Homöopathische Behandlung der Wechseljahre des Mannes

von Andreas Wacker

Die Wechseljahre der Frau sind den meisten Männern ein Begriff. Die Information, dass Männer auch in die Wechseljahre kommen, ist jedoch noch nicht sehr weit verbreitet. Ähnlich wie bei Frauen ändert sich auch bei Männern im Alter zwischen 40 und 60 Jahren der Spiegel der Sexualhormone. Die Testosteron- Produktion in den Hoden nimmt ab. Testosteron ist das wichtigste Androgen; Androgene sind männliche Hormone, Östrogene weibliche. “Aging male”, “PADAM” (partielles Androgen- Defizit des alternden Mannes) und “Wechseljahre des Mannes” sind mittlerweile aktuelle Schlagworte. Es gibt eine ganze Reihe Neuerscheinungen auf dem Büchermarkt, die sich mit diesem Thema beschäftigen; im Internet finden sich unter den o.g. Suchbegriffen zahlreiche Links. Deren Hauptinhalt ist die unterstützende Hormontherapie.

Gynäkologen, die in der Behandlung der weiblichen Wechseljahre erfahren sind, würden sich nun auch gerne der Männer annehmen. Andererseits fühlen sich natürlich die Urologen für spezifisch männliche Gesundheits- und Hormonprobleme zuständig.

Die schulmedizinische Behandlung sieht so aus: Nach ausführlicher Anamnese und aufwendiger Labordiagnostik werden Hormone verschrieben: Depot- Präparate werden in Abständen von mehreren Wochen oder Monaten unter die Haut gespritzt und langsam freigesetzt. Schenkt man den hierzu vorgelegten Studienergebnissen Glauben, so haben die meisten Patienten eine Verbesserung ihrer Lebensqualität durch die Hormontherapie erfahren. Doch nicht jeder möchte Hormone nehmen, was angesichts gewisser Risiken verständlich ist: z. B. kann durch die Hormontherapie das Wachstum und die Aggressivität eines bis dahin unerkannten Prostata- Karzinoms gesteigert werden. Die Hormongabe muss also unter strengen ärztlichen Kontrollen erfolgen.

Aus der Sichtweise des Homöopathen ist eine Hormontherapie eine fragwürdige Angelegenheit, da Hormone hoch wirksame Substanzen sind, die in kleinsten Mengen große und nicht zuletzt auch unkalkulierbare Wirkungen haben können. Hormone wirken nämlich niemals nur auf ein Organsystem, und alle Hormone beeinflussen sich in komplizierter Weise gegenseitig. Dies wird insbesondere bei der Gabe von Schilddrüsenhormonen vergessen, die ja nahezu flächendeckend unkritisch und unkontrolliert gegeben werden. Bei vielen Patienten werden die Hormonspiegel über Jahre hinweg nicht kontrolliert. Das Thema würde jedoch den Rahmen dieses Artikels bei weitem sprengen.

Homöopathen haben genügend Erfahrung mit der Behandlung der weiblichen Wechseljahresbeschwerden. Arzneien wie Sepia, Lachesis, Natrium muriaticum, Pulsatilla, Sulfur u. a. haben hier große Bedeutung. Nichts spricht dagegen, die männlichen Wechseljahresbeschwerden nach den Regeln der konstitutionellen homöopathischen Behandlung ebenfalls homöopathisch zu behandeln.

Da Wechseljahresbeschwerden nicht als Akuterkrankung, sondern als chronischer Prozess aufzufassen sind, muss hier sehr sorgfältig und individualisierend vorgegangen werden.

Es gibt eine Reihe typischer Symptome, die diese Phase der männlichen Biographie kennzeichnen oder begleiten:

Nach Überschreiten des Alters von vierzig Jahren erleben viele Männer einen inneren Umstellungsprozess. Die seelischen Auswirkungen kennen wir auch unter dem populären Begriff “midlife crisis”. Der Mann begreift plötzlich sein Älterwerden. Gemütsveränderungen in Form von depressiven Verstimmungen und / oder Selbstzweifeln führen zu Ausbruchsversuchen aus Berufsleben und familiären Banden und zur Suche nach Selbstbestätigung in Abenteuern aller Art. Die Formen und Ausprägungen können sehr unterschiedlich ausfallen. Manch einer mag sein ganzes Leben ändern und bricht aus allem Gewohnten aus. Andere sind schlicht und ergreifend “nur” zutiefst unglücklich, voller Selbstzweifel und Enttäuschung über ihr Leben. Die Folgen können Abkapselung und Rückzug sein, ebenso mögen Reizbarkeit und Aggressivität auftreten.

Parallel zu den Gemütsveränderungen kommt es zu körperlichen Veränderungen. Das sexuelle Verlangen (Libido) und die sexuelle Ausdauer nehmen ab, das Interesse am sexuellen Erlebnis kann in den Hintergrund treten. Frustration und seelischer Leidensdruck können den körperlichen Abbau beschleunigen und das Auftreten von Erektionsstörungen begünstigen. Die körperliche Belastbarkeit beim Sport und im Beruf lässt nach; Muskelmasse und Körperbehaarung nehmen ab. Damit nicht genug: Gewichtszunahme wird zum Problem, Hautveränderungen kommen hinzu. Der Schlaf ändert sich, ist plötzlich nicht mehr so gut und erholsam wie früher, Schlafstörungen kommen vor. Vermehrte Schweißneigung und Schweißausbrüche ohne Anstrengung sind ebenfalls typische Symptome. Osteoporose, die Abnahme der Knochendichte mit gleichzeitig zunehmender Sprödigkeit und Bruchgefahr, tritt laut Statistik bei etwa 20 Prozent der Männer über sechzig auf.

Natürlich sollten nicht alle Veränderungen des Allgemeinbefindens auf die Wechseljahre zurück geführt werden: Sie können im Einzelfall auch Zeichen für ernste gesundheitliche Veränderungen oder womöglich sogar bösartige Erkrankungen sein. Daher ist ein allgemeiner “Gesundheitscheck”, eine gründliche Untersuchung, angebracht. Der Beginn der männlichen Wechseljahre fällt in den Altersabschnitt, in dem man mit den jährlichen Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung beginnen sollte. Wenn Symptome eines PADAM vorliegen, bietet es sich an, sich regelmäßig untersuchen zu lassen. Wenn dabei aus schulmedizinischer Sicht alles in Ordnung ist, tut man sich leichter, den Beschwerden des beginnenden Androgendefizits homöopathisch zu begegnen.

Beginnende Störungen können in gewissem Rahmen selbst behandelt werden, sofern die Beschwerden zu den unten stehenden homöopathischen Arzneimitteln passen. Ein ausgeprägtes PADAM muss jedoch vom professionellen Homöopathen nach den Regeln der konstitutionellen Behandlung angegangen werden.

Coffea

Natrium muriaticum

Nux vomica

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Literatur:
Dr. Andreas Wacker, Martin Socha: Homöopathie für Männer, Südwest Verlag, München 2005, ISBN 3-517-06752-0
Sabine Wacker, Dr. med. Andreas Wacker: Gesundheitserlebnis Basenfasten, Karl F. Haug Verlag in Medizinverlage Stuttgart, Stuttgart 2002, ISBN 3-8304-2075-7

Anschrift des Verfassers:
Dr. med. Andreas Wacker
Arzt Homöopathie
Rheingoldplatz 3
68199 Mannheim



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