PHYTOFORUM

Sind Homöopathika und ätherische Öle kontraindiziert?

Von Peter Germann

Ein alter Streit zwischen Homöopathen und Phytotherapeuten entbrennt, wenn es um die Frage der gleichzeitigen Verabreichung von einem Homöopathikum und Pflanzeninhaltstoffen aus dem Bereich der ätherischen Öle kommt.

Ich höre oft in meiner Praxis, dass der Patient angibt, sein Behandler habe ihm bei der Verabreichung eines potenzierten Arzneimittels strikt untersagt, nebenher irgendwelche Präparate mit ätherischen Ölen anzuwenden. So sind häufig auch Zahnpasten als vermeintliche Antidote verboten.

Fragt man näher nach, warum das so sein muss, kommt oft die aus allen Wolken fallende Antwort, dass dies doch wohl hinreichend bekannt ist, dass Homöopathika und ätherische Öle sich nicht vertragen.

Wo kommt diese, oft kritiklos als Dogma übernommene Meinung her?

Sehen wir uns Hahnemanns “Organon der Heilkunst” an, so finden wir einzig und allein in den Anmerkungen zu § 260 Hinweise zu “Düften”.

Organon, § 259:

“Bei der so nöthigen als zweckmäßigen Kleinheit der Gaben, im homöopathischen Verfahren, ist es leicht begreiflich, dass in der Cur alles Uebrige aus der Diät und Lebensordnung entfernt werden müsse, was nur irgend arzneilich wirken könnte, damit die feine Gabe nicht durch fremdartig arzneiliche Reize überstimmt und verlöscht, oder auch nur gestört werde.”

Organon, § 260:

“Für chronisch Kranke ist daher die sorgfältige Aufsuchung solcher Hindernisse der Heilung um so nöthiger, da ihre Krankheit durch dergleichen Schädlichkeiten und anderer krankhaft wirkenden, oft unerkannte Fehler in der Lebensordnung gewöhnlich verschlimmert worden war.”

So weit sind dies klare Aussagen. Damit die homöopathische Gabe sich in ihrer Information, der “Kleinheit der Gabe”, entfalten kann, sollten alle anderen arzneilich wirkenden Stoffe, als auch Noxen aus Diätetik und Lebensführung, ferngehalten werden. Dies ist für den chronisch Erkrankten noch wichtiger, als bei der therapeutischen Gabe akuter Fälle.

Um diese Grundaussagen zu unterstützen, gibt Hahnemann poetisch in seinen Anmerkungen folgendes Gleichnis:

“Die sanftesten Flötentöne, die aus der Ferne, in stiller Mitternacht, ein weiches Herz zu überirdischen Gefühlen erheben und in religiöse Begeisterung hinschmelzen würden, werden unhörbar und vergeblich, unter fremdartigem Geschrei und Tages-Getöse.”

In der Anmerkung 193 zählt Hahnemann alle Faktoren aus Therapie, Diätetik, Genussmitteln und Lebensführungsgewohnheiten sowie zwischenmenschlichen Beziehungen auf, welche diese “sanftesten Flötentöne”, sprich das Homöopathikum, irritieren oder antidotrieren können:

“Kaffee, feiner chinesischer und anderer Kräuterthee; Biere mit arzneilichen, für den Zustand des Kranken unangemessenen Gewächssubstanzen angemacht, sogenannte feine, mit arzneilichen Gewürzen bereitete Liqueure, alle Arten Punsch, gewürzte Schokolade, Riechwasser und Parfümerieen mancher Art, stark duftende Blumen im Zimmer, aus Arzneien zusammengesetzte Zahnpulver und Zahnspiritus, Riechkisschen, hochgewürzte Speisen und Saucen, gewürztes Backwerk und Gefrorenes mit arzneilichem Stoff, z.B. Kaffee, Vanille u.s.w. bereitet, rohe, arzneiliche Kräuter aus Suppen, Gemüße von Kräutern, Wurzeln und Keimstengeln (wie Spargel mit langen grünen Spitzen), Hopfenkeime und alle Vegetabilien, welche Arzneikraft besitzen, Sellerie, Petersilie, Sauerampfer, Dragun, alle Zwiebel-Arten, u.s.w.; alter Käse und Thierspeisen, welche faulich sind, (Fleisch und Fett von Schweinen, Enten und Gänsen, oder allzu junges Kalbfleisch und saure Speisen; Salate aller Art), welche arzneiliche Nebenwirkungen haben, sind eben so sehr von Kranken dieser Art zu entfernen als jedes Uebermaß, selbst das des Zuckers und Kochsalzes, so wie geistige, nicht mit viel Wasser verdünnte Getränke; Stubenhitze, schafwollene Haut-Bekleidung, sitzende Lebensart in eingesperrter Stuben-Luft, oder öftere, bloß negative Bewegungen (durch Reiten, Fahren, Schaukeln), übermäßiges Kind-Säugen, langer Mittagschlaf im Liegen (in Betten), Lesen in wagerechter Lage, Nachtleben, Unreinlichkeit, unnatürliche Wohllust, Entnervung durch Lesen schlüpfriger Schriften, Onanism oder, sei es aus Aberglauben, sei es um Kind-Erzeugung in der Ehe zu verhüten, unvollkommner, oder ganz unterdrückter Beischlaf; Gegenstände des Zornes, des Grames, des Aergernisses, leidenschaftliches Spiel, übertriebene Anstrengung des Geistes und Körpers, vorzüglich gleich nach den Mahlzeiten; sumpfige Wohngegend und dumpfige Zimmer; karges Darben, u.s.w. Alle diese Dinge müssen möglichst vermieden oder entfernt werden, wenn die Heilung nicht gehindert oder gar unmöglich gemacht werden soll.

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Anschrift des Verfassers:
Peter Germann
Im Karrenberg 56
44329 Dortmund
www.phytaro.de
Das Gesundheitshaus Viriditas
PhyTaro-Heilpflanzenschule Dortmund



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Naturheilpraxis 09/2006