal konnte die Vorsitzende, Ursula Hilpert-Mühlig ein wichtiges Thema vorgeben, auf das die Politiker eingehen “mußten”. Lesen Sie hier die Rede und in der Beilage “Politik” Seite 47/48 den Bericht von Christian Ullmann über die Reaktionen.
Red.

Mein diesjähriges berufspolitisches Referat ist mit der Frage „Naturheilkundliche und komplementärmedizinische Verfahren – Luxus oder Notwendigkeit?“ überschrieben.

Lassen Sie mich mit einem Blick ins benachbarte Ausland beginnen: In der Schweiz kommt die Komplementärmedizin demnächst „vors Volk“, wie unlängst der Zürcher „Tagesanzeiger“ zu berichten wusste. Die Schweizer Bürgerinnen und Bürger werden darüber entscheiden, ob die Kosten für Behandlungen mit Homöopathie, Anthroposophischer Medizin, Neuraltherapie, Phytotherapie und Traditioneller Chinesischer Medizin weiter im Rahmen der Grundversicherung getragen werden.

Vorausgegangen war diesem bevorstehenden Volksbegehren eine fünfjährige wissenschaftliche Evaluationsphase, an der auch deutsche Experten beteiligt waren. Sie sollte Aufschluss geben über die Wirksamkeit, die anfallendenden Kosten sowie die Akzeptanz dieser komplementärmedizinischen Verfahren bei den Patienten.

Als sich bei dieser Wertbestimmung in allen drei Punkten günstige Ergebnisse abzeichneten, brach das für die Gesundheit zuständige Bundesratsmitglied das „Programm Evaluation Komplementärmedizin“ ziemlich abrupt ab und entschied, dass die Kosten der genannten komplementärmedizinischen Methoden nicht weiter von der Krankenversicherung getragen werden. Studien, welche die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Komplementärmedizin belegen, wurden „unterdrückt“, wie die renommierte „Neue Zürcher Zeitung“ berichtete: „Die Komplementärmedizin ist billiger und mindestens ebenso wirksam wie die Schulmedizin. Das zeigt eine Studienreihe, die das Bundesamt für Gesundheit unter Verschluss halten will“.

Betroffene Berufsverbände und andere Organisationen schlossen sich darauf zu einer Volksinitiative „Ja zur Komplementärmedizin“ zusammen und sammelten innerhalb kurzer Zeit rund 140’000 Unterschriften, weit mehr, als im Schweizer System der direkten Demokratie für ein Volksbegehren erforderlich sind. Und so wird – meines Wissens zum erstenmal in einem demokratischen Staat – das Volk als eigentlicher Souverän direkt entscheiden, welchen Status es wichtigen Disziplinen der Komplementärmedizin zugebilligt wissen will.

Mit großem Interesse, aber auch mit einer gehörigen Portion Neid werden wir die Entwicklung in der Schweiz weiter verfolgen.

Die Ergebnisse der unter Verschluss gehaltenen Studien wurden – natürlich – der Schweizer Presse zugespielt und konnten so nicht geheim bleiben. Sie dürften auch für Deutschland repräsentativ und in der Diskussion über „unsere“ eigene Gesundheitsreform beachtlich sein (zumal auch bei uns das System einer einheitlichen Grundversicherung gesundheitspolitisch angestrebt wird).

Deshalb will ich kurz darauf eingehen:
Der an dem Programm beteiligte Gesundheitsökonom Hans-Peter Studer von der Universität St. Gallen kommt darin zu dem Schluss, dass „alle fünf Disziplinen weniger kostenintensiv seien als die konventionelle Medizin.“ Die Kosten der Heilmethoden zu Lasten der Grundversicherung betrage laut Studer lediglich 0,2 % der gesamten Gesundheitskosten. Und: „Die Komplementärbehandler in der Schweiz machen ca. 12 % der Grundversorger aus, verursachen aber nur 7 % der Kosten.

Am günstigsten arbeitet die Homöopathie, am teuersten, aber immer noch billiger als die Schulmedizin, ist die Neuraltherapie.“ Nicht zuletzt wegen dieser günstigen Evaluationsergebnisse war der Berner Medizinstatistik-Professor Matthias Egger mit seiner Metaanalyse in der Fachzeitschrift Lancet vorgeprescht, um die Unwirksamkeit der Homöopathie, und sogar deren „Ende“ zu proklamieren.

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Naturheilpraxis 12/2006