UMWELT

20 Jahre nach Tschernobyl

Die notleidende Bevölkerung von Belarus zwischen kollektiver Angstneurose und Strahlenschäden

Von Jens Bielenberg

Einleitung

Die Katastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986 liegt 20 Jahre zurück. Damals hielt die Welt den Atem an. Erst nach Tagen gelang es Rettungsmannschaften, in dramatischen Einsätzen den Brand im Reaktorkern zu lösen und mit Hilfe von Blei und mehreren hunderttausend Tonnen Beton den zerstörten Reaktor zuzudecken. Von den bis dahin ausgetretenen 50 Tonnen radioaktiven Staubes sind 140.000 Quadratmeilen vor allem mit radioaktiven Jod- und Cäsiumnukliden kontaminiert worden; davon betroffen 4,9 Millionen Menschen und darunter etwa 500.000 Kinder. Die Auswirkungen der Reaktorkatastrophe werden auch 20 Jahre nach der Katastrophe sehr kontrovers diskutiert. Konsens herrscht darüber, dass mindestens 1800 Kinder und Jugendliche in den am stärksten belasteten Gebieten von Belarus aufgrund der Reaktorkatastrophe an Schilddrüsenkrebs erkrankt sind.

Was war geschehen?

Durch menschliches Fehlverhalten geriet der Reaktor außer Kontrolle. Innerhalb von Minuten stieg die Wärmeleistung des Reaktors auf das Hundertfache der Nennleistung an. Infolge extremer Hitzeentwicklung im Bereich der Brennelemente und durch Explosion kam es zum Schmelzen und Herausschleudern von Reaktorbrennstoff und von Spaltprodukten. Teile davon gelangten in geschmolzenem und fein verteiltem Zustand über die Feuersäule in die Atmosphäre und wurden mit dem Wind davongetragen und verteilt. Hartnäckig halten sich die Meldungen, dass die radioaktive Wolke, die auf Moskau zudriftete, im bevölkerungsarmen Weißrussland künstlich zum Abregnen gebracht wurde. Die Bevölkerung wurde zu den 1.-Mai-Kundgebungen geschickt bis durch ausländische Medien die ersten Informationen über die Katastrophe durchsickerten. Das Leben der Menschen in den radioaktiv verseuchten Gebieten von Weißrussland hat sich seither grundlegend für viele weitere Generationen geändert. In den Kindern waren Lebensfreude, Optimismus und Unbeschwertheit verdrängt worden durch Angst, Zweifel und Lethargie. Die Umsiedelungen von mehr als 350.000 Menschen aus den radioaktiv verseuchten Gebieten wurde von vielen als traumatische Erfahrung erlebt. Ein 600 Seiten umfassender Mammut-Bericht “Tschernobyls Vermächtnis: Die gesundheitlichen, ökologischen und sozioökonomischen Folgen” des Tschernobyl-Forums aus Hunderten von Wissenschaftlern, Wirtschafts- und Gesundheitsexperten sowie Vertretern der Weltbank, Belarus, Russland und der Ukraine legte im September 2005 die Folgen des größten Atomunfalls der Geschichte über die letzten 20 Jahre dar. Das Forum besteht aus 8 Spezialorganisationern der UNO, darunter die internationale Atomenergie-Organisation (IAEO), die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP). Dieser Bericht kommt zu dem Schluss, dass die Tschernobyl-Katastrophe insgesamt schätzungsweise 4000 Menschenleben fordern wird. Bis Mitte 2005 sollen etwa 50 Personen den direkten Folgen der Strahlenexposition erlegen sein. Dieser Bericht stößt jedoch bei unabhängigen Tschernobyl-Experten, Umweltorganisationen und Tschernobyl-Hilfsorganisationen auf heftige Kritik. Der Bericht verharmlose die Ausmaße der Reaktorkatastrophe

Vor 20 Jahren:

Der Alltag der Menschen in Weißrussland

Das Leben mit der Strahlung

Die Sorgen der Menschen in Tscherikow (Belarus) nach der Reaktorkatastrophe

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Anschrift des Verfassers:
Jens Bielenberg
Raphael-Apotheke
Bahnhofstr.53
25364 Westerhorn



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