Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

Vom Geiste der Chinesischen Medizin

Von Silja Thiemann

Der hohe Wert der Chinesischen Medizin liegt in der Verbindung der Einheit von Körper, Geist und Seele. Die historische Entwicklung im 20. Jhdt., die ideologische Bereinigung der klassischen Chinesischen Medizin zur TCM verliert mehr und mehr diese Einheit durch Konzentration auf das naturwissenschaftlich nachweisbare Körperliche. Sogar in China regt sich bereits Widerstand gegen die Verstümmelung und Institutionalisierung der TCM. Auch dort wird erkannt, dass Chinesische Medizin ohne die Verwurzelung in den Klassikern und ohne Verständnis der Philosophie nicht fruchtet. Philosophie und Medizin waren seit Beginn in China jedoch eine untrennbare Einheit. Und in dieser Einheit liegt auch die hohe Bedeutung dieser Medizin. Der Begriff Philosophie beinhaltet die Ganzheit aus intuitiver Einsicht, intellektuellem Wissen und allen konkreten Maßnahmen, um die Kunst zu vollbringen, das Leben zu erhalten. Die Therapie muss darauf zielen, die selbstregulierenden Kräfte im Patienten zu aktivieren. Der Mensch als Patient muss aus Sicht der klassischen Chinesischen Medizin als Individuum gesehen werden, und zwar als einzigartige Persönlichkeit, die aufgrund ihrer Lebensumstände bestimmte, individuelle Symptome entwickelt, die eine ebenso individuelle Therapie erfordert, die exakt auf die Bestimmung und die Bedürfnisse des speziellen Falles zugeschnitten sind statt standardisierter Vorgehensweisen. Diese Kunst auszuüben und weiterzugeben sollte das Ziel aller Therapeuten, Dozenten und Verbände sein, um Chinesische Medizin mit Seriosität und Qualität zu dem Markenzeichen zu machen, das sie verdient zu sein.

Chinesische Medizin ist weniger eine Bezeichnung für ein greifbares, abgerundetes Medizinsystem als ein Sammelbegriff. Hinter dieser Bezeichnung stehen vielmehr zahllose, diagnostische, therapeutische und philosophische Modelle, die sich im Laufe der langen Geschichte Chinas herausgebildet haben. Der Terminus „Traditionelle Chinesische Medizin“ (TCM) ist heute in aller Munde. Es wird versucht, diesen zu einem Markenzeichen zu machen; Marke im Sinne einer einheitlichen Lehre, die auf einer soliden, traditionellen Ausbildung beruht und damit Gefühl von Seriosität und Qualität suggerieren soll.

Was verbirgt sich hinter der Phrase der TCM, wie sie in der heutigen Volksrepublik China gelehrt und praktiziert wird, bzw. auch im Westen?

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Quellenangaben und Literaturhinweise
Heiner Frühauf, Chinesische Medizin in der Krise: Wissenschaftliche und politische Hintergründe der Entstehung der “TCM” (Teil 1: 1850–1990, Teil 2: 1990 bis heute),
http://www.classicalchinesemedicine.org/
Zhang Xichun (1860-1933), “Chinese at Heart but Western Where Appropriate: Essays Investigating an Integrated Form of Medicine”
Giovanni Maciocia, Die Grundlagen der Chinesischen Medizin, Verlag für Ganzheitliche Medizin Dr. Erich Wühr GmbH, Kötzting, 1994
Ted J. Kaptchuk, „Das große Buch der Chinesischen Medizin“, Wilhelm-Heyne-Verlag, München 2001
Claude Larre/Elisabeth Rochat de la Vallée, Die Bewegungen des Herzens, Verlag Müller & Steinicke 2002

Anschrift der Verfasserin:
Silja Thiemann
Heilpraktikerin
Praxis für Chinesische Medizin & Klassische Akupunktur
Pescher Str. 99
41352 Korschenbroich
Tel. 02161 - 999 3197
Internet: www.shuidao.de



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