Blätter für klassische Homöopathie

Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie

Verrucae vulgares und Ekzeme

Von Stefan Wegner

Vorwort der Redaktionsleitung

Der hier vorgestellte Behandlungsfall zeigt die Besonderheiten der homöopathischen Behandlung sogenannter Lokal-Krankheiten. Es wird die von Hahnemann in der 6. Auflage des Organon beschriebene Steigerung der Dosierung (Gabengröße) beispielhaft dargestellt. Ebenfalls zeigt dieser Beitrag, wie bedeutend für den therapeutischen Erfolg eine konsequente Therapieführung ist. Das Ende der Behandlung mit dem zuerst verordneten Arzneimittel zeigt sich hier nicht in einem leichten Wiederauftreten der bei Behandlungsbeginn anstehenden Symptome, was als Spätverschlimmerung bezeichnet wird (s. auch Organon, 6. Aufl., § 280), sondern in dem Auftreten neuer Symptome (vgl. Organon, 6. Aufl., §§ 180-184). Diese erfordern die Wahl eines neuen, auf die veränderte Symptomatik passenden Arzneimittels, wie im folgenden Fall dargestellt wird.

Spontanbericht

Am 26.04.2001 kam der zum damaligen Zeitpunkt 11 1/2 jährige Junge M. in Begleitung seiner Mutter in meine Sprechstunde. Der Hauptgrund für den Besuch waren hartnäckige Warzenansammlungen an Händen und Füßen, die schon länger als zwei Jahre bestanden und sich bei allen bisherigen Maßnahmen als behandlungsresistent erwiesen hatten. Die Warzen fanden sich hauptsächlich im Bereich der Nägel um die Nagelbetten herum und entlang der Nagelränder, zum Teil konfluierend, aber auch einzelstehend. Es gab auch einige hornige, erhabene Warzen an den Fingermittelgelenken und den Handrücken beider Hände, an den Füßen waren die Fußsohlen betroffen. Bis auf ein bisschen Brennen nach dem Sport, wenn der Junge geschwitzt hatte, verursachten die Warzen keine Schmerzen und kein Jucken, sie störten ihn hauptsächlich aus optischen Gründen und er wollte sie endlich wieder loswerden.

Im Verlauf der letzten zwei Jahre hatten folgende Behandlungsversuche stattgefunden:

• Anwendung von Thuja-Urtinktur bei sporadischer Anwendung, äußerlich örtlich, ohne Erfolg;

• operative Entfernung mit dem “scharfen Löffel” mit dem Resultat, dass bis auf eine einzelstehende Warze alle anderen gleich nach Abheilen der Haut wiederkamen;

• im vorigen Sommer wurden sie erfolglos “besprochen”;

• diverse Pflasteranwendungen erbrachten ebenfalls keinen Erfolg,

• und schließlich eine homöopathische “Kur” mit Luesinum D200, 5 Glob. per os, 1 x pro Woche über sieben Wochen lang (!), wonach einzelne Warzen “etwas glatter” geworden waren (das war vor ca. einem 3/4 Jahr).

Ein weiteres Problem war eine ekzematöse Hautstelle in der rechten Ellenbeuge, die seit ca. 6 Wochen bestand und die tagsüber öfter stark juckte. Ebenso juckte es ihn oft am Rücken. Seine Mutter berichtete, dass M. eine sehr trockene Haut habe, hauptsächlich in der kalten Jahreszeit, was sich da zum Beispiel an einer rauhen und trockenen Wangenhaut im Gesicht zeigen würde. Allerdings neige er seit zwei Sommern dazu, in der Leistenfalte zwischen Oberschenkel und Genitale eine Art flächigen Hautausschlag zu haben, der aussähe wie wundgescheuert. Im Zusammenhang damit erwähnte sie, dass schon der Kinderarzt im Jahr 1990, als M. noch kein Jahr alt war, wohl wegen entsprechender Hautirritationen den Verdacht auf eine Neurodermitis geäußert habe, Näheres könne sie aber dazu nicht mehr sagen.

Gelenkter Bericht / Indirekte Befragung

Körperliche Inspektion

Familienanamnese

Fallanalyse

Mittelwahl

Verordnung

Therapieverlauf

Nachwort

Dieser Bericht wurde beim Treffen eines Supervisionskreises vorgestellt und zeigt daher sehr ausführlich den Behandlungsverlauf sowie detaillierte Angaben zur Dosierung. An konstruktiver Kritik wurde folgende Ergänzung vorgenommen: Da der Patient ein junger, an sich gesunder Mensch war, hätte die Arznei von Anfang an z.B. täglich gegeben werden können, um einen schnelleren Heilungsverlauf zu erzielen. Als selbstkritische Anmerkung möchte ich abschließend hinzufügen, dass ich aus heutiger Sicht eine in Bezug auf Auswahl und Gewichtung veränderte bzw. verkürzte Repertorisation vornehmen würde. Bei einem doch relativ eng begrenzten Krankheitsgeschehen wie hier müsste mit wenigen, dafür sicheren Symptomen, die das Wesentliche des Falles beinhalten, genauso zum am besten passenden homöopathischen Arzneimittel gefunden werden. Richtungsweisend wären in diesem Fall die Warzen an sich, ihre Beschreibung als hornig und hart, die trockene Haut, der Herpes und als besondere Lokalisation das Auftreten der Warzen um die Nägel herum. So würde man mit 5 Symptomen ebenfalls zu Causticum gelangen.

Literaturnachweis:
Grimm, A.: Causticum: Ätzstoff oder Phantasieprodukt?, in: KH 33 (1989), S. 47-57.
Hahnemann, S.: Organon der Heilkunst, 6. Auflage, Heidelberg: Haug-Verlag, 1996.
Hahnemann, S.: Die chronischen Krankheiten, Bd 1, 3, 5. Nachdruck; Heidelberg: Haug-Verlag, 1991.
Jahr, G. H. G.: Ausführliche Arzneimittellehre, Bd 1-2, vergröß. Nachdruck der Ausgabe 1848; Hamburg: Bernd von der Lieth Verlag, 1997.
Kent, J. T.: Repertorium der homöopathischen Arzneimittel, Bd 1-3; 12. Auflage; Heidelberg: Haug-Verlag, 1991.
Mezger, J.: Gesichtete homöopathische Arzneimittellehre, Bd 1-2; 1. Nachdruck der 11. Auflage 1995; Heidelberg: Haug-Verlag, 1999.
Morrison, R.: Handbuch der homöopathischen Leitsymptome und Bestätigungssymptome; 1. Aufl.; Groß Wittensee: Kai-Kröger-Verlag, 1995.
Nash, E. B.: Leitsymptome in der homöopathischen Therapie; Taschenausgabe, 19. Auflage; Stuttgart: Haug-Verlag, 2001.
Phatak, S. R.: Homöopathische Arzneimittellehre; übersetzt u. bearbeitet von Frank Seiß; Göttingen: Burgdorf Verlag, 1999.
PC-Repertorisationsprogramm ComRep ML 2 (Franz Simbürger, Eching).

Anschrift des Verfassers:
Stephan Wegner
Heilpraktiker
Sindelfinger Str. 47
72070 Tübingen
Tel. 07071 – 420 29
E-Mail: steweg@web.de



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