FACHFORUM

Das irritative Schmerzsyndrom

Von Hans Hanisch

Die Überschrift ist zugegebenermaßen ein Plagiat aus “Läsionen peripherer Nerven und radikuläre Syndrome” (Mumenthaler/ Stöhr/Müller-Vahl, 8. Auflage, Thieme). Die ersten 7 Zeilen des dort beschriebenen Syndroms sind den Synonymen gewidmet. Von Hyperpathie über chirurgisches Schmerzsyndrom zur allbekannten Neuralgie gehen die Vorschläge für das meiner Erfahrung nach häufige Beschwerdebild. Es geht dabei um Schmerzen, die in Ruhe oder auslösbar im Innervierungsgebiet eines peripheren Nervs auftreten. Die Qualität des Schmerzes ist ziehend, brennend oder elektrisierend, in der Tiefe oder oberflächlich, aber für die Diagnose nicht entscheidend. Lähmungserscheinungen und/ oder Missempfindungen können zusätzlich auftreten. Die Beschränkung auf das Versorgungsgebiet eines Nervs scheint das einzige Kriterium zur Stellung der Diagnose zu sein.

Die Pathophysiologie ist in der Überschrift beschrieben (weshalb sie mir so sinnvoll erschien). Der Nerv wird irritiert und verursacht dadurch die Symptome. Als chirurgisch fassbare Ursache der Irritation wurden im oben genannten Buch Fibrose, Adhäsion oder Integumentstenose angege- ben. Mit diesen Ursachen wird das Syndrom “chirurgisch” genannt, weil hier eine Operation als mögliche Kausaltherapie angesehen wird.

Die Integumentstenose will ich hier näher betrachten. Es handelt sich um eine Minderung des Nervenquerschnitts durch Einflüsse aus der Umgebung. Ein Bandscheibenvorfall könnte nach allgemeiner Auffassung eine solche Stenose hervorrufen. Engpass-Syndrome stellen eine weitere Möglichkeit dar, einen Nerv einzuklemmen. Hier sei als Beispiel das Skalenuslücken-Syndrom erwähnt. Zwar wird hier ein ganzer Nervenplexus eingeklemmt, Funktion und Resultat sind aber gleich. Eine Haltung als Auslöser kann im Schulterbereich zu Problemen führen. Wird der Arm extrem abduziert (nach oben und hinten bewegt), klemmt der kleine Brustmuskel den Armplexus am Rabenschnabelfortsatz des Schulterblattes ein. Wird diese Haltung längere Zeit beibehalten, kommt es zur Störung der Sensibilität – die Hände “schlafen ein”. Auch äußere Einflüsse können Nerven irritieren. Als Beispiel sei die Rucksack-Lähmung angeführt. Belastung der Schulter durch Rucksackgurte, aber auch durch Balken usw. über einen längeren Zeitraum kann im Bereich des Armplexus zu neuronalen Symptomen bis zur Lähmung führen.

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Literatur
(1) M. Mumenthaler, M. Stöhr, H. Müller-Vahl: Läsionen peripherer Nerven und radikuläre Syndrome, 8. Auflage 2003, Georg Thieme Verlag
(2) W. Platzer (Hrsg.): Pernkopf Anatomie Atlas der topographischen und angewandten Anatomie des Menschen 3. Auflage 1994 Urban & Schwarzenberg
(3) L. J. Romrell, L. Lanier, H. Ross, G. V. Hagens: Der menschliche Körper, Schnittanatomie und Topographie, 2. Auflage 1996, Ullstein Mosby
(4) H. Feneis: Anatomisches Bildwörterbuch, 7. Auflage 1993, Thieme

Anschrift des Verfassers:
Hans Hanisch
Heilpraktiker
Wagenschwender Straße 15
74838 Limbach-Balsbach
E-Mail: HP.Hanisch@t-online.de



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