Blätter für klassische Homöopathie

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie

Rezidivierende Zystitiden

Von Bettina Luck

Im September 2002 kam eine damals 19jährige Patientin wegen häufig wiederkehrender Infektionen der Harnwege in die Praxis.

Spontanbericht:

Die Zystitiden bestünden seit eineinhalb Jahren, zunächst sei innerhalb eines halben Jahres zweimal eine Zystitis aufgetreten. Im Verlauf des letzten Jahres habe sich dann eine deutliche Verschlimmerung des Leidens mit mindestens einer Zystitis pro Monat gezeigt, die jedes Mal antibiotisch behandelt worden sei. Sie trinke deshalb mindestens drei Liter täglich und achte sehr darauf, warm genug gekleidet zu sein. Aus Angst vor einer erneuten Erkältung der Harnwege sitze sie niemals, wie viele ihrer Altersgenossen, ohne Kissen auf dem Boden oder auf einer Mauer. Sie leide sehr unter den akuten Infektionen, obwohl die schlimmsten Beschwerden meist durch die Medikamente nach zwei Tagen gebessert würden. Sie lebe in ständiger Angst vor dem Wiederauftreten, finde das Leben so nicht mehr lebenswert. Vor zweieinhalb Jahren sei sie schon einmal bei einem Heilpraktiker-Homöopathen in Behandlung gewesen, damals wegen Infektanfälligkeit der oberen Atemwege und häufigen Anginen. Sie habe damals nicht mehr in die Schule gewollt und sich in die Krankheiten hineingesteigert.

Gelenkter Bericht:

Wie stellt sich die akute Zystitis dar?

Sie spüre bereits zwei Tage vorher, dass es wieder einmal soweit sei. Der Harndrang, obwohl noch nicht häufiger, werde dann irgendwie unangenehm. Nach wenigen Tagen käme es dann zu häufigem Harndrang und zu Schmerzen bei der Harnentleerung. Die Schmerzen entstünden am Ende der Entleerung, sie seien in der Harnröhre lokalisiert und würden zunächst stechend, später als brennend wahrgenommen. Der Harndrang bestünde auch noch nach dem Wasserlassen, dann kämen nur noch Tröpfchen, was ebenfalls schmerzhaft sei. Der Uringeruch sei übel, genauer könne sie dies nicht beschreiben. Sie wisse auch nicht ob der Urin in gesunden Tagen einen normalen Geruch habe, da sie ja fast ständig krank sei oder aber Medikamente dies beeinflussen würden.
Was könnte die Ursache Ihrer Beschwerden sein?

Anfangs vermutete sie als Ursache Schwimmengehen oder zu leichte Kleidung und deshalb kalte Füße, aber mittlerweile sei sie in diesen Dingen sehr vorsichtig und trotzdem gäbe es keine Ruhe.
Warum wollten Sie vor zweieinhalb Jahren nicht mehr in die Schule?
Sie hätte Angst vor den Abfragen gehabt, außerdem kein Interesse am Lernstoff. Die lustigen Schulkameraden nervten sie, sie habe sich von ihnen distanziert, weil sie nicht so tun wollte als wäre sie fröhlich.
Wie ist Ihr Gemüt heute?
Sie habe eine negative Lebenseinstellung, ihre trübe Stimmung werde durch schlechtes Wetter noch verstärkt. Die meisten Probleme habe sie mit Menschen ihres Alters, wenn sie auf diese zugehen müsse, sei sie ängstlich und unsicher. Sie möge es nicht, wenn im Kreise Jugendlicher über andere, nicht Anwesende hergezogen werde. Mit den Leuten die das täten, könne sie nicht befreundet sein. Die jungen Leute seien ihr einfach zu oberflächlich.
Bestehen weitere Ängste?
Angst vor Krankheiten, besonders vor Krebs.
Haben Sie Krebs oder Tod durch Krebs in der Familie oder bei anderen, nahe stehenden Personen erlebt?
Nein.

Welche homöopathischen Medikamente haben Sie damals wie eingenommen?
Es seien die Mittel Arsenicum album und Platina gewesen. Die Mittel seien in C-Potenzen verordnet worden, die Potenzhöhe kenne sie nicht. Die letzte Einnahme sei vor knapp zwei Jahren gewesen.

Befragung nach dem Kopf-zu-Fuß-Schema:

Befragung zur Kindheit:

Untersuchung/Inspektion/Beobachtung:

Fallanalyse:

Mittelwahl/ Begründung:

Verlauf:

Abschließende Gedanken:

Der hier dargestellte Fall zeigt einen beachtlicher Erfolg durch und für die Homöopathie: Ein rasches Abklingen der Blasenrezidive, ein Verschwinden des Kondyloms in überschaubarer Zeit sowie eine überraschende Besserung der Zunge. Und fast unbemerkt, da das Augenmerk besonders auf den körperlichen Beschwerden lag, hat sich auch der Gemütszustand der Patientin grundlegend gebessert: Aus einer Abiturientin, die nichts mit ihren Altersgenossen am Hut hatte, diese sogar fürchtete, wurde eine junge Frau, die sich nun zutraute, einmal genau diese Altersgruppe zu unterrichten. Ein Foto der Zunge habe ich damals bei aller Wichtigkeit der Dokumentation unserer Arbeit, aus Rücksicht auf meine Patientin nicht gemacht. Denn die Ausführlichkeit der Anamnese, für uns Therapeuten Routine, bedeutet für die Patienten häufig ein Offenlegen ihres Innersten und muss deshalb geschützt werden.

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Literatur:
Complete Repertory, in: ComRep-Computersoftware (Franz Simbürger, Eching).
Hahnemann, S.: Die chronischen Krankheiten, Bd. 1, Heidelberg (Haug-Verlag), 1982.
Hahnemann, S.: Organon der Heilkunst, 6. Aufl., Heidelberg (Haug-Verlag), 1996.
Jahr, G.H.G.: Ausführlicher Symptomenkodex, Hamburg (Bernd von der Lieth, Verlag für homöopathische Literatur), 1997.

Anschrift der Verfasserin:
Bettina Luck
Heilpraktikerin
Eichenweg 13
91080 Erlangen-Spardorf
E-Mail: bettina_luck@yahoo.de



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