Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

Die Einheit von Denken und Üben erfahren: Zu den geistigen Wurzeln von Taijiquan und Qigong finden

von Henrik Jäger

Die Übungswege des Qigong und des Taijiquan haben (so wie die TCM) ihre geistigen Wurzeln im Daoismus, deswegen kann ein intensives Weiter-Denken daoistischer Gedanken helfen, den Zusammenhang zwischen diesem geistigen Weltentwurf und seinen konkreten Umsetzungsformen besser zu verstehen. Diese Gedanken findet man in literarisch und philosophisch höchst entwickelter Form im Werk des Philosophen Zhuangzi (lies Dschuang-dse, 4./3.Jh.v.Chr.). Aus diesem Grund steht in diesem Workshop die intensive Lektüre, (das „Garlesen“ – shoudu) seiner Texte im Vordergrund.

Fragt man, nach dem Kernanliegen des Zhuangzi, so liegt die Überschrift des 3. Kapitels nahe: „Das Geheimnis der Pflege des Lebens“. Das „wahre Buch vom südlichen Blütenland“, wie Zhuangzi’s Werk in China genannt wird, geht der Frage nach, was das Leben als Leben wertvoll macht und wie man diesen Wert spürbar machen und im eigenen Sein entfalten kann. Hierbei geht es nicht um eine Lehre oder eine Ideologie, vielmehr macht Zhuangzi mit Hilfe von Gleichnissen und Metaphern anschaulich, wie die „normale“, von gesellschaftlichen Zwängen und utilitaristischen Prinzipien geprägte Sichtweise auf das Leben geweitet und verwandelt werden kann. Eine der wichtigsten „Kunstgriffe“ einer solchen Weitung des Blickfeldes ist das Spiel mit dem Gegensatz von Wirklichkeit und Traum. Das Gleichnis, für das Zhuangzi in ganz Ostasien berühmt ist, ist der Schmetterlingstraum:

Einst träumte Zhuang Zhou (d. i. Zhuangzi), ein Schmetterling zu sein, quicklebendig, der beschwingt umherflatterte und freudig seinen Regungen folgt. Dabei wusste er nicht, dass er Zhuang Zhou war. Plötzlich wurde er wach; da war er Zhuang Zhou – ganz eindeutig nur dieser. Nun weiß man nicht, ob es Zhuang Zhou war, der geträumt hat, er sei ein Schmetterling, oder ob es ein Schmetterling war, der geträumt hat, er sei Zhuang. Es gibt aber gewiss zwischen Zhuang Zhou und einem Schmetterling einen Unterschied. Dies ist damit gemeint, wenn gesagt wird: „Die Wesen unterliegen dem Wandel“.

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Verfasser:
Dr. Henrik Jäger
Trier
Kontaktadresse: www.henrikjaeger.de



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Naturheilpraxis 01/2006