INTERVIEW

Interview mit Dr. Teh-Fu Tan

Das Gespräch führte: Dr. Katrin Klose

Mit einem spannenden Seminar auf dem TCM-Kongress in Rothenburg faszinierte der dynamische Referent aus den USA auch hiesige Akupunkteure. Dr. Tan wurde für seine einzigartige Behandlungstechnik, die Balancemethode, berühmt und bringt nun sein Wissen auch nach Europa. Schon nach kurzer Zeit erreichten seine Lehrveranstaltungen weltweite Bekanntheit. Im folgenden Interview sprachen wir mit Dr. Tan über seinen Ausbildungsweg und seine faszinierende Behandlungsmethode.

Wie fanden sie Zugang zur chinesischen Medizin, wer waren war ihr erster Lehrer?

Dr. Tan:
Schon als kleines Kind beobachtete ich meinen Vater, wenn er Patienten behandelte. Wir lebten damals in Taiwan. Seit ich 7 Jahre alt war, schickte mich mein Vater in den Sommerferien zu verschiedenen Meistern der chinesischen Medizin. Ich lernte Pflanzenheilkunde, die Fünf Elemente, Zang Fu und die Meridiantheorie kennen. Diese Begegnungen waren Teil meiner Kindheit und sind immer ein Teil meines Lebens gewesen. Als ich 22 Jahre alt war, behandelte ich in einem Armeekrankenhaus täglich bis zu 40 Patienten. Ich behandelte unzählige Notfallpatienten und lernte dabei die Möglichkeiten der Akupunktur für die Akutbehandlung schätzen. Nach diesem freiwilligen Dienst beim Militär siedelte ich mit 25 in die USA über. Jetzt studierte ich die klassischen Texte. In unzähligen Stunden, die ich mit Selbststudium und Forschung verbrachte, entwickelte ich für meine Patienten eine effektive Behandlungsmethode.

Was hat sie motiviert, selbst zu lehren?

Dr. Tan:
Ich war sehr überrascht, dass in den USA die Akupunkteure so außerordentlich unzufrieden mit ihrer Arbeit waren, dass viele von ihnen ihre Tätigkeit aufgeben wollten. Die meisten dieser Therapeuten waren in westlichen Schulen ausgebildet worden, ich hatte jedoch einen anderen Weg genommen. Wenn man die klassische Diagnostik und Therapie mit Akupunktur versteht, kann man schon nach kürzester Zeit Behandlungserfolge erzielen. Mein Lieblingsspruch ist „Li Gan Jian Ying“, was übersetzt bedeutet „Wenn man einen Stab in der Sonne aufrichtet, dann wird augenblicklich sein Schatten sichtbar“. Und genau so lassen sich mit Akupunktur ganz unmittelbar Behandlungserfolge erzielen. Dieses Wissen wollte ich westlichen Therapeuten weitergeben und so begann ich, meine Arbeit in eigene Seminare einfließen zu lassen.

Wie haben sie sich in den Seminaren in Rothenburg gefühlt?

Dr. Tan:
In Rothenburg habe ich ausgesprochen offene, gut ausgebildete freundliche Kollegen erlebt. Ich habe das Gefühl, dass die Menschen dort flexibler und offener für neue Ideen sind.

Sie sind mit der Balancemethode berühmt geworden. Was mach diese Technik so einzigartig?

Dr. Tan:
Die meisten heute ausgebildeten Therapeuten werden überwiegend auf der Basis der Zang Fu-Diagnostik geschult. Das ist besonders hilfreich für die Therapie mit Kräuterextrakten, historisch wurde die Meridiantheorie jedoch als diagnostisches Werkzeug für die Planung von Akupunkturbehandlungen eingesetzt. Die Balancemethode nun besteht aus 5 Systemen, die sich auf der Meridiantheorie gründen. Die Balancemethode ist leicht verständlich und ich denke, dass meine Seminare deshalb so gut ankommen, weil die Teilnehmer nach Hause gehen und sofort selbst erfolgreich behandeln können. Plötzlich werden ihnen die Zusammenhänge zwischen den Meridianen, dem Yijing und dem Ba Gua klar.

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Das Gespräch führte:
Dr. Katrin Klose
Kurfürstendamm 214
D-10719 Berlin



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