Entspannung – ein Baustein in der Therapie obstruktiver Atemwegserkrankungen

von Tanja Rommel-Sattler

Aus medizinischer Sicht gehören obstruktive Atemwegserkrankungen zu den chronischen Erkrankungen. Sie lassen sich als solche in Krankheitsbilder wie Migräne, Rheuma oder andere chronische Schmerzerkrankungen einreihen. So unterschiedlich diese Erkrankungen hinsichtlich ihrer Entstehung und körperlichen Symptome auch sein mögen, sie haben doch eines gemeinsam: für die betroffenen Menschen ist die Lebensqualität durch das meist als unberechenbar erlebte Auftreten von akuten Phasen stark beeinträchtigt. Die Menschen erleben somit einen ständigen Wechsel von Zeiten in denen es ihnen recht gut geht, in welchen sie aus ihrer Sicht von der Krankheit verschont werden und solchen, in denen es akut zu Beschwerden kommt, in denen die Krankheit also zuschlägt.

Beide, akute sowie nicht-akute Phase sind bei all diesen Erkrankungen aus psychologischer Sicht von starken Emotionen begleitet. Im Vordergrund des Anfalls steht meist ein Gefühl der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins. Damit einher gehen in unterschiedlichen Ausprägungen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten und oftmals auch unbewusst, Angst („Muss ich ersticken?“), Wut („Warum trifft es ausgerechnet mich?“) und Traurigkeit („Mir geht es so schlecht.“)

Diese Emotionen haben, wie man heute weiß, wiederum starke Rückwirkungen auf den Körper. Bei Angstgefühlen liegt zum Beispiel der allgemeine Muskeltonus sehr viel höher, als normal. Tatsächlich sind davon sogar die Blutgefässe betroffen. Es kommt zu einer stärkeren Vasokonstriktion, die die allgemeine Durchblutung erschwert. Man kennt das bei stark unter Stress und körperlicher Anspannung leidenden Menschen, die ständig kalte Gliedmassen haben.

Im Falle der obstruktiven Atemwegserkrankungen, wie Asthma und chronischer Bronchitis, stellt das Leitsymptom, die Beeinträchtigung der Atemfunktion, eine direkte Lebensbedrohung für den Betroffenen dar. Unnötig zu erklären, dass die Erfahrung, zu wenig Sauerstoff zu bekommen, mit Angst einhergeht. Aber auch die nicht-akuten Zeiten sind von Gefühlen begleitet: „Wann kommt der nächste Anfall“, „Wodurch wird er ausgelöst?“, „Gegen was bin ich allergisch?“, „Werde ich eines Tages daran sterben?“ könnten Fragen sein, die den Asthmatiker beschäftigen.

Seit den achtziger Jahren existieren Patientenschulungsprogramme, die neben der Behandlung der akuten Symptomatik, den Patienten über sein Leiden aufklären und ihm das Erlernen neuer Verhaltensmöglichkeiten eröffnen. Entspannungsverfahren sind häufig ein fester Bestandteil solcher Behandlungsprogramme.

Im folgenden Artikel sollen die Möglichkeit und Potenziale von gezielt erlernter Entspannung in der längerfristigen Behandlung obstruktiver Atemwegserkrankungen aufgezeigt werden.

Die Fähigkeit in jeder Lebenslage auf Entspannung umschalten zu können, ist den wenigsten Menschen in die Wiege gelegt. Im Laufe des Lebens ist es sogar so, dass vielen Menschen die Fähigkeit des Entspannens und zwar sowohl auf körperlicher, als auch auf psychischer Ebene einfach abhanden kommt. Manche haben es auch schlicht nie gelernt.

Genese eines Asthmaanfalls

Frau A. wird als Expertin für Umweltfragen zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Die Teilnehmer der Diskussionsrunde sind hochkarätige Wissenschaftler und Politiker, jeder in seinem Gebiet von der Fachwelt bekannt und anerkannt. Die Diskussionsrunde beginnt und Frau A. vertritt ihre Auffassung. Schnell stellt sich heraus, dass sie in dieser Runde mit ihren Vorstellungen recht alleine dasteht. Während die anderen Diskussionspartner sich in ihren Positionen nur unwesentlich unterscheiden, vertritt sie einen sehr innovativen und progressiven Standpunkt, der von den anderen Diskussionsteilnehmern allerdings nicht positiv gewertet wird. Schnell kommt sie ins Abseits der Gruppe und sieht sich zunehmend verbalen Angriffen ausgeliefert. Die Diskussionsrunde hat für ihr berufliches Weiterkommen einen großen Stellenwert und auch die Meinung der anwesenden Diskussionspartner ist für sie wichtig. Frau A. wird zunehmend kurzatmig, muss immer stärker husten. Es fällt ihr immer schwerer ihren Standpunkt klar zu vertreten. Das Atmen fällt ihr immer schwerer, bis sie schließlich tatsächlich verstummt und nur noch das Ende der Podiumsdiskussion herbeisehnt. Vor Empörung über die althergebrachten Ideen ihrer Diskussionspartner war ihr buchstäblich die Luft weggeblieben.

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Asthma und Entspannung – einige Studien

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Anschrift der Autorin
Tanja Rommel-Sattler



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