Seelische Störungen und traditionelle Heilbehandlung in Ostafrika

von Barbara Stöckigt

Einleitung

“Fortschritt ist manchmal nur die Wiederaufnahme einer alten, schon abgetanen Idee. ...” 1
Dieser Gedanke drückt nur einen Grund aus, warum ich mich auf dem Weg nach Afrika machte, um als schulmedizinisch ausgebildete Ärztin mit Schwerpunkt Psychiatrie traditionelle HeilerInnen aufzusuchen und sie über ihre Heilkunst im Umgang mit seelischen Störungen zu befragen. Die Ergebnisse dieser Feldforschung werden in einer Dissertation zusammengefasst. Meine Forschung führte mich nach Ostafrika, genauer nach Kenia und Uganda, wo ich ein halbes Jahr verbrachte mit vielen bewegenden Begegnungen und Erlebnissen. In diesem Artikel möchte ich dem Leser von einigen Erfahrungen und der Bedeutung traditioneller Medizin in Ostafrika berichten.

Insbesondere die Ansichten von spirituellen HeilerInnen interessieren mich. In was für einer vielfältigen Welt wir doch leben! In der Schulmedizin gibt es erst gar nicht den Begriff des Spirituellen, man/frau kann diesen Aspekt oder Bereich demnach auch in keine Behandlung einbeziehen. In traditionellen Kulturen (so auch in Afrika) ist gerade die spirituelle Welt grundlegend für Gesundheit und Krankheit. Spiritualität nun aber als unwissenschaftlich, da nicht reproduzierbar und nicht quantifizierbar abzutun, fällt heutzutage zum Glück zunehmend schwer, dazu häufen sich unerklärbare und doch nicht übersehbare Phänomene in vielen Bereichen z.B. in der Quantenphysik und die Naturwissenschaft stößt an ihre Grenzen, wenn sie nicht bereit ist, diese zu öffnen.

In der medizinischen Behandlung ist das nicht anders. Insbesondere in der Schizophrenieforschung gibt es mannigfache Erklärungsmodelle mit daraus resultierenden Behandlungsmöglichkeiten. 2 Seit geraumer Zeit wird ein multifaktorielles Modell (in der Entstehung und Behandlung) favorisiert, welches auf biologischen, sozialen und psychologischen/psychotherapeutischen Säulen fußt. Warum nicht auch eine spirituelle Säule? Ellenberger schreibt: “...- oder bedeutet es vielmehr, dass die naturwissenschaftliche Methode sich als unzureichend erwiesen hat, um die Gesamtperson des Menschen zu erfassen, und dass sie durch andere Methoden ergänzt werden muss?” 1

Es gibt vielfache Berichte von Forschern, worin die Ähnlichkeiten von traditionellen Heilmethoden und westlicher Medizin dargestellt werden. 3 Von manchen Forschern werden große Ähnlichkeiten zwischen Schamanismus und psychoanalytischen Methoden festgestellt. 4 In traditionellen Heilbehandlungen konnten viele Methoden entdeckt werden, welche auch von der westlichen Psychologie und Medizin benutzt werden, z.B. Suggestion, Einbeziehung des Umfeldes, Ermutigung das Verhalten zu ändern, Psychodrama, Körperarbeit. 5 Die Frage in der Psychotherapie: “Was wirkt?” kann im kulturellen Kontext erweitert werden zu der Frage: “Was wirkt kulturübergreifend und was wirkt kulturimmanent?” Der Neurologe Dr. Reimers schreibt dazu: “Die Effektivität der Heilrituale beruht vor allem darauf, dass sie im Unterschied zu westlichen Therapieverfahren über alle Sinne wirken und den ganzen Menschen ansprechen. In schamanischen Heilritualen werden in Trance über die verwendeten universalen und kulturspezifischen Symbole und Mythen die psychischen Kräfte aktiviert, die zur Heilung des Erkrankten erforderlich sind und seine Körperphysiologie entsprechend positiv beeinflussen und modulieren. Es entsteht ein dynamischer Prozess, der von dem modernen fragmentierten Tages-Wachbewusstsein zu einer intensiven emotionalen Bindung zu sich selbst, zu den anderen und der Welt führt. Auch bei uns besteht ein starkes Bedürfnis (...) vor allem in Bereichen, die von der Schulmedizin und Psychotherapie nicht hinreichend abgedeckt werden.” 6

Traditionelle Medizin und Psychiatrie in Afrika

Das Bewusstsein

Spirituelle Heilung in Afrika

Persönliche Zusammenfassung und Ausblick

Institut für Ethnomedizin in München

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Literatur:
1 Ellenberger, H.F. (1985). Die Entdeckung des Unbewussten. Zürich: Diogenes
2 Heinz, A. (2002). Anthropologische und evolutionäre Modelle in der Schizophrenieforschung. Das transkulturelle Psychoforum Band 9. Berlin: Verlag für Wissenschaft und Bildung
3 Eliade, M. (2001). Schamanismus und archaische Ekstasetechnik. Frankfurt a. M.: Suhrkamp
4 Machleidt, W. (2003). Cultural Psychotherapy – are there Common Factors? In: Psychiatria et Neurologia Japonica. Annus 105, Numerus 5
5 Krippner, S., Villoldo, A. (1986). Heilen und Schamanismus. Dokumente anderer Wirklichkeiten. Basel: Sphinx
6 Gottschalk-Batschkus, Ch. E, Green, J. C. (2005) Der große Lebenskreis – Ethnotherapien im Kreislauf von Vergehen, Sein und Werden. München: Ethnomed – Institut für Ethnomedizin
7 WHO. www.who.int/en
8 Ndetei, D. M. (2004). Mental Health Services in East Africa – Research and Training – our tools and Vehicles to the Promise of Tomorrow. Key-Note Speech at 6th WPA Eastern Africa Regional Conference, Tanzania
9 Abbo, C. (2002). The Relevance of Traditional Medicine in Modern Clinical Psychiatry. In: Program&Abstact Book of the 4th WPA/UPA Regional Psychiatric Conference, Uganda
10 Ndetei, D. M., Muhangi, J. (1979). The Prevalance and Clinical Presentation of Psychiatric Illness in a Rural Setting in Kenya. In: British Journal of Psychiatry (135): 269-72
11 Ndetei, D. M., Vadher, A. (1984). A comparitive cross-cultural study of thefrequencies of halluciantio in schizophrenia. In: Acta Psychiatrica Scandinavica (70): 545-459
12 Dittrich, A. (1996). Ätiologie-unabhängige Strukturen veränderter Wachbewusstseins- zustände. Berlin: Verlag für Wissenschaft und Bildung
13 Scharfetter, Ch. (1990). Schizophrene Menschen. München: Psychologie Verlags Union Urban ( Schwarzenberg
14 Gemsemer, K. (1990). Psychose als Erscheinungsform eines kritisch veränderten Bewusstseins. In: Gestalttherapie. (1): 32-43
15 Dehnhardt, R. (2003). Schamanismus und Schizophrenie. Frankfurt a. M.: Peter Lang
16 Pfeiffer, W.M. (1994). Die Stellung des psychisch Kranken in anderen Kulturen. In: F.J. Illhardt, W. Effelsberg (Hrsg.), Medizin in multikultureller Herausforderung. Mainz: Gustav Fischer
17 Jung, C.G. (2001). Archetypen. München: dtv
18 Brockhaus Lexikon. (1988). München: dtv
19 Fedders, A., Salvadore, C. (1994). Peoples and Cultures of Kenya. Nairobi: Transafrica
20 Programmheft der Weltkonferenz der Ethnotherapien 2006, München: Institut für Ethnomedizin, www.institut-ethnomed.de

Anschrift der Verfasserin:
Barbara Stöckigt
Greifenhagener Str. 14
10437 Berlin
E-Mail: b.stoeckigt@web.de



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