Die Heilkräfte der Bäume in der Überlieferung der Volksmedizin

Von Traudl Walden

Da der Baum in der Erde wurzelt, seine Zweige aber zum Himmel weisen, ist der Baum – wie der Mensch selbst – ein Abbild und ein Wesen zweier Welten und ein Vermittler zwischen Himmel und Erde. In der Volksmedizin waren bestimmte Bäume und Sträucher Wohnsitz von übernatürlichen Wesen wie Götter oder Elementarwesen, die verehrt wurden und deren Blätter und Früchte zum Wohle der Menschen dienten. Unsere Vorfahren kannten sich aus mit den Heilkräften der Natur und mit Balsam, Salben und Umschlägen, die sie aus den Blättern und reifen Früchten der Bäume herstellten.

Der Baum ist das Abbild des Kosmos

Seine Wurzeln sind die Erde, die Nahrung und Halt gewähren. Die Krone mit seinen Blättern und Blüten ist das gestirnte Firmament. Die Kraft der Perioden und Jahreszeiten sichern Wachstum, Reife und Ruhe – das macht den Baum zum Symbol des Lebens schlechthin. Der Baum ist aber auch Kommunikationsmittel zum Beispiel zwischen Gott und Menschen, zwischen Orakelstimme und Medium. Viele Göttergestalten haben ihren Baum erwählt: Zeus und Donar die Eiche, Athene den Ölbaum, Apollon den Lorbeer, Pan den Efeu und Odin waren Buche, Eiche, Ulme, Esche und Linde heilig. Orakelstäbe und Runenhölzer kündigten den Willen der Gottheiten an.

Dürre und abgestorbene Bäume wurden stehen gelassen, denn dort beginnt die Unterwelt. Der Übergang in die andere, die unbekannt Welt, beginnt an vermeintlich toten Bäumen. Oft bilden Schwämme an diesen Stümpfen regelrechte Treppchen, das ist der Weg in die andere Welt. Holzamulette waren weit verbreitet und oft Beigaben in Grabstätten. Unsere Volksmedizin kennt hauptsächlich die Hexenhölzer in Kreuzform, Rindenknoten und Birkenrindenkreuze. In vielerlei Form bestand auch magische Lebensbindung an den Baum. Mit der Geburt eines Kindes wurde ein Baum gepflanzt, mancherorts wurde die Nachgeburt mit den Wurzeln vergraben.

Von den Götter- und Weltenbäumen heraus entwickelten sich die Heilbäume. An Orten mit besonderer Kraft und an Klöstern entstanden regelrechte Wallfahrtsorte. Das Erlebnis Baum wurde übertragen in kleinste Teile wie Blätter, Samen oder Holzstücke, welche von den Pilgern und Gläubigen als Andenken mit nach Hause genommen werden konnten. Teils als Andenken, teils als Kraftträger des Ortes. Das Tragen solcher heilsgeladenen Stückchen hat sich bis in unsere Tage erhalten.

Vor allem wurde Maria als Lebensbaum angesehen, gesegnet vom Heiligen Geist, der als Frucht der Welt den Erlöser schenkte. Alte dörfliche Heiligtümer und Wallfahrtsorte haben oft die Tradition alter heiliger Bäume in die Mariensymbolik eingekleidet wie beispielsweise Maria-Dreieichen, Maria-Linden oder Maria-Birnbaum.

In jedem Land, in jeder Kultur finden wir unzählige Bräuche, die sich rund um den Baum bewegen. Bäume wurden schon immer als Zeichen und Ausdruck von Freude und Trauer gepflanzt. Immergrüne Bäume stehen an Friedhöfen als Zeichen der Unsterblichkeit. Viele Landstriche haben ihre eigene Baumverehrung, besonders in ländlichen Gegenden sind viele der alten Rituale erhalten. Brauchtum und Handhabung der Volksmedizin wurden im zehnbändigen Werk, im Handbuch des deutschen Aberglaubens niedergeschrieben – wobei Aberglauben für Andersglauben steht.

Die Birke (Betula pendula oder alba)

Die Buche (Fragus grandiflora)

Die Esche (Fraxinus exelsior oder omnus)

Die Lärche (Larix decidua oder Pinus Lasix)

Die Linde (Tilia platyphllos und ulmifolia)

Die Schlehe (Prunus spinosa)

Der Wacholder (Juniperus communis)

Der Walnussbaum und die welsche Nuss (Juglans regia)

Der Weißdorn (Crataegus oxyacantha und monogyna)

Quellennachweis und Büchertipps:
– Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, das zehnbändige Werk ist erschienen im Walter de Gruyter Verlag 2000, Herausgegeben von Hanns Bächtold-Stäubli unter Mitwirkung von Eduard Hoffmann-Krayer
– Baumheilkunde, Mythos und Magie der Bäume von Rene A. Strassmann, erschienen im AT-Verlag
– Mythologie der Bäume, Jacques Brosse erzählte auf spannende Weise vom Baum des Lebens und von der Weltenesche Yggdrasil
– Die Baum- und Strauchapotheke, ein Kosmos Naturführer über Bestimmung, Wirkung und Wohlbefinden von Ahornsirup bis Zedernholz, von den Autoren Alberts, Mullen und Sporn
– Blätter von Bäumen, Legenden, Mythen und Heilanwendung von einheimischen Bäumen, Susanne Fischer-Rizzi in Hochform
– Macht und Magie der Bäume, Gerd und Marlene Haerkötter beschreiben einheimische Baumarten in der Mythologie und in den Religionen der europäischen Völker, Eichborn Verlag

Unser Kursangebot finden Sie unter www.kurswerkstatt-fuer-naturheilweisen.de

Anschrift der Verfasserin:
Traudl Walden
Heilpraktikerin
85570 Markt Schwaben
Homepage: www.traudl-walden.de



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