Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V.

Stressbewältigung mit Kalligraphie

von Petra Hinterthür

Ein kurzer geschichtlicher Überblick

Ein einziger Pinselstrich kann alles zum Ausdruck bringen: die Gegenwärtigkeit der Person, die ihn ausführt, äußere und innere Haltung, Achtsamkeit von Körper und Geist, Bewusstsein und Intuition, Kontrolle und Kreativität, Kraft und Fluss des Qi.

Die chinesische Schrift ist eine der ältesten Schriften der Welt. Der älteste Tuschestein soll aus der neolithischen Yangshao Kultur vor etwa 6000 Jahren v. Chr. aus der Inneren Mongolei stammen. Die ersten kalligraphischen Funde sind in Tonscherben eingeritzte Symbole aus der Zeit vor 4.800 v. Chr., die in der alten Kaiserstadt Xian ausgegraben wurden. Im 17. Jh. v. Chr. wurden abstrakt-bildhafte Zeichen in Schildkrötenpanzer oder große, flache Tierknochen (z.B. Schulterblätter) geritzt, später auch in Bambus- oder Holzstücke, die für Orakeldeutungen und Opferzeremonien verwendet wurden. Im 11. Jh. v. Chr. entstand dann die Bronzeschrift. Die Piktogramme wurden in große bronzene Ritualgefäße geritzt. Zu der Zeit gab es schon etwa 6000 Bild-Zeichen. Ab dem 3. Jh. v. Chr., nach der Vereinigung Chinas durch den Kaiser Qinshihuangdi, entstanden über die Jahrhunderte die Kleine und Große Siegelschrift (auch kleine und große Stempel genannt), die offizielle (li shu), reguläre (kai shu), halbkursive (xing shu) und kursive (cao shu) Schreibschrift. Seit der Erfindung des Papiers ab dem 2.Jh. n. Chr. (spätere Han Zeit) wurde immer mehr geschrieben, und die Kalligraphie entwickelte sich zu einer der höchstangesehenen Kunstformen in der kulturell gebildeten Gesellschaftsschicht Chinas.

Die Schönschrift durchdrang die Geschichte der Literatur, Poesie, Malerei und der Volksweisheit. Wer schön und ausdrucksstark schreiben konnte, galt intellektuell und ethisch als gebildet und wurde gesellschaftlich geachtet. Der Überlieferung nach übten sich alle großartigen, genial-charismatischen Staatsmänner (von Frauen war so gut wie nie die Rede), Maler, Dichter, Schriftsteller, Philosophen und Weise in der Kunst des Schönschreibens und in Energie-Praktiken wie Qigong, Meditation oder Kampfkunst. So einige vertieften sich auch in der regelmäßigen Praxis des Weintrinkens. Der größte Kalligraph Chinas, der dem Wein immer sehr zugesprochen haben soll und der berühmt war für seine Schreib- und Trinkwettbewerbe, Wang Xi Zhi (321–379 n.Chr.), beschrieb einmal in seinem Werk „Die Strategie der Schreibkunst der Dame Wei“, wie schwierig es sei, diese Kunst des Schreibens zu erlernen und zu vervollkommnen. Dort heißt es: Das Blatt Papier ist das Schlachtfeld; der Pinsel ist Lanze und Schwert; die Tusche der Kopf, der Oberbefehlshaber; Fähigkeit und Geschicklichkeit sind deine Leutnants, während die Komposition der Strategie entspricht. Sobald du den Pinsel in die Hand nimmst, entscheidet sich das Schicksal der Schlacht: Die Tupfer, die Striche, das sind die Befehle der Kommandanten; die Bögen und Häkchen sind die „tödlichen Schläge“. Das klingt nach einer blutigen Schlacht aber in der Tat: Man schlägt sich im wahrsten Sinnes des Worte im jahrelangen endlosen Kopieren alter oder auch neuerer Zeichen mit all seinen inneren Widerständen, seiner Ungeduld, Unlust und Unfähigkeit herum, die Dinge, sprich „Dein gesetztes Zeichen“, einfach so zu akzeptieren, wie sie sind. Ein kalligraphisches Zeichen ist nicht korrigierbar.

Zuerst schrieben die Chinesen mit Holz- oder Bambusstäbchen, mit zugespitzten Steinen, Jademessern oder kleinen Bronzestäbchen. Dann wurden Pinsel kreiert. Der Pinsel mutierte zu einem Kunstwerk und gehörte zusammen mit dem Tusche-Reibestein, dem Papier und der gepressten Tusche zu den 4 Schätzen des Gelehrten. Die Pinsel wurden aus edelsten Materialien hergestellt und mit erlesenen Schnitzereien verziert.

Die Bedeutung der „Innenschau“ und der inneren Kraft, dem innewohnenden Qi

Kurze Kursbeschreibung

Kurse und Vorträge zu diesem Thema: Petra Hinterthür

...

Anschrift der Verfaserin:
Petra Hinterthür
Dipl-Qigong-Lehrerin/-Ausbilderin, Heilpraktikerin für trad. chin. Medizin (TCM)
Rellinger Str. 43
20257 Hamburg/Germany
Tel: 0049 - 40 - 85 65 64
Fax: 0049 - 40 - 8565 19
E-Mail: lotusbluete@petra-hinterthuer.de



weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis 12/2005

Naturheilpraxis 12/2005