Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

Yi Lun

Wenn einer eine Reise tut

Im Herbst 2005 reisten einige Mitglieder des Vorstandes der AGTCM – teilweise erstmals – nach China. Anlass dazu war u.a. der vorjährige Vorstandswechsel.

Trotz der großen Skepsis, mit der wir die Reise antraten, waren wir alle restlos begeistert.
Es herrscht eine wahnsinnige Aufbruchstimmung in den Städten, alles scheint in Bewegung zu sein, und das ist natürlich besonders beeindruckend bei diesen riesigen Menschenmassen.

Auch die Größe der Städte und besonders die Größe der Alleen und Autostraßen, die wiederum auch sehr an amerikanische Großstädte erinnern, ist beeindruckend.

Gleichzeitig ist der Mix aus östlicher Lebens- und Alltagskultur und eine vollkommene Amerikanisierung bzw. Verwestlichung zu beobachten. Einkaufen und Einkaufsstraßen haben sehr große Bedeutung. Überall blinkt es, tönt es und glänzt es aus den Schaufenstern, und die Show geht von morgens bis spät abends. Selbst vor der Verbotenen Stadt macht dieser Rummel nicht Halt: Mitten im dritten Hof gab es einen Imbiss-Stand und einen Starbucks-Coffeshop, in dem es zu europäischen Preisen, also ziemlich teuer, den genau gleich schmeckenden Kaffee wie überall auf der Welt bei Starbucks gibt.

Politisch interessant war in Beijing der Besuch bei der WFAS: World Federations of Acupuncture and Moxibustion Societies. Ihre Vertreter hießen uns herzlich willkommen. Wir sprachen die Problematik der Kräuterdiskussion in der Europäischen Union an und konnten dabei erkennen, dass ihnen diese sehr bewusst ist. Da es sich um einen interessanten Wachstumsmarkt handelt, versucht man, über den Chinesischen Staat Einfluss zu nehmen.

Chengdu, eine „kleine“ Stadt von 9 Millionen Einwohnern ist auf ihre Weise schön und beindruckend. Im Gegensatz zu Beijing mutet sie jedoch etwas provinzieller an.

Schon im Vorfeld waren verschiedene Gesprächstermine und Meetings vereinbart worden, und hier zahlen sich die alten, schon lang bestehenden Kontakte mit der TCM-Universität von Chengdu besonders positiv aus, so dass wir von den Vertreterinnen des Wei Ban, dem Außenministerium der Universität, herzlichst empfangen und betreut wurden.

An dieser Universität, die eine von 30 TCM-Universtäten Chinas ist, studieren ca. 15.000 TCM-Studenten. In der Stadt verfügt die Universität über einen alten Campus und ein neuer großer für Studenten der Kräutermedizin liegt etwas außerhalb der Stadt. Gegenwärtig wird ein weiterer Campus gebaut, der Platz für ca. 30.000 Studenten bieten soll. In der Stadt ist der Universität ein 17-stöckiges Krankenhaus für stationäre Behandlungen und ein 5-stöckiges für ambulante Behandlungen angegliedert.

Uns ist besonders positiv aufgefallen, dass die neue und junge Generation der Professorinnen und Professoren aufgeschlossen und diskussionsbereit ist. Diese vierzig- bis fünfzigjährigen Ärzte sind modern, nach außen gerichtet, und vor allem sind sie es gewohnt, mit Menschen aus dem Westen Kontakt zu haben, das heißt, sie sind es gewohnt, Fragen gestellt zu bekommen und verstehen auch, dass unsere Studenten, wenn sie nach China kommen, schon eine gute Basis an TCM-Wissen haben und nicht bei Yin und Yang anfangen wollen. Dieses konnten wir auch den offiziellen Stellen der Universität vermitteln, so dass wir sicher sein können, dass wir Ausbilder für spezifische Fachgebiete bekommen und dazu auch noch gute Dolmetscher.

In den offenen Gesprächen mit den ProfessorInnen wurde von diesen angemerkt, dass wir zwar sehr gut ausgebildete Schüler haben, die auch wirklich sehr lernwillig sind, dass man aber doch ein wenig die Ausbildung in den Klassikern vermisst. Gerade bei den Kräuter-Ausbildern ist daher eine spezifischere Vorbereitung unsererseits nötig, und wir werden versuchen diese anzubieten.

Es hat uns persönlich außerordentlich begeistert, dass die TCM-Universität von Chengdu einen großen Wert auf die Klassiker und auf die traditionelle Art der Chinesische Medizin legt. Uns wurde vermittelt, dass sie in uns einen willkommenen Verbündeten sehen, da die anderen TCM-Universitäten diese Aspekte sehr vernachlässigen und eher westliche Ansätze verfolgen. So gehen die alten Traditionen nach und nach verloren, was sehr bedauert wird. Man könnte fast behaupten, dass die AGTCM anfängt, das Reservoir für Traditionelle Chinesische Medizin zu werden.

Insgesamt waren wir alle sehr von China und besonders von Chengdu begeistert, und wir sind überzeugt, dass ein Besuch der dortigen Universität für unsere Schüler eine große Bereicherung darstellen könnte, besonders jetzt, da wir versuchen werden, die Studenten noch spezifischer auf die Besuche vorzubereiten und sie dort noch ausgewähltere Ausbilder bekommen können.

Nils von Below, 1.Vorsitzender der AGTCM
Birgit Ziegler, 2. Vorsitzende der AGTCM



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