FACHFORUM

Allergien – oft fehlgedeutet

von Karl-Heinz Claus

Allergien, auch Nahrungsmittel-Allergien, sind keine Erfindung der Neuzeit und auch keine zivilisationsbedingten Krankheiten. Schon seit Menschengedenken sind derartige Fehlreaktionen des menschlichen Organismus nach Kontakt (Genuß) mit bestimmten Stoffen bekannt. Ursache sind also nicht unbedingt Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel unserer Zeit. Oftmals sind es sogar, nach wie vor, natürliche Bestandteile aus pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln, die für Allergien verantwortlich zu machen sind.

Es besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen der Häufigkeit vermeintlicher und tatsächlicher Nahrungsmittel-Unverträglichkeit. Umfangreiche Untersuchungen ergaben in England in 15000 Haushalten mit Personen, die angaben unter Nahrungsmittel-Unverträglichkeit zu leiden, nur bei 19,4% eine positive Reaktion.

In Deutschland leiden bis zu 5% der Bundesbürger an einer echten (d. h. immunologisch vermittelten) Lebensmittel-Allergie. Die auslösenden Stoffe (Allergene) sind überwiegend Eiweiße, die sich bei der Verarbeitung der Lebensmittel (Garen, Trocknen, Sterilisieren) verändern, wobei auch die allergenauslösenden Stoffe umgebildet werden.

In einigen Gemüsesorten und vor allem in Obst (z.B. in Äpfeln, Steinfrüchten, exotischen Früchten) sind Allergene enthalten, die stark hitzeempfindlich sind und somit durch Kochen inaktiviert werden können. Darauf kann man sich aber nicht verlassen, denn das trifft für viele Allergene nicht zu.

Für Allergiker sind rohe oder nicht verarbeitete Lebensmittel auch nicht besser geeignet als bearbeitete, bzw. gekochte. Auch die Auffassung, es sei besonders gesund, pflanzliche Nahrungsmittel möglichst in unerhitzter Form zu verzehren, trifft allgemein nicht zu, Rohkost kann sogar schlechter verträglich sein. Oftmals besteht auch gegen das Nahrungsmittel selbst gar keine Sensibilisierung, sondern nur gegen eine der Abbaustufen. Hin und wieder wirken auch nur bestimmte Nahrungsmittel-Kombinationen als Allergen, wodurch die Diagnostik erheblich erschwert wird.

Im Einzelfall kann jedes Nahrungsmittel und Genußmittel eine allergische Reaktion auslösen. Besonders relevant sind dabei Kuhmilch und Hühnerei, Fische, Schalentiere, seltener Krustentiere und Fleisch, oft aber auch Bohnen, Erbsen, Mohn, Sesam, Äpfel und speziell Sellerie. Oftmals liegt eine Sellerie- oder Gewürz-Allergie vor. (Achtung: Viele Würfel- oder Beutelsuppen bestehen zum großen Teil aus Sellerie.)

Bei den Gemüsen stehen ausgerechnet die Karotten als unverträglich obenan. Das ist besonders erstaunlich, da Babys als erste Breikost sehr oft Karotten bekommen, und das vielfach täglich. Diesbezüglich wirken auch Zucker und süße Speisen als Wegbereiter für allergische Reaktionen.

Selbst Vollkornprodukte können als patente Allergene in Frage kommen, weshalb Allergikern empfohlen wird, weiße Brötchen statt Brot aus vollem Korn in den Speiseplan aufzunehmen und auf das Frischkornmüsli zu verzichten, denn oftmals sind die sog. „Brotallergien“ nicht auf die Mehlbestandteile zurückzuführen, sondern auf die zugesetzten Mandeln und Walnüsse.

Allergische Reaktionen können auch auf die im Knoblauch enthaltenen schwefelhaltigen Aminosäuren zurückzuführen sein. Bei Gemüsehändlern, Köchen und Hausfrauen, Berufsgruppen mit häufigem und intensivem Kontakt zu Knoblauch, treten Kontaktekzeme besonders oft auf. Bei indischen Hausfrauen, die in verstärktem Maße mit Knoblauch, Zwiebeln, Tomaten und Karotten in Berührung kommen, kommt es vielfach zu Kontaktekzemen der Finger. Durch Knoblauch verursachte Ekzeme sind oft durch die charakteristische Lokalisation zu erkennen. Da Knoblauch mit den ersten drei Fingern der nicht dominanten Hand festgehalten wird, während der Daumen und Zeigefinger der anderen Hand das Messer zum Schneiden führen, betrifft das Knoblauchekzem typischerweise den Daumen, Mittel- und Zeigefinger der nicht dominanten Hand.

In letzter Zeit ist eine Zunahme der Gewürz-Allergien zu beobachten. Allergieauslösende Gewürze sind vor allem Anis, Koriander, Fenchel, Dill, Kümmel, Nelken, Pfeffer und Paprika. Die allergische Reaktion kann ausgelöst werden durch Kontakt beim Essen, durch Einatmen der Allergene, aber auch während der Verdauung auf dem Blutweg und kann durch äußere Einflüsse (Kälte, Wärme, Anstrengung, Streß, Alkohol oder Medikamente) verstärkt werden.

Nahrungsmittel-Allergien sind oftmals mit Pollenallergien gekoppelt. Patienten mit einer Sensibilisierung auf Birkenpollen reagieren häufig auch auf Äpfel und Pfirsiche, Haselnüsse und Mandeln allergisch. Dagegen weisen Patienten mit einer Überempfindlichkeit gegen Pollen der im Juli und August blühenden Pflanzen oftmals Allergien gegen Gemüse, Petersilie, Karotten und Gewürze auf. In bestimmten Fällen führt sogar Honig zu schmerzhaften Schleimhautreaktionen, weil die Bienen auch Blütenpollen eintragen, die sich mitunter mit dem Honig vermischen. Bei Nahrungsmittel-Allergie sollte deshalb auch stets nach Pollenallergie gefragt werden.

Die typischen Symptome einer Nahrungsmittel-Allergie – Quaddelbildung, Juckreiz, quälende Nesselsucht, pelziges Gefühl und Schwellung der Mund- und Rachenschleimhaut, Rötung, Jucken und Tränen der Augen – bleiben trotz medikamentöser Therapie oft bestehen, wenn (unerkannte) Nahrungsmittelallergene im Speiseplan weiterhin enthalten bleiben.

Da aber die ursächlichen Zusammenhänge nicht offen zutage treten und es kaum 100%ig verläßliche Methoden zur Erkennung von Nahrungsmittel-Allergien gibt, fristet die Diätbehandlung in der Praxis ein Schattendasein. Schließlich ist auch die Motivierung und sachkundige Beratung der Patienten bezüglich ihres Speiseplanes mühselig. Der allergiegeplagte Patient muß sich selbst genau beobachten und versuchen, die als Allergen wirkenden Bestandteile seiner Speisen herauszufinden, mit Hilfe einer Ausschlußdiät, einer Eliminationsdiät, schrittweisem Herantasten, Weglassen verdächtiger Nahrungsmittel, bis eine Besserung eintritt. Mit weniger allergieverdächtigen Nahrungsmitteln beginnen (Reis, Nudeln, Kartoffeln, Birnen). Am besten wird hierüber Buch geführt.

Wenn er meint, das ursächliche Nahrungsmittel entdeckt zu haben, werden nach und nach die zuvor weggelassenen Nahrungsmittel wieder in den Speiseplan aufgenommen, bis bei einem davon die Beschwerden wieder einsetzen.

Taubenzüchter-Allergie

Wichtige therapeutische Maßnahmen:

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Therapeutische Maßnahmen:

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Literatur
Bayerl, Dr. med. Christiane u. Dr. med. Marina Kurzen: Aktuelle Dermatologie 23 (1997)
Hollander, D. H.: Medical Hypotheses 45 (1995)
Petres, Prof. Dr. med. Johannes: Aktuelle Dermatologie 23 (1997)

Anschrift des Verfassers:
Karl-Heinz Claus
Kirchbachstr. 24
77815 Bühl



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