BERICHT

Vortrag vom Grandseigneur der biologischen Kinderheilkunde: Dr. Herrmann Stellmann

Zum 10ten Male fand die bei Kennern als „Geheimtip“ geltende vorweihnachtliche Matinee der Firma St. Johanser wieder in Wildbad Kreuth statt. Und wieder einmal ist es der Firma, die sich seit Jahrzehnten vor allem um die Matrix-Regulation und deren Erforschung kümmert, gelungen, eine absolute Rarität zu präsentieren: Der Pionier und Grandseigneur der ganzheitlichen Kinderheilkunde Dr. Herrmann Stellmann sprach aus seiner über 50jährigen, praktischen Erfahrung zum Thema „Was braucht das Menschenkind“ in unserer heutigen Zeit. Die Faszination, die Dr. Stellmann, der mit seinen achzig Jahren wie ein Endfünfziger wirkt, mit seiner imposanten Persönlichkeit und seinen Ausführungen erzeugte, war vor allem auch daran zu erkennen, daß man im Auditorium die berühmte „Stecknadel“ hätte fallen hören können. Deshalb soll dieser einzigartige und auch einmalige Vortrag an dieser Stelle einem noch größeren Publikum wiedergegeben werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

man fragt sich, warum überhaupt etwas über das Thema „Was braucht das Menschenkind“ gesagt werden muß. Denn das wissen wir doch alle, oder wir glauben zumindest es zu wissen. Jedoch wenn wir die heutige Situation betrachten, in der sich das Gesundheitswesen befindet, und feststellen, welche Probleme sich aufstauen, nicht nur finanzieller Art, sondern vor allen Dingen auch menschlicher Art, da hat man doch den Eindruck, daß hier bei den Kindern etwas Grundlegendes versäumt wurde oder anders gelaufen ist, als es hätte laufen können. Menschlicher Art insofern, als wir sie bei vielen Erwachsenen erleben, die jetzt in die 40er, 50er Jahre kommen, also als Kinder in eine Zeit hineinfielen, in der die künstliche Ernährung, die Impfaktivität en vogue war. Wir haben dieses Thema gewählt, damit wir daraus entstehenden psychosozialen Problemen eher vorbauen können, die heute so präsent sind. Das ist eigentlich das Wesentliche, ich möchte sagen, das wirklich Wesentliche, das wir als Ärzte, die mit Kindern zu tun haben, und als Eltern beachten müssen. Wir haben es doch gehört: Die Umwelt, die Luft, das Wasser, die Matrix wird verseucht. Aber nicht nur die Matrix wird verseucht, sondern auch die Seele wird verseucht. Und bei den Dingen, denen die Kinder jetzt ausgesetzt sind, wird die geistige Entwicklung nicht so unterstützt, wie man es sich eigentlich wünschen würde.

Professor Rimpler hat es uns eindringlich vorgehalten, daß wir den Boden bereiten müssen, um die Matrix zu erreichen. Dazu müssen wir aber bereits vorher dafür sorgen, daß die Matrix sich säubert. Ich möchte Ihnen erklären, wie wir vielleicht ein wenig für die Voraussetzungen sorgen können, daß sich der Mensch zunächst als Kind und dann als Erwachsener gesund entwickeln kann. Das ist ja unsere eigentliche Aufgabe als Therapeuten im Dienst am sich entwickelnden Menschen. Es ist doch nicht nur unsere Aufgabe, eine Grippe zu therapieren. Als Kinderarzt oder als Arzt für Naturheilwesen sind wir auch aufgerufen, das Kind so zu begleiten, daß es sich als Erwachsener der immer problematischer werdenden Situation stellen kann. Wir haben es also primär mit der Gesundheit zu tun. Wir müssen uns um die Gesundheit kümmern. Aber wie würden Sie Gesundheit definieren? Allgemein sagt man, Gesundheit sei körperliches, seelisches, geistiges Wohlbefinden. Das ist die allgemeine Auffassung von Gesundheit. Ich würde Gesundheit allerdings nicht einordnen als Polarität zu Krankheit, ich würde Gesundheit eher einordnen als einen zu regulierenden Zustand zwischen Krankheit und Heilung. Man sollte Gesundheit nicht auf die Abwesenheit von Krankheit reduzieren. Ein Beispiel: In Hamburg, glaube ich, wurde kürzlich an einem Theater ein Stück aufgeführt. Die Regisseurin der Aufführung ist an Lateralsklerose erkrankt, ist im gesamten Organismus gelähmt, wird künstlich beatmet, wird künstlich ernährt. Ein Reporter fragte sie nach der Premiere: „Warum machen Sie das eigentlich, bei dieser schweren Erkrankung, unter der Sie zu leiden haben?“ Sie konnte sich nur mit einem Blickcomputer verständigen, weil sie nichts bewegen und auch nicht sprechen konnte. Und sie gab sinngemäß zur Antwort: „Ich bin doch nicht krank, ich bin gesund, ich kann nur meine Glieder nicht bewegen.“

Damit will ich sagen, daß Gesundheit immer etwas ganz Individuelles ist. Wir fühlen uns heute gesund und morgen nicht, selbst wenn wir keine Krankheitserscheinungen haben. In gewissem Sinne ist deshalb gesund zu sein eine Eigenleistung. Und da es eine Eigenleistung ist, haben wir Ärzte als Begleiter dieser heranwachsenden Menschen und als Vermittler den Eltern gegenüber die Aufgabe, ihnen deutlich zu machen, was für unser Kind wichtig ist.

Was sind denn die Quellen dieser Salutogenese, wie man es heute nennt? Ein Begriff, der übrigens erst vor ungefähr zehn Jahren in Deutschland Eingang gefunden hat.

Die erste Quelle ist nun einmal die Vererbung. Wie die Schwangerschaft war und was vor der Schwangerschaft war, damit sind ja bereits wichtige Voraussetzungen gegeben. Wenn wir in der Zeit der Schwangerschaft die entstehenden Kinder begleiten, dann erleben wir nach einer gewissen Zeit bei den Säuglingen eine Konstitutionstendenz, die auf gewisse Vererbungsverschiedenheiten hindeutet und aus denen wir ablesen können, welche Krankheiten dieses Kind eventuell bekommen kann.

Ich möchte nur ein Schlagwort nennen: die Calcium-carbonicum-Kinder, die bekanntlich sehr viel schwitzen, zu Rachitis, zu Infekten und vor allen Dingen zu Otitiden neigen. Hier gibt es eine ganze Anzahl von verschiedenen Konstitutionsanomalien, die entsprechend mit homöopathischen Mitteln begleitet werden können und dadurch wesentliche Voraussetzungen für das ganze Leben eines Menschen schaffen. Ganz sicherlich ist es so, daß die Konstitutionserkennung nunmehr wesentlich schwieriger geworden ist. Als ich vor 45 Jahren die Praxis anfing, erschien im Monat zwei- oder dreimal ein Calcium-carbonicum-Patient. Der leuchtete einem schon entgegen mit seinem großen Kopf, mit seiner schwitzigen Haut, mit einer Muskulatur, bei der viel Masse, aber keine Kraft enthalten war. Heute sind die Calcium-carbonicum-Kinder seltener geworden. Heute sieht man viel mehr eine Silicea-Konstitution, das sind schmale, zarte Kinder mit einem schlechten Wärmehaushalt, Kälte der Füße, der Hände, aber mit einer blitzenden Wachheit in der Sensibilität und im Geist.

...



weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis 06/2005

Naturheilpraxis 06/2005