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Naturheilpraxis 01/2006
Über zwölf Kilometer windet sich der heilige Fluss Yaracuy nahe der Orte Chivacoa und Sorte in Nordvenezuela in einer tropischen Vegetation den Berg hinab, ein Naturheiligtum und eine Pilgerstätte. Es gibt unzählige kleine Wasserfälle über rund geschliffene Felsbrocken unter denen sich oftmals kreisrunde Aushöhlungen mit kristallklarem Wasser gebildet haben, in denen die Pilger baden. In den Nischen darüber finden sich allenthalben Heiligenbilder, brennende Kerzen, Gläser mit Wein, brennende Räucherstoffe.
Kerzenrituale
Die Pilgergruppen sehen zu, während einer von ihnen das reinigende Bad nimmt oder bei einer “Bekerzung” mit Essenzen übergossen wird. An den Feiertagen sind die über den ganzen Berg verteilten steinernen Altäre, die portales, derart von Pilgergruppen überfüllt, dass sich lange Wartezeiten ergeben. Nachdem der Altar gründlich gereinigt wurde, beginnen die bancos, Medien, welche die Gruppen anführen, mit den Opfern. Dazu gehört zuerst das Aufstellen von Kerzen und der Rauch aus dicken Zigarren, den puros. Dem Rauch dieses reinen Tabaks, der um ein vielfaches intensiver schmeckt als derjenige der stärksten Havanna-Zigarre, wird der Effekt zugeschrieben, das Bewusstsein auf eine “feinere Ebene” zu heben. Dieser Effekt wird verstärkt durch Räucherstoffe (sahumerios) und aromatische Essenzen sowie Mischungen aus Zuckerrohrschnaps, Rum und Wein, die über Altar und Körper gegossen werden.
Die Begriffe, mit denen mir mein Begleiter Juan, der sich noch in der Ausbildung zum banco (span: Bank, im Sinne von Sitzplatz für die Geister) befindet, die Eigenschaften der Medien beschreibt entstammen dem Mesmerismus, dem Spiritismus des Franzosen Allan Kardec und der Yoga-Philosophie. Jeder habe angeborene magnetische Frequenzen erklärt mir Juan, die mit dem Funktionieren des Drüsensystems zu tun haben. Die Medien seien gute Rezeptoren für die Schwingungen von Seelen Verstorbener, denen sie ihren Körper für einen Transport leihen und in diesem Zustand alle Eigenschaften dieser Seele annähmen. Das alles sei sehr gefährlich, weshalb man streng darauf achte, dass der Ort gründlich gereinigt sei und dass während eines solchen Transportes niemand der Anwesenden Arme oder Beine überkreuze, da es dann zu Kurzschlüssen kommen könne. Für die Medien gebe es günstige Tage wie Dienstag und Donnerstag, um Kontakt herzustellen, sie müssten vorher eine Diät einhalten und sich des Geschlechtsverkehrs enthalten. Ihre heilerischen Fähigkeiten umfassten letztlich das ganze Gebiet der Wahrsagerei, der parapsychologischer Erscheinungen bis hin zu mentalen Operationen. Wer als Wahrsager und Magier arbeite, befinde sich auf der ersten Stufe mit planetarischen Vibrationen und 24 Gesetzen, – was immer dies bedeuten sollte.
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Anschrift des Verfassers:
Dr. Walter Andritzky
Psychologische Praxis
Kopernikusstr. 55
40225 Düsseldorf
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