FACHFORUM

Heilkräftige Kastanien – Baum des Jahres 2005

von Peter Germann
Eine richtige Kastanienstadt habe ich schon lange nicht mehr gesehen; das fällt mir ein, so oft ich in der Nachbarschaft einmal hier oder dort eine einzelne schöne Rosskastanie stehen sehe, oder mit Bedauern, in manchen Dörfern die schäbigen kleinen Gartenwirtschaftskastanien wahrnehme.
Wenn die wüssten, wie Kastanien aussehen können!
Wie mächtig sie dastehen, wie üppig sie blühen, wie tief sie rauschen, wie satte volle Schatten sie werfen, wie sie im Sommer von ungeheurer Fülle schwellen und wie im Herbst ihr goldbraunes Laub so dick und weichmassig liegt!
Hermann Hesse, 1904

Geheimnisvoller Baum

Der Geist in den Bäumen beschäftigt die Menschheit, seit dem sie sich mit den mystischen Beziehungen der sichtbaren und unsichtbaren Welt auseinander gesetzt hat. Wir nehmen in einer kleinen, benennbaren Nanometer Bandbreite optisch wahr, des Gleichen akustisch in genau definierbarer Hertzzahl. Unser Tastsinn vervollständigt diese Eindrücke, ebenso die Möglichkeit des Riechens und Schmeckens. Eine unbewusste Steuerung erfahren wir noch über das VNO (Vomero- Nasales- oder Jacobson-Organ) und aus diesen Informationen setzt sich unser Weltbild zusammen, bestätigt durch die Abspeicherungen bisheriger Erfahrungen. Verglichen mit den Wahrnehmungsmöglichkeiten der Fledermaus oder gar der Fülle der Daten, die sich auf der nach beiden Seiten ausbreitenden Geraden befinden, auf der die kleinen Bereiche von Nanometer und Hertzfrequenz nur einen winzigen Ausschnitt darstellen, ist unsere Erkenntnis der Gesamtheit wahrlich beschränkt.

So tun wir uns mit Fein- und Grobstofflichkeit, physikalisch nur eine mehr oder weniger starke Verdichtung, oft schwer. Dies ist auch der Grund, warum die Wissenschaft, entstanden aus der Benennbarkeit unserer beschränkten Eindrücke, informative Therapieverfahren immer noch belächelt.

Ich habe vor Kurzem in der Zeitung gelesen, dass der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft an “Globuli und insbesondere an die Hochpotenzen” nicht glaubt und die homöopathischen Erfolge alle in den Bereich des Placebo-Effektes ansiedelt. Was für ein beschränkt philosophisches Weltbild! Ist die Kuh eventuell noch auf ihr wahrnehmbares Umfeldbild angewiesen, haben die Menschen die Möglichkeit, mit ihrem Geist zu hinterfragen und andere Wahrnehmungsebenen zu beschreiten.

In der Mystik, entstanden aus dem Lateinischen “mysticus” und dem Griechischen “mysticos”, was soviel wie geheim, geheimnisvoll oder zu den Mysterien gehörend bedeutet, hat der Baum einen hohen Stellenwert.

In der Schöpfungsgeschichte taucht der Baum des Lebens und der Erkenntnis auf, Jesus ist an “das Holz geschlagen” worden und Buddha erlangte Erleuchtung unter einem Baum. Im nordischen Mythos der Edda tritt die Weltenesche Yggdrasil auf, an deren Fuß der Drache Nidhöggr haust und im Griechischen heißt der Lebensbaum Hermesstab oder Kaduzeus, den Merkur von Apollo, dem Sonnengott, empfing. Pallas Athene schenkte den Menschen, von Zeus mit dem höchsten Stellenwert belegt, die Olive.

Der Baumgeist erreicht in Tolkins “Herr der Ringe” den Status eines eigenen, lebendigen Wesens, dem Ent.
All zu oft ist der Mensch aber auch der Feind der Wälder. So baten in alten Kulturen die Waldarbeiter den Baum um Vergebung, bevor sie ihn fällten und gaben dem Baumfaun auch die Zeit zum Umzug zu einem jungen Exemplar in der Nähe. Dies alles galt der Erfurcht vor der Natur und der Bewahrung der Artenvielfalt. Sehen wir heute, wie in den eigenen Städten mit alten Alleen oder aus reinem Profit mit den Regenwäldern umgegangen wird, dann ist von dieser alten, lebenswichtigen Philosophie nicht mehr viel übrig geblieben.

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Literatur:
Hermann Hesse Bäume, Insel Taschenbuch, 1984
Schütt / Schuck / Stimm Lexikon der Baum- und Straucharten, Nikol, 1992
Enrica Banfi / Naturführer, Bäume Franceasca Consolino Kaiser, 1998
Heinrich Marzell Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Parklandverlag, 2000
Mellie Uyldert Verborgene Kräfte der Pflanzen, Irisiana, 1993
Roger Kalbermatten Wesen und Signatur der Heilpflanzen, AT-Verlag, 2002
Roger Kalbermatten / Hildegard Kalbermatten, Pflanzliche Urtinkturen, AT- Verlag, 2005
Doris & Sven Richter Der Geist in den Bäumen spricht, Joy Edition, 1999
Bettina Hesse Liebeselixiere, Heel Verlag, 2002
Adamus Lonicerus Kreuterbuch (1679), Verlag Kölbl, 1962
Tabernaemontanus Neu vollkommen Kräuter- Buch (1588 / 1731, Verlag Kölbl, 1993
Hertzka / Strehlow Große Hildegard- Apotheke, Hermann Bauer, 1989
Kranzberger / Mair Pflanzenmonographien, Foitzick Verlag, 2000
Mannfried Pahlow Heilpflanzen, Gräfe und Unzer, 1993
William Boericke Homöopathische Mittel und ihre Wirkung, Materia medica und Repertorium
Verlag Grundlagen und Praxis, 1973, Edward Bach Gesammelte Werke, Aquamarin Verlag, 1987, Georg Friedrich Most Encyklopädie der Volksmedizin
Akademische Druck- und Verlagsanstalt Graz, 1984

Anschrift des Verfassers:
Peter Germann
Köln-Berliner-Str. 9
44287 Dortmund-Aplerbeck



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