Enddarmerkrankungen und Prostata - Interview mit Dr. med. Ruckdeschel

Das Gespräch für die Naturheilpraxis führte Dr. med. Hellmuth Schuckall

„Herr Dr. Ruckdeschel, die Niedergelassenen haben es immer wieder mit Patienten zu tun, die von einer plötzlichen rektalen Blutung berichten. Muss man da – salopp gesprochen – sofort in helle Aufregung geraten? Was ist zu empfehlen, wenn so ein Befund auftaucht?

Dr. R.:
Die überwiegende Anzahl der analen bzw. rektalen Blutungen beruht auf harmlosen Hämorrhoiden. Allerdings gibt es einen Prozentsatz von 10-20% der Patienten, bei denen die Blutungen durch eine andere Ursache bedingt sind. Das können Entzündungen im Bereich des Enddarms sein, eine Proktitis oder Rektosigmoiditis, entweder auf Grund einer bakteriellen Infektion oder aber als Ausdruck einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn. Im schlimmsten Fall kann eine anale Blutung natürlich auch durch ein distales Kolonkarzinom bedingt sein.

Wenn solche diagnostischen Überlegungen angestellt werden, spielt wohl auch das Lebensalter des Betreffenden eine Rolle? Vor allen Dingen, wenn es um eine Einschätzung der Dignität geht?

Dr. R.:
Natürlich ist bei jüngeren Patienten – wir sprechen von einem Personenkreis unterhalb des 40. Lebensjahres – die Wahrscheinlichkeit höher, dass es sich um eine harmlose Ursache, sprich Hämorrhoidal-Blutung oder evtl. auch Blutung aus einer Analfissur handelt. Allerdings besteht immer, bei jeder Art der analen Blutung, eine Restunsicherheit, weil trotz der geringen statistischen Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer malignen Erkrankung im jüngeren Lebensalter diese nicht völlig auszuschließen ist. Und die Konsequenzen, die sich für den Patienten ergeben, wenn man einen derartigen Befund übersieht, sind erheblich und können letztlich lebensbedrohend sein.

Welches diagnostische Procedere würden Sie empfehlen? Was sollte man zunächst tun? Was ist dann im Weiteren sinnvollerweise erforderlich?

Dr. R.:
Bei jüngeren Patienten, – Alter unter 35-40 Jahren und erstmaligem Blutungsereignis, ist zunächst ein zuwartendes Verhalten gerechtfertigt. Man kann abwarten, ob es die erste und einzige Blutung bleibt. Eventuell wäre es sinnvoll, proktoskopisch zu überprüfen, ob blutende Hämorrhoiden vorhanden sind. Im Akutfall kann man mit Suppositorien versuchen, die Lage zu beruhigen. Bei persistierenden Blutungen wäre dann eine Sklerosierung der Hämorrhoiden angebracht. Bei länger persistierenden Blutungen, das heißt Blutungen über mehr als 3-4 Wochen Dauer, sollte man auf jeden Fall – auch bei jungen Patienten – koloskopisch eine höher gelegene Blutungsquelle ausschließen.

An was denken Sie, wenn Sie von höher gelegener Blutungsquelle sprechen?

Dr. R.:
Bei sichtbarem, hellen Blut im Stuhl muss man von einer Blutungsquelle ausgehen, die im linken Bereich des Dickdarms, also im Colon descendens, im Sigma, Rectum oder im Analbereich liegt. In seltenen Fällen kann auch eine Blutung im rechten Hemikolon zum Erscheinen von Blut im Stuhl führen. Dann muss allerdings die Blutung sehr stark sein. Überdies bestehen beim Patienten dann meist zusätzliche Symptome, wie Kreislaufreaktionen, Blutdruckabfall, Schwitzen, Schweißausbrüche und Schwindel.

Als höhergelegene Blutungsquelle kommen in Frage eine hochfloride Entzündung des Rectosigmoids, eine Blutung aus Sigmadivertikeln, aus distal gelegenen Kolonpolypen und im schlimmsten Fall eine Blutung aus einem Carcinom im linken Hemikolon.

...

Herr Dr. Ruckdeschel, ich danke für das Gespräch.

Gastroenterologische Schwerpunktpraxis
Dr. med. Peter Ruckdeschel
Dr. med. Konrad Göttsberger
Karlsplatz 10
80335 München



weiter ... (für Abonnenten der Naturheilpraxis)


Zum Inhaltsverzeichnis 05/2005

Naturheilpraxis 05/2005