FACHFORUM

Das Märchen vom Kamillentee

von Ernst-Albert Meyer

“Die Echte Kamille (Matricaria recutita L.) ist bei Therapeuten und Verbrauchern gleichermaßen beliebt und gehört zu den weltweit am häufigsten verwendeten Heilpflanzen. So wurde die Kamille als Arzneipflanze in alle offiziellen Arzneibücher dieser Welt aufgenommen. Die Anwendung der Kamillenblüten erfolgt meist als Tee. Doch leider ist der therapeutische Effekt des Kamillentees häufig unbefriedigend. Schuld daran ist – wie wissenschaftliche Untersuchungen belegen – die „Arzneiform Tee.“

Wichtige lipophile Inhaltsstoffe fehlen im Tee!

Die Berichte über die mangelnde Wirksamkeit des Kamillentees lassen sich erklären: Im Aufguss fehlen wirksamkeitsrelevante Kamilleninhaltsstoffe oder sind nur in Spuren enthalten. Denn bei der Zubereitung als Tee gehen wichtige fettlösliche Inhaltsstoffe, wie z. B. das Kamillenöl mit den pharmakologisch wichtigen Bestandteilen Levomenol und Matricin nur in unzureichender Menge in den Tee über. Die Tabelle gibt einen Überblick über die lipophilen und hydrophilen Wirkstoffe der Kamillenblüten und ihre pharmakologischen Eigenschaften. Vor allem das Levomenol (früher Alpha-Bisabolol) ist – laut neuen Forschungsergebnissen – für die Wirksamkeit bei Magenschleimhautentzündung und Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren wegen seines ulkusprotektiven Effektes von größter Wichtigkeit. Es fördert die endogene Prostaglandinproduktion und verstärkt damit die Barriere der Magenschleimhaut gegen ulzerogene Einflüsse. Außerdem reduziert Levomenol konzentrationsabhängig die proteololytische Aktivität von Pepsin und hemmt auch die Pepsinsekretion im Magen. Aus dem Mangel an Levomenol resultiert ein deutlicher Wirksamkeitsverlust beim Kamillentee, vor allem bei Magen-Darm-Erkrankungen. Bei der Zubereitung als Tee verbleibt die Hauptmenge der fettlöslichen Inhaltsstoffe im extrahierten Drogenrückstand. So sind im wässrigen Aufguss vor allem die spasmolytisch wirkenden Flavonoide (besonders Apigenin-7-glucosid) und Schleimstoffe vorhanden. Die Konzentration an ätherischem Öl liegt im Tee nur bei maximal 0,02 Prozent.

Welche therapeutischen Alternativen gibt es?

Auf hohes Droge-Extrakt-Verhältnis achten!

Kamillen-Präparate – sofort gebrauchsfähig und vielseitig anwendbar!

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Anschrift des Verfassers:
Ernst-Albert Meyer
Fachapotheker für Offizin-Pharmazie und Medizinjournalist
Hesselbarthstr. 4
59555 Lippstadt



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Naturheilpraxis 05/2006